Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
was ich will. Das solltest du unbedingt wissen, Kristy.”
So verworren diese Erklärung auch war, verstand Kristy dennoch, was er damit meinte. Sie empfand genauso. Sie wollte bleiben, sie wollte sich Dylan mit Haut und Haar hingeben, ganz egal, was der nächste Morgen bringen würde.
“Du … du rufst mich an, wenn Bonnie …”
Eine Stimme in Kristys Kopf unterbrach sie:
Wenn Bonnie dich braucht? Komm schon, Madison. Du bist nicht ihre Mutter, und daran wird sich auch nichts ändern.
“Ich werde anrufen”, versprach Dylan ihr. “Und jetzt fahr, Kristy. Ich will dich so sehr, dass ich es nicht viel länger aushalte.”
Von seinen Worten angespornt und von der Erkenntnis erfasst, dass sie sich tatsächlich auf sehr dünnem Eis bewegte, setzte sich Kristy in ihren Wagen. Als sie hinter dem Lenkrad saß, wurde ihr bewusst, wie
leer
dieser Blazer war. Auf der Rückbank gab es keinen Kindersitz, auf dem Boden lag kein Kinderspielzeug verstreut, kein Lernbecher im Ablagefach. Auch keine Einkaufszettel oder ungeöffnete Post. Nur ihre Handtasche.
Das war eindeutig der Wagen einer alleinstehenden Bibliothekarin.
Oh, wie sehr wünschte sie sich ein wunderbares Durcheinander in ihrem Wagen, das von einem geschäftigen, glücklichen Leben zeugte.
Dylan drückte die Fahrertür zu, ging einen Schritt nach hinten und winkte ihr zu, während sie den Motor anließ.
Es war nicht so, dass ihre Arbeit ihr keinen Spaß machte und dass sie ihr Haus nur als Dauerbaustelle empfand. Aber bis Dylan aufgetaucht war – und mit ihm Bonnie –, hatte Kristy sich einreden können, diese Dinge würden ihr genügen.
Jetzt dagegen wusste sie mit unumstößlicher Sicherheit, dass das nicht stimmte.
Sie wollte nicht nur Bibliothekarin sein, sondern auch Ehefrau und Mutter. Und sie wollte Sex in ihrem Leben haben, zum Teufel!
Als sie durch die warme Nacht fuhr, kurbelte sie das Fenster herunter.
Sie wollte noch nicht nach Hause zurückkehren, auch wenn sie wusste, dass Winston auf sie wartete. Also bog sie in die vertraute Richtung ab, als sie den windschiefen roten Briefkasten erreichte, auf dem der Name Madison fast völlig verblasst war. Sie holperte über die Zufahrt und hielt unwillkürlich den Atem an, als die Scheinwerfer das alte, seit langer Zeit leer stehende Haus erfassten, in dem sie aufgewachsen war.
Die Scheune war inzwischen in sich zusammengefallen, der Hof und die Blumenbeete – seinerzeit der ganze Stolz ihrer Mutter – waren hoffnungslos zugewuchert.
Der Verlust versetzte ihr einen so schmerzhaften Stich, als sei alles erst gestern geschehen.
Sie fuhr am Haus vorbei über das Feld bis zu der Baumgruppe, in deren Mitte Sugarfoot beerdigt lag. Und womöglich auch ein Mann, den ihr Vater ermordet haben könnte.
Eine flüchtige Erinnerung hielt sich beharrlich jenseits ihres Bewusstseins, versuchte aber, sich von dort zu befreien.
Hatte sie in jener Nacht irgendetwas gesehen oder gehört?
Bei dem Gedanken daran drehte sich ihr der Magen um, und sie musste mehrmals tief durchatmen, bis sich das unheilvolle Gefühl wieder gelegt hatte.
Sie stellte den Motor ab. Minutenlang saß sie mit geschlossenen Augen da, während sie sich mit aller Macht zu erinnern versuchte. Oder zu verdrängen versuchte, was sich in ihrem Gedächtnis regte.
Das alte Haus war klein gewesen. Wenn es zu einem Streit zwischen ihrem Vater und einem Feldarbeiter gekommen war, wieso hatte sie dann nichts davon mitbekommen? Und wieso hatte ihre Mutter davon nichts gewusst?
Nein, da kam keine Erinnerung zutage.
Sie stieg aus dem SUV aus und ging zu Sugarfoots Grab.
Es war ein Weg, den sie in den letzten Jahren zu jeder erdenklichen Tages- und Nachtzeit zurückgelegt hatte. Wenn sie dagegen bedachte, wie selten sie die Gräber ihrer Eltern besuchte … an ihren Geburtstagen natürlich, am Memorial Day im Mai und um Weihnachten herum.
Mit deren Tod hatte sie sich zumindest auf der bewussten Ebene abgefunden, und sie wusste, die Essenz von Tim und Louise Madison konnte nicht in einem Sarg eingefangen werden. Aber bei Sugarfoot war es etwas anderes – als wäre hier nicht nur ihr Pferd, sondern ihr Leben beerdigt worden. All ihre Träume und Hoffnungen, all ihr Glaube daran, dass die Dinge einen besseren Weg einschlagen konnten.
Wie sie feststellen musste, war Sheriff Book bereits hier gewesen. Das Grab selbst war wohl noch nicht angerührt, jedoch hatte man bereits Metallstangen in den Boden gesteckt und das Grab mit gelbem Flatterband
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