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Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels

Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels

Titel: Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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emotionalen Distanz abgefunden hatte. Als sie selbst schließlich reifer geworden war, hatte sie gemerkt, dass es sein Problem war, nicht ihres. Aber sie spürte auch keine Liebe für ihn. Ihr Verhältnis zu ihm war wie das zum Vater eines anderen Menschen.
    »Danke, dass du so schnell hergekommen bist«, begann Sheldon.
    »Da gibt’s nichts zu danken. Das war doch selbstverständlich.«
    »Ich hatte Angst, dass du dich ärgerst, wenn die Nachricht dich wie ein Blitz aus heiterem Himmel trifft. Aber deine Mutter hat darauf bestanden, dass du über ihren Zustand nicht informiert wirst.«
    »Das habe ich schon aus dem rausgehört, was du am Telefon gesagt hast«, beruhigte ihn Laurie. Sie war in Versuchung, ihm zu sagen, wie lächerlich sie es fand, so etwas vor ihr geheim zu halten, aber sie schwieg. Ihre Eltern würden sich sowieso nicht mehr ändern.
    »Sie wollte nicht einmal, dass ich dich heute anrufe. Sie wollte warten, bis sie morgen oder übermorgen wieder zu Hause ist, aber ich habe darauf bestanden. Ich habe ihren Wunsch bis heute respektiert, aber ich habe mich nicht mehr wohl gefühlt dabei, die Angelegenheit noch länger hinauszuzögern.«
    »Was hinauszuzögern? Wovon redest du eigentlich?« Lauries Vater blickte den Flur auf und ab, als machte er sich Sorgen, jemand könne lauschen.
    »Es tut mir Leid, dass ich das sagen muss, aber bei deiner Mutter liegt eine spezifische Mutation des BRCA1-Gens vor.«
    Laurie spürte, wie ihr die Hitze in den Kopf stieg. Die meisten Menschen wurden normalerweise blass, wenn sie unangenehme Nachrichten erfuhren, aber bei ihr war es genau andersherum. Als Ärztin wusste sie über das BRCA1-Gen Bescheid, das seit den Neunzigerjahren mit Brustkrebs in Verbindung gebracht wurde. Spätere Arbeiten hatten deutliche Hinweise ergeben, dass das normale Gen in gewisser Hinsicht die Rolle eines Tumorhemmers übernahm, im Falle einer Mutation allerdings das Gegenteil tat. Am beunruhigendsten war, dass die Mutation als dominantes Merkmal mit hoher Wahrscheinlichkeit vererbt wurde, was hieß, dass eine fünfzigprozentige Chance bestand, dass Laurie denselben Genotyp in sich trug!
    »Es ist wichtig für dich, das zu wissen. Die Gründe sind klar«, fuhr ihr Vater fort. »Wenn ich gedacht hätte, dass die dreiwöchige Verzögerung irgendeinen Einfluss auf dich gehabt hätte, hätte ich es dir sofort gesagt. Jetzt, da du das weißt, muss ich dir aber als Mediziner raten, dich testen zu lassen. Aufgrund dieser Mutation steigt die Wahrscheinlichkeit, dass du ebenfalls weit vor deinem achtzigsten Geburtstag Brustkrebs bekommen wirst, stark an.« Lauries Vater machte eine Pause und blickte wieder den Flur auf und ab. Er schien sich nicht wohl damit zu fühlen, dass er Laurie in aller Öffentlichkeit Familiengeheimnisse offenbarte.
    Laurie berührte mit dem Handrücken ihre Wange. Wie sie befürchtet hatte, war ihre Haut heiß. Da ihr Vater wie üblich keinerlei Gefühle zeigte, war es ihr umso unangenehmer, dass sie sich nicht unter Kontrolle hatte.
    »Natürlich liegt die Entscheidung bei dir«, fuhr er fort. »Aber ich möchte dich daran erinnern, dass du, solltest du positiv getestet werden, einiges tun kannst, um das Krebsrisiko um neunzig Prozent zu verringern, zum Beispiel durch eine beidseitige Brustamputation. Zum Glück sind die Folgen einer BRCA1-Mutation nicht die gleichen wie die bei Chorea Huntington, also dem Veitstanz, oder bei einer anderen unheilbaren Krankheit.«
    Obwohl Laurie verlegen war, blickte sie ihrem Vater in die dunklen Augen und schüttelte unbewusst den Kopf. Das Verhältnis zu ihrem Vater war zwar besonders seit dem Tod ihres Bruders angespannt, und er verhielt sich auch nicht gerade wie ein Vater, aber trotzdem konnte sie nicht glauben, dass er ihr die Nachricht so völlig gefühllos mitteilte. In der Vergangenheit hatte sie seine allgemeine Gleichgültigkeit auf das Bedürfnis zurückgeführt, sich gegen den Stress zu schützen, der daher rührte, dass er tagtäglich im wahrsten Sinne des Wortes das schlagende Herz und damit das Leben eines Patienten in Händen hielt. Nachdem sie das erste Jahr als Assistenzärztin im OP verbracht hatte, wusste sie, wie stark die Belastung war. Sie wusste auch, dass seine Patienten scheinbar ganz dankbar für seine Distanz waren, die sie eher als verstärkte Vertrauenswürdigkeit statt als Ausdruck narzisstischer Persönlichkeitsstruktur deuteten. Aber Laurie war dieses Verhalten zuwider.
    »Danke für diese äußerst

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