Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
dann zu Thea am zentralen Schreibtisch. Zum Glück war Thea gerade mit einem anderen Problem beschäftigt. Mit dem Gefühl, noch eine Gnadenfrist bekommen zu haben, wandte er sich wieder zu Laurie. »Ich werde nicht lange hier bleiben können, und es kann sein, dass ich nicht wieder in den Aufwachraum darf. Normalerweise wäre ich nicht so zurückhaltend, aber sie haben dich hier als Geisel. Ich habe Angst, dass sie es an dir auslassen, wenn ich über die Stränge schlage. Ich weiß, das hört sich lächerlich an, aber mir kommt es so vor, als würden die hier auch vor Sippenhaft nicht zurückschrecken.«
»Was hast du denn in den drei Stunden angestellt?«, fragte Laurie.
»Ich hatte tierischen Spaß«, antwortete er. »Ich …« Er wollte etwas Witziges sagen, aber ihm fiel nichts ein. Verärgert lachte er auf. »Ich glaub’s einfach nicht – mein Humor lässt mich im Stich.«
»Dir ist langweilig, und du bist erschöpft. Warum gehst du nicht nach Hause und schläfst ein bisschen?«
»Schlafen?«, fragte Jack nach. »Keine Chance. Ich habe im Aufenthaltsraum mehrere Tassen Kaffee getrunken. Ich werde vor Dienstag nicht einschlafen können.«
»Du kannst doch nicht hier einfach im Krankenhaus rumsitzen«, gab Laurie zu bedenken. »Wenn du wirklich denkst, du könntest nicht schlafen, warum gehst du dann nicht in mein Büro? Wenn du schon wach bist, könntest du die Zeit auch nutzen.«
»Weißt du was? Genau das mache ich.« Jack hatte sich überlegt, dass er das gesamte Material in den Aufenthaltsraum der OP-Station mitnehmen könnte. Schließlich arbeitete gerade die Nachtschicht. Es könnte ein guter Zeitvertreib sein, mit ein paar Leuten auf Rogers Liste zu reden. Aber als ihm einfiel, welches Schicksal Roger ereilt hatte, sank seine Begeisterung.
»Tut mir Leid, wenn ich unterbrechen muss«, sagte Thea, die am Fußende des Bettes erschienen war. »Sie müssen Schluss machen. Es kommen gleich eine Menge Fälle rein.«
»Nur noch einen ganz kurzen Moment«, bat Jack. Thea nickte und zog sich auf ihren Kommandoposten zurück.
»Hör mal«, flüsterte Jack in Lauries Ohr. »Bevor ich gehe, möchte ich absolut sicher sein, dass du dich hier wohl fühlst. Sei ehrlich! Sonst werde ich mich draußen vor die Tür setzen und nicht mehr vom Fleck rühren.«
»Ich fühle mich absolut wohl. Du solltest ein bisschen schlafen.«
»Ich habe doch gesagt, dass ich nicht schlafen werde! Ich bin völlig aufgedreht. Ich könnte einen Triathlon machen.«
»Ja, schon gut! Beruhige dich wieder. Dann geh in mein Büro und beschäftige dich wenigstens. Und bring alles her.«
»Du bist sicher, dass es dir gut geht?«
»Absolut sicher.«
»Na gut.« Jack küsste Laurie auf die Stirn, bevor er sich aufrichtete. »Du kannst für uns beide schlafen. Ich komme in ein paar Stunden zurück und versuche, wieder reinzukommen, wenn mich diese Brünhilde lässt.« Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter.
»Mach dir keine Sorgen«, meinte Laurie.
Jack drückte Lauries Hand ein letztes Mal, bevor er zum Schreibtisch ging und seinen Namen und seine Mobilnummer aufschrieb, während Thea im Stehen telefonierte.
»Danke nochmals, dass ich hier rein durfte«, sagte Jack, als sie auflegte und ihn anblickte.
»Nicht der Rede wert.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und blickte Jack über die Schulter. »Genau der ist es, Claire. Das ist der Schlauch, den ich gemeint habe. Ich glaube, dass er nicht richtig läuft.« Sie sah wieder zu Jack. »Entschuldigung. Machen Sie sich um Ihre Frau keine Sorgen. Wir passen gut auf sie auf.«
»Ich habe Ihnen meine Mobilnummer aufgeschrieben«, sagte Jack und reichte Thea den Zettel. »Wenn sich an ihrem Zustand in irgendeiner Weise was ändert, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir Bescheid geben würden.«
»Wir werden unser Bestes tun«, erwiderte Thea, sah sich die Nummer an und warf den Zettel vor sich auf den Schreibtisch. Bevor sie sich einer der Schwestern zuwandte, die mit einer Frage zu ihr kam, warf sie Jack ein kurzes Lächeln zu und hob die Hand zum Abschied.
Jack drehte sich ein letztes Mal zu Laurie, dann verließ er den Aufwachraum. Im Aufenthaltsraum sah er andere Gesichter als vorher, aber die Szene war die gleiche geblieben. Von dort ging er in den Umkleideraum, wo er sich rasch umzog.
Im Haupteingangsbereich herrschte, anders als tagsüber, eine unheimliche Ruhe. Vor dem Eingang warteten zum Glück einige Taxis, denn es hatte, wie angekündigt, angefangen zu
Weitere Kostenlose Bücher