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Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels

Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels

Titel: Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Perlenkette um den Hals, über dem Pullover einen weißen Kittel. Unter dem linken Arm hielt sie ein Klemmbrett, die rechte Hand streckte sie in Lauries Richtung aus. »Ich bin Anne Dickson.«
    Laurie stand auf, schüttelte der Frau die Hand und folgte ihr durch eine Seitentür einen kurzen Flur entlang. Von dort aus betraten sie ein kleines, fensterloses Büro mit einem Sofa, zwei Sesseln, einem Beistelltisch und einem Aktenschrank. In der Mitte des Tisches stand eine Schachtel Papiertaschentücher.
    Anne bedeutete Laurie, sich aufs Sofa zu setzen. Als sie die Tür geschlossen hatte, setzte sie sich Laurie gegenüber, die Schachtel mit den Taschentüchern in Reichweite zwischen ihnen. Anne blickte einen Moment auf ihr Klemmbrett und hob schließlich den Kopf. Auf Laurie wirkte sie eher wie eine Studentin, die ein Praktikum absolvierte, als jemand, der mindestens einen Master-Abschluss und vielleicht noch eine Zusatzausbildung in Genetik absolviert hatte. Ständig musste sie ihr glattes, halblanges, braunes und in der Mitte gescheiteltes Haar hinters Ohr schieben. Lippenstift und Nagellack waren in düsterem Rotbraun gehalten.
    »Ich bin sehr froh, dass Sie so kurzfristig kommen konnten«, begann Anne. Sie hatte eine weiche, leicht näselnde Stimme. Laurie lächelte, wurde aber immer ungeduldiger.
    »Ich wollte Ihnen ein paar Hintergrundinformationen darüber geben, was wir hier in der genetischen Diagnose tun«, fuhr Anne fort. Sie legte die Beine übereinander und darauf das Klemmbrett. An der Innenseite des Beines, auf der Höhe des Fußknöchels, kam die Tätowierung einer kleinen Schlange zum Vorschein. »Ich wollte Ihnen auch erklären, warum Sie mit mir statt mit einem unserer Ärzte reden. Der Grund ist schlicht die Zeit: Ich habe viel davon, die Ärzte nur wenig. Das heißt, dass ich hier so lange mit Ihnen sitzen kann, bis ich alle Ihre Fragen beantwortet habe. Und wenn ich eine nicht beantworten kann, kann ich mich sofort an jemanden wenden, der mir hilft.«
    Laurie sagte nichts und ließ auch ihrem Gesicht nichts anmerken, als sie Anne im Stillen befahl, mit dem Schwachsinn aufzuhören und ihr einfach die Testergebnisse mitzuteilen. Sie lehnte sich abrupt zurück, verschränkte die Arme und versuchte, nicht zu vergessen, dass nicht der Überbringer einer schlechten Nachricht die Schuld an der Misere trug. Dennoch nahm ihr Ärger über Anne und die Situation stetig zu. Besonders die Schachtel mit den Papiertaschentüchern fand sie herablassend, als ob man erwartete, dass Laurie in Tränen ausbrechen würde, auch wenn dies sehr gut der Fall sein könnte, wie sie aus Erfahrung wusste.
    »Also«, sagte Anne, nachdem sie wieder auf ihr Klemmbrett geblickt hatte, als hielte sie einen vorbereiteten Vortrag. »Es ist wichtig, dass Sie etwas über die Wissenschaft der Genetik erfahren und darüber, wie sich dieser Bereich mit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms, also der 3,2 Milliarden nukleotiden Basenpaare, grundlegend geändert hat. Sie können mich jederzeit unterbrechen, wenn Sie etwas nicht verstehen.«
    Laurie nickte ungeduldig und fragte sich, wie gut sich Anne mit nukleotiden Basenpaaren auskannte, auch wenn sie so locker mit dem Begriff umging. Nukleotide Basenpaare sind die Grundbausteine des DNS-Moleküls und verantwortlich für dessen Leiterstruktur, und ihre lineare Anordnung sorgt für die Weitergabe der genetischen Informationen.
    Anne fuhr mit der Erklärung der Mendel’schen Gesetze und der dominanten und rezessiven Erbmerkmale fort, die dieser Mönch im neunzehnten Jahrhundert bei seinen Kreuzungsversuchen mit Erbsen entdeckt hatte. Laurie konnte nicht glauben, was man ihr da zumutete, doch sie unterbrach Anne nicht und wies sie auch nicht darauf hin, dass sie es mit einer Ärztin zu tun hatte, die sich während ihres Studiums ausgiebig mit den Mendel’schen Gesetzen beschäftigt hatte. Laurie ließ die Frau weiterschwafeln über Gene und wie sich bestimmte Merkmale miteinander zu spezifischen Haplotypen verbanden, die über Generationen vererbt wurden.
    Eine Zeit lang hörte Laurie gar nicht mehr zu, sondern konzentrierte sich auf Annes Ticks – sie strich sich nicht nur ständig die Haare aus dem Gesicht und steckte sie hinter ihr Ohr, bei ihr machte sich auch immer, wenn sie etwas besonders hervorhob, ein krampfhafter Augenlidschluss bemerkbar. Doch Lauries Aufmerksamkeit wurde wieder geweckt, als Anne über Einzel-Nukleotid-Polymorphismus redete, für den sie bald nur noch die

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