Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
hilfreiche kostenlose Beratung.« Laurie konnte sich ihren Sarkasmus nicht verkneifen. Sie zwang sich zu lächeln, bevor sie zurück ins Zimmer ging und sich neben das Bett setzte.
»Hat er dich verärgert, meine Liebe?«, wollte ihre Mutter wissen, sobald sie Laurie erblickte. »Du bist ja knallrot im Gesicht.«
Laurie war noch nicht in der Lage zu antworten und presste die Lippen aufeinander, um das Zittern ihres Unterkiefers zu unterdrücken. Sie befürchtete, die Kontrolle über sich zu verlieren, eine Schwäche, unter der sie besonders in der Gegenwart ihres gefühllosen Vaters immer gelitten hatte.
»Sheldon!«, rief Lauries Mutter, als er sich wieder neben das Fenster setzte. »Was hast du zu Laurie gesagt? Du solltest doch darauf achten, dass sie sich meinetwegen keine Sorgen macht.«
»Ich habe nicht über dich geredet«, klärte er sie auf, als er zur New York Times griff. »Ich habe über sie geredet.«
Jack legte seinen Stift nieder und drehte sich zu Chet McGovern, der mit dem Rücken zu ihm am Schreibtisch saß. Chet war ebenfalls Gerichtsmediziner und teilte mit Jack das Büro. Obwohl er fünf Jahre jünger als Jack war, hatten sie fast gleichzeitig im Institut angefangen. Die beiden kamen blendend miteinander zurecht, und Jack wusste Chets Gesellschaft sehr zu schätzen, aber er fand es trotzdem kleinlich, dass die Stadt nicht jedem von ihnen ein eigenes Büro zur Verfügung stellte. Das Problem war das ständig knappe Budget, sodass das Institut nie auf den neusten Stand gebracht werden konnte. Es war ein leichtes Opfer für Politiker in einer bankrotten Stadt. Das Gebäude hatte, als das Institut vor fast einem halben Jahrhundert gegründet worden war, völlig ausgereicht, doch jetzt war es ein Dinosaurier und platzte aus allen Nähten. Jack wusste, dass Dinosaurier etwa einhundertsechzig Millionen Jahre auf der Erde gelebt hatten, und er hoffte, dass es das Institut in seiner jetzigen Form nicht ganz so lange schaffen würde.
»Ich kann’s gar nicht glauben«, rief Jack. »Ich bin fertig. Ich war doch noch nie fertig.«
Chet drehte sich um. Das blonde Haar über seinem jungenhaften Gesicht war um einiges länger als das von Jack, aber genauso zerzaust. Wie Jack wirkte auch er athletisch, was aber bei ihm von seinen täglichen Besuchen im Fitnessstudio, nicht vom Training auf dem Basketballfeld herrührte. Er war Mitte vierzig, sah aber bedeutend jünger aus.
»Was meinst du mit ›Ich bin fertig‹? Womit bist du fertig?«
Jack verschränkte die Finger und hob die Arme hinter den Kopf. »Mit allen meinen Fällen. Ich habe alles aufgeholt.«
»Was machen dann all die Ordner in deinem Eingangsfach?« Chet deutete mit dem Zeigefinger auf einen ansehnlichen Stapel, der schon umzukippen drohte.
»Das sind die Fälle, bei denen ich noch auf das Material aus den Labors warten muss.«
»Was für eine Leistung!«, höhnte Chet lachend, bevor er sich wieder seiner Arbeit widmete.
»Hey, für mich ist das tatsächlich eine große Leistung«, wehrte sich Jack, stand auf und berührte mit den Handflächen den Boden. Nach der ungewohnten morgendlichen Fahrradfahrt zur Arbeit hatte er das Gefühl, dass seine Achillessehne ziemlich verkürzt war. Nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, blickte er auf seine Uhr. »Menschenskind! Es ist erst halb vier. Hören denn die Wunder nie auf? Ich könnte es schon zur ersten Runde auf den Platz schaffen.«
»Wenn es trocken ist«, meinte Chet, ohne aufzublicken. »Warum kommst du nicht mit in den L. A. Sports Club? Der Platz dort ist trocken. Und wenn du dir was Gutes tun willst, gehst du mit mir in den Body-Sculpting-Kurs. Ich war letzten Freitag dort, und ich kann dir sagen, die Mädels – unglaublich. Eine von denen sah vielleicht scharf aus! Sie hatte einen einteiligen, hautengen schwarzen Turnanzug an, bei dem nichts mehr deiner Fantasie überlassen blieb.«
»Mädels schöne Augen machen!«, spottete Jack. »Eines Tages wirst du aufwachen, auf diese schwierigen Jahre der Pubertät zurückblicken und über dich lachen.«
»Ich werde erst aufhören, Frauen hinterher zu gucken, wenn ich unten in einer dieser Holzkisten liege.«
»Ich habe noch nie viel für Zuschauersport übrig gehabt«, witzelte Jack. »Das überlasse ich euch Nieten.«
Er schnappte sich seine Jacke von der Stuhllehne und verließ pfeifend das Büro. Es war ein interessanter und anregender Tag gewesen. Als er an Lauries Büro vorbeikam, steckte er den Kopf durch die Tür und
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