Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
von eurem bald dahingeschiedenen Vater zu lesen.”
Dylan schloss die Augen, während Logan weiterlas.
“Ich habe es versucht, aber ich bekam das Leben nie richtig in den Griff.”
Wieder machte Logan eine Pause, diesmal jedoch, weil er sich räuspern musste. “
Es war einfach zu schwierig. Darum werde ich heute so wie immer auf den Berg gehen und eine der Ketten manipulieren, mit denen die gefällten Stämme zusammengehalten werden …”
Der Rest war eine Entschuldigung.
Ausflüchte.
Als ob ihr alter Herr sich je darum gekümmert hätte, welche Folgen sein Handeln für andere haben mochte.
“Er hat Selbstmord begangen”, brachte Dylan heraus, als Logan den Brief zusammengefaltet und in seine Hemdtasche gesteckt hatte. “Der verdammte, egoistische Hurensohn
hat sich das Leben genommen
.”
Logan reagierte nicht darauf. Es war auch nicht nötig.
“Weiß Tyler davon?”, fragte Dylan.
“Ich habe es ihm gesagt”, antwortete Logan heiser.
“Wo ist er jetzt?” Den kleinen Bruder beschützen zu wollen, war eine von Dylans alten Angewohnheiten. Selbst wenn sie noch so zerstritten waren, stellte sich doch jeder von ihnen schützend vor die anderen.
“Ich weiß nicht”, erwiderte Logan müde. “Ich war bei Dads Grab. Ich hörte jemanden hinter mir, drehte mich um, und da stand Tyler. Er verpasste mir einen Haken und ich ging zu Boden.”
“Und dann hast du ihm von Dads Selbstmord erzählt? Warum, Logan? Um dich zu revanchieren, weil er dich geschlagen hat?”
“Traust du mir eigentlich nur Schlechtes zu, Dylan?”, gab er zurück. “Ich habe es ihm gesagt, weil ich wusste, er würde sich wieder aus dem Staub machen und dass ich dann vielleicht fünf Jahre warten müsste, bevor ich es ihm sagen kann.”
“Wenn du nach Dads Beerdigung nicht seine Gitarre zertrümmert hättest …”
Logan machte einen Moment lang die Augen zu. “Meinst du, das bereue ich nicht längst, Dylan? Ich war blau. Du warst blau. Zum Teufel, wir hatten alle viel zu viel getrunken, und Tyler spielte ständig dieses bescheuerte Stück, in dem er Dad zu einem gefallenen Helden erklärte …”
“Vielleicht
musste
er ja daran glauben, Logan. Ist dir jemals dieser Gedanke gekommen?”
Logan seufzte. “Zu dem Zeitpunkt nicht”, räumte er ein.
Dylan kochte noch immer vor Wut, doch der Grund für diese Wut war nicht Logan, sondern Jake. “Und ausgerechnet an Dads Grab musstest du ihm die Wahrheit an den Kopf werfen? Ich weiß, er musste es irgendwann erfahren. Aber hätten wir es ihm nicht gemeinsam beibringen können?”
“Ich war mir nicht sicher, ob wir die Gelegenheit dazu bekommen würden”, antwortete Logan. “Wie ich schon sagte: Er ist wieder verschwunden.”
Dylan sah über die Schulter ins Wohnzimmer, wo Bonnie noch immer schlafend auf dem Sofa lag. Vor Bonnie wäre er längst in seinen Truck gestiegen, um sich auf die Suche nach Tyler zu machen. Jetzt dagegen war er Vater. Bonnie war auf ihn angewiesen. Er konnte nicht einfach aufbrechen und sie allein lassen, so wichtig die Mission auch sein mochte.
“Du weißt doch”, sagte er eindringlich, “dass Tylers Mutter auch Selbstmord begangen und Tyler danach ein Jahr lang kein Wort geredet hat, oder?”
“Das habe ich nicht vergessen”, antwortete Logan und sah ebenso bestürzt aus, wie er sich anhörte.
“Shit!”, fluchte Dylan, dann schwiegen sie beide mindestens fünf Minuten lang.
Während dieser Zeit dachte Dylan über Tyler und Jake nach, ebenso über ihre gestörte Kindheit. Und er dachte an Bonnie. Wenn ihr erspart bleiben sollte, was er, Logan und Tyler durchgemacht hatten, dann musste er seine Verärgerung über Logans Verhalten herunterschlucken und ihn um Hilfe bitten.
Also berichtete er ihm in ruhigem Tonfall von Sharlene, von Bonnies Geburt, von der Nacht in Vegas, als er seine Tochter in seinem Truck vorfand. Die Worte strömten einfach aus ihm heraus. Er konnte nicht überspielen, wie verzweifelt er Bonnie behalten und großziehen wollte.
“Habe ich den Hauch einer Chance?”, fragte er, nachdem er Logan alles erzählt hatte.
“Eine ziemlich gute sogar”, bestätigte der. “Falls du noch den Notizzettel hast, auf dem Sharlene festgehalten hat, dass sie sich nicht länger um ihre Tochter kümmern kann.”
Dylan atmete auf und verspürte eine Erleichterung, die ihn fast schwindlig machte. “Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Sharlene mit Geld ruhig stellen kann”, sagte er mit gedämpfter Stimme, obwohl Bonnie
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