Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
die Panik. Amy war nirgendwo zu sehen. Verwirrt rannte er zum Heck des Busses. Gott sei Dank, da war sie und ging auf der anderen Straßenseite in Richtung Süden. Er befand sich in einer belebten Einkaufsgegend mit verschiedenen, hell erleuchteten Geschäften und vielen Menschen, die alle in unterschiedliche Richtungen unterwegs waren. Franco hastete über die Straße und verringerte schnell den Abstand zu der arglosen Amy. Nach der schweißgetränkten Wärme im Bus kam es ihm jetzt außerordentlich kalt vor, sodass er die Jackettaufschläge hochschlagen musste.
»Ms Amy Lucas«, rief Franco, als er nur noch wenige Schritte hinter der jungen Frau war. Er schätzte, dass genau die richtige Anzahl Passanten unterwegs waren, damit sie sich nicht bedroht fühlen musste.
Amy blieb stehen und blickte zu Franco hinauf. Unsicher machte sie einen Schritt zurück, als Franco sich ihr auf Armlänge genähert hatte.
»Bitte verzeihen Sie, dass ich Sie belästigen muss, Madam«, sagte Franco. Diesen Satz hatte er aus einer sehr alten Fernsehserie, die er früher oft mit großem Vergnügen gesehen hatte. »Aber ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen.«
»Was für Fragen denn?«, wollte Amy wissen. Sie blickte nervös nach links und rechts.
»Über Ihren Chef, Paul Yang.«
Amys Gesichtsausdruck wechselte in Sekundenbruchteilen von wachsam zu ängstlich. »Geht es ihm gut? Wo ist er denn?«
»Er befindet sich in Polizeigewahrsam, Madam. Er wollte, dass wir Kontakt zu Ihnen aufnehmen.«
Jetzt machte Amy keine ängstliche Miene mehr, sondern eine besorgte. »Wieso ist er denn im Gefängnis, und wieso wollte er, dass Sie zu mir kommen? Ich weiß doch gar nichts.«
»Bitte entschuldigen Sie, Madam«, sagte Franco nun leise und in autoritärem Tonfall. »Aber ich glaube, Sie wissen sehr wohl etwas. Es geht hier um eine sehr ernste Angelegenheit, nämlich um das sogenannte Acht-K-Formular, von dem Sie, wie man mich glauben gemacht hat, eine Kopie besitzen, die Sie entweder mit sich führen oder aber zu Hause oder an Ihrem Arbeitsplatz aufbewahren.«
Amys Gesichtsausdruck erinnerte nun sehr stark an ein verängstigtes Kaninchen, doch sie rannte, sehr zu ihrem Nachteil, nicht weg.
»Ich bin Ermittler der Börsenaufsicht, von daher nehme ich an, Sie wissen, worüber wir miteinander reden müssen.«
»Ich denke schon«, sagte sie ohne jeden Überschwang.
»Es ist ziemlich kalt hier. Vielleicht gibt es ja irgendwo einen Ort, an dem wir uns unterhalten können, ohne dass Sie sich irgendwie unwohl fühlen müssen.«
Amy blickte sich um.
»Wie wäre es denn mit einer Bar? Dort kann man ungestörter miteinander reden als anderswo. Wir hoffen sehr, dass Sie nicht in diese bedauerliche Strafsache hineingezogen werden.«
»Da drüben ist das Pete’s«, sagte Amy und deutete auf die andere Straßenseite.
»Sind Sie dort öfter?«, wollte Franco wissen. Der Laden sah ganz nach der sprichwörtlichen Eckkneipe aus, das war genau das, was er suchte, außer sie war dort persönlich bekannt.
»Da bin ich noch nie gewesen. Angeblich sollen da ziemlich raue Sitten herrschen.«
»Ich glaube, das wäre genau das Richtige. Wenn Sie erlauben, dann rufe ich kurz meinen Kollegen an, Sonderermittler Facciolo.«
Franco holte sein Handy hervor und rief Angelo an. »Herr Kollege Facciolo«, sagte er dann und musste sich das Lachen verkneifen. »Ich habe soeben mit der Zeugin gesprochen. Sie ist bereit, mit uns zusammenzuarbeiten. Wir setzen uns in eine Bar, um uns zu unterhalten. Sie heißt Pete’s und liegt in der Broad Avenue in Palisades Park. Die nächste Querstraße heißt …« Franco nahm das Telefon vom Ohr und erkundigte sich bei Amy nach dem Namen der nächstgelegenen Querstraße.
Amy deutet einen Straßenzug weiter. »Sehen Sie diese Fahrbahnbegrenzungen aus Beton da drüben? Das ist die Route 46.«
Franco gab diese Information an Angelo weiter und legte dann auf. Er deutete auf die Kneipe, und dann überquerten sie im Laufschritt die Straße.
Aus Francos Sicht war die Kneipe trotz des abgestandenen Biergestanks ein optimaler Treffpunkt. Die Beleuchtung war schwach, ganz im Gegensatz zur Beschallung, die hauptsächlich aus lauter Rap-Musik bestand. Es war nicht besonders voll – an der Theke saßen fünf Leute vor ihren Getränken, und im Nebenzimmer waren ungefähr ein Dutzend mit Billardspielen beschäftigt. Rechts befanden sich ein paar leere Sitznischen aus Holz. Franco lenkte Amy in eine der Nischen und achtete darauf, sie
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