Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
Gesellschaft leisten könnten?«
»Du mich auch«, sagte Franco und klappte das Handy zu. Es nervte ihn, wenn Angelo ihn wegen Maria auf den Arm nahm, seiner einzigen großen Liebe, die in ihrem letzten Highschooljahr von einer rivalisierenden Bande erschossen worden war.
Zumindest setzte sich die Schlange jetzt endlich in Bewegung. Dass er das falsche Ticket hatte, bereitete Franco weniger Sorgen, als wenn er gar keins gehabt hätte, und er sollte recht behalten. Gelangweilt nahm der Fahrer, der schon einen langen Arbeitstag hinter sich hatte, den Fahrschein entgegen, ohne einen Blick darauf zu werfen, genau wie bei den anderen Fahrgästen auch. Franco schob sich den Mittelgang entlang. Fast auf Anhieb entdeckte er Amy. Sie hatte sich in der Busmitte einen Fensterplatz ausgesucht und die Nase schon wieder in ihre Zeitung gesteckt. Zufälligerweise war der Platz neben ihr noch frei. Eine Sekunde lang überlegte er, ob er sich neben sie setzen und sie in ein Gespräch verwickeln sollte, doch genauso schnell verwarf er die Idee auch wieder. Bei einem solchen Auftrag war das Überraschungsmoment ein entscheidender Faktor. Also entschied er sich für einen Platz am Gang und etliche Reihen hinter ihr.
Der Bus blieb noch weitere fünfzehn Minuten lang stehen, und Franco bedauerte, dass er keine Möglichkeit mehr gehabt hatte, sich selbst eine Zeitung zu besorgen. Stattdessen musste er einfach nur hier rumsitzen. Aber wenigstens hatte er so die Gelegenheit, den restlichen Abend zu planen. Das war gar nicht so einfach, da alles davon abhing, was Amy Lucas machen würde, wenn sie aus dem Bus ausstieg. Das Schlimmste wäre, wenn sie von irgendjemandem abgeholt würde. Das konnte in letzter Konsequenz nämlich bedeuten, dass er und Angelo zwei Leute kaltmachen mussten, und das bedeutete auch doppeltes Risiko.
Als der Bus seine Türen endlich zuklappte und losfuhr, musste er sich zunächst einmal durch das Labyrinth des Busbahnhofs schlängeln, bis er schließlich auf eine mehrstöckige Abfahrtsrampe gelangte, die direkt in den Lincoln-Tunnel hinunterführte. Das Gute daran war, dass er sich dadurch nicht durch die verstopften Straßen der Stadt quälen musste. Der Nachteil war, dass er einen gehörigen Vorsprung vor Angelo hätte.
Dank der sanften Schaukelbewegungen, des beruhigend dröhnenden Motors und des überhitzten Innenraums war Franco so gut wie eingeschlafen, als der Bus aus dem Dunkel des Tunnels hervor- und in die herrliche Abenddämmerung von New Jersey einbrach. Er machte sich wieder wach und erkundigte sich bei seinem Sitznachbarn, wohin der Bus eigentlich fuhr. Der Mann blickte Franco mit verwirrter Miene an und sagte: »Sie meinen die Endstation?«
»Ja, ich denke schon«, erwiderte Franco.
»Ich weiß, dass er bis nach Tenafly fährt, weil dort meine Schwester wohnt. Aber wo die Endstation ist, das weiß ich nicht.«
»Wie lange dauert es denn bis Tenafly?«
»Ich schätze mal, etwas über eine Stunde.« Franco bedankte sich. Er hoffte sehr, dass Amy nicht bis nach Tenafly oder sogar noch weiter fuhr. Die Vorstellung, so lange in einem Bus mit rund fünfzig ganz offensichtlich deprimierten und nach nasser Wolle riechenden Menschen sitzen zu müssen, war beängstigend. Um sich irgendwie zu beschäftigen, dachte er erneut darüber nach, was geschehen würde, sobald Amy ausgestiegen war. Er müsste irgendwie an sie herantreten und sie in ein Gespräch verwickeln, wahrscheinlich, indem er sie auf ihren Chef ansprach. Da nichts davon in den Zeitungen gestanden hatte, konnte man davon ausgehen, dass niemand sein Verschwinden bemerkt hatte, abgesehen natürlich von den Fischen. Er hatte zwar keine Polizeimarke so wie Angelo, aber er konnte sich als offizieller Vertreter einer Behörde, vielleicht sogar der Börsenaufsicht, ausgeben. Er wusste nicht genau, ob die Börsenaufsicht auch Ermittler beschäftigte, wie die Polizei, aber eigentlich ging er schon davon aus. Jetzt hatte er wenigstens einen Plan, der durch seine und Angelos tadellose äußere Erscheinung zusätzlich an Glaubwürdigkeit gewann. Sie trugen beide sehr gerne elegante Kleidung, manchmal konnte man fast den Eindruck haben, als wollte jeder den anderen diesbezüglich noch übertrumpfen. Beide besaßen sie eine leise Schwäche für Brioni und waren am heutigen Abend, wie üblich, in edlen Anzügen ihrer Lieblingsmarke unterwegs. Franco glaubte fest daran, dass ein so sorgfältig gepflegtes Äußeres ihnen eine Aura der Glaubwürdigkeit
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