Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
schon von alleine für Sicherheit.
»Ich muss meine Visite machen«, verabschiedete sich Caitlin. »Dann lasse ich Sie mal auf Ihrem Wachposten alleine.«
»Danke für alles, was Sie getan haben«, sagte Jack so ehrlich, wie er konnte. »Sie waren großartig.«
»Ihr Tipp mit dem Kalium war der Schlüssel«, räumte Caitlin ein. »Vielleicht sollten Sie mal darüber nachdenken, als Kardiologe zu uns zu kommen. Wir wären ein gutes Team.«
Jack lachte. Ob diese junge Frau mit ihm flirtete? Doch dann musste er über seine Eitelkeit lachen, die ihn dazu verleitete, wieder wettmachen zu wollen, dass er sich so alt neben ihr vorkam. Er winkte, als sie das Wartezimmer verließ.
Jack setzte sich wieder aufs Sofa. Jetzt, nachdem er einen Adrenalinstoß bekommen hatte, als Caitlin ihn geweckt hatte, würde er nicht mehr einschlafen. Stattdessen überlegte er, welchen Sinn es für jemanden haben konnte, Patienten zu töten, die positive Marker für Genmutationen aufwiesen. Es war klar, dass hinter einem solch unerhörten Verbrechen nicht einfach nur jemand mit einer gestörten antisozialen Persönlichkeit steckte, obwohl die Person, die tatsächlich das Kalium injizierte, in diese Sparte fallen musste. Intuitiv war Jack klar, dass es um eine umfangreiche Verschwörung gehen musste, an der ein paar höhere Tiere in der AmeriCare-Organisation beteiligt waren. Für ihn war es ein furchtbares Beispiel dafür, wie die Welt der Medizin verzerrt wurde, wenn es nur noch um Geschäftsinteressen und Vormachtsstellungen ging. Jack war sich sehr sicher, dass sich in den oberen Etagen all dieser riesigen, mit Tentakeln um sich greifenden Pflege- und Krankenhausmanagementbetriebe Menschen versteckten, die nur noch Bilanzergebnisse und Aktienkurse im Auge hatten. Die Verwaltungen dieser Betriebe hatten nichts mehr mit der Berufsehre und dem vordergründigen Auftrag zu tun und waren oft auch geographisch von den Orten des Geschehens weit entfernt.
Laute Stimmen auf dem Flur rissen Jack aus seinen Gedanken. Eine Gruppe von Pflegekräften war eingetroffen, die über die beiden Polizisten kicherten, als sie ihre Ausweise vorzeigen mussten, bevor sie die kardiologische Abteilung betreten durften. Jack überlegte, ob sie immer noch so lachen und schwatzen würden, wenn sie wüssten, was sich in ihrem Krankenhaus hinter den Kulissen ereignete. Mehr noch als die Ärzte standen die Schwestern und Pfleger in den Schützengräben und mussten sich im Nahkampf tagein, tagaus mit Krankheiten und Gebrechen auseinander setzen. Jack war sich sicher, dass sie empört wären, wenn sie hörten, dass jemand aus ihren Reihen eines solchen Verrats verdächtigt wurde.
Diese Gedanken brachten ihn wieder auf Jasmine Rakoczi. Wenn sie die Übeltäterin war, was er durchaus für möglich hielt, musste sie extrem antisozial veranlagt sein. Jack wünschte sich, dass er Unrecht hatte. Wie konnte ein solcher Mensch als Krankenschwester arbeiten? Es schien ein Widerspruch in sich zu sein. Und wie konnte sie dann in einem angesehenen Krankenhaus eine Stelle bekommen haben? Es ergab keinen Sinn, besonders nicht, wenn irgendein Erbsenzähler, der tief in der Organisationsstruktur von AmeriCare verwurzelt war, ihr sagen musste, wen sie mit Kalium voll pumpen sollte.
Die Tür zur Kardiologie wurde aufgestoßen; diesmal kam eine Anzahl Schwestern und Pfleger heraus, ebenso überrascht und neugierig wegen der beiden Uniformierten. Diese waren höflich und zurückhaltend, und innerhalb weniger Minuten waren die Stimmen auf dem Flur verhallt.
Jacks Blick wanderte zur Wanduhr hinauf. Es war kurz nach sieben. Und plötzlich dämmerte es in seinem müden Hirn, warum die eine Gruppe von Schwestern und Pfleger in die kardiologische Abteilung hineingegangen und die andere herausgekommen war. Es war Schichtwechsel. Die Tagesschicht übernahm die Patienten von der Nachtschicht.
Jack sprang vom Sofa auf. Ihm war gar nicht in den Sinn gekommen, dass Jasmine Rakoczi Feierabend haben könnte, bevor Lou da sein würde. Wenn sie die Täterin war und befürchtete, dass Jack es wusste, könnte sie sich aus dem Staub machen. Jack sagte den Polizisten, dass er in den fünften Stock hinaufgehe, und falls in der Zwischenzeit Detective Lieutenant Soldano käme, sollten sie ihm Bescheid geben.
Dann eilte Jack zu den Fahrstühlen. Hier hatte nach der ruhigen Nachtschicht die Betriebsamkeit begonnen, die tagsüber hier herrschte. Mindestens ein Dutzend Personen warteten auf einen Fahrstuhl,
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