Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
nicht zu berühren. Er war froh und auch ein bisschen verwundert darüber, dass sie so bereitwillig mitmachte. Das Gespräch mit der Erwähnung ihres vermissten Chefs einzuleiten, war wirklich ein Geniestreich gewesen.
Nachdem sie sich einander gegenübergesetzt hatten, klappte Franco die Aufschläge wieder um und rieb sich die Hände. »Es kommt mir ziemlich kalt vor für die Jahreszeit.«
Amy nickte nur. Sie hatte fürchterliche Angst davor, gleich festgenommen zu werden, und war wütend auf Paul, weil er sie in solch eine Situation gebracht hatte.
»Man wird uns hier bestimmt nicht sitzen lassen, ohne dass wir etwas zu trinken bestellen. Was hätten Sie denn gerne? Und wissen Sie was, ich sag’s niemandem weiter, wenn Sie mir versprechen, dass Sie auch den Mund halten. Eigentlich ist Alkohol im Dienst nicht gestattet, aber ich hätte jetzt wahnsinnig gerne einen Cocktail.«
Amy war keine große Trinkerin, aber ein gelegentliches Glas Wodka war nicht zu verachten. Das beruhigte sie, und wenn es je einen Zeitpunkt gegeben hatte, wo sie ein bisschen Beruhigung nötig gehabt hatte, dann jetzt. »Ich denke, ich nehme einen Wodka-Martini«, sagte sie schüchtern.
»Das klingt ganz ausgezeichnet«, meinte Franco, der immer noch die Handflächen aneinanderrieb, um sich aufzuwärmen. »Bis jetzt habe ich noch keine Bedienung gesehen. Ich schätze, wir müssen an der Theke bestellen. Einen Augenblick, bitte.«
Franco trat an die Theke und bestellte Amys Martini und für sich einen Bourbon, ohne Wasser, ohne Eis. Der Barkeeper, ein stämmiger, tätowierter Mann mit Bartstoppeln, starrte Franco ungeniert an. »Nette Klamotten«, sagte er, bevor er Amys Drink mixte und anschließend Francos Bourbon einschenkte. Während der Barkeeper damit beschäftigt war, ließ Franco verstohlen eine der Date-Rape-Pillen in Amys Glas fallen. Dazu klemmte er die kleine, weiße Tablette in seiner Handfläche fest, fasste das Glas dann am Rand an und ließ sie fallen.
Nachdem der Barkeeper Francos Glas gefüllt hatte, fragte er, ob er alles auf einen Deckel schreiben sollte. Francos Antwort bestand in einem Zwanziger, den er mit der freien Hand auf den Tresen legte. »Stimmt so«, sagte er.
Wieder am Tisch angekommen, schob er Amy ihren Drink zu und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Er wollte wissen, wie lange es dauerte, bis die Tablette anfing zu wirken. Trotz der lauten Musik war eine Unterhaltung gut möglich, da die Seitenwände der Sitznische Schulterhöhe besaßen, die sie, wenn schon nicht vor den rumpelnden Bässen, so doch vor etlichen der hohen Frequenzen abschirmten. Doch schon war Franco mit dem nächsten Problem konfrontiert: Er musste sich genügend Gesprächsthemen überlegen und gleichzeitig sein Märchen von Paul Yangs Festnahme und Inhaftierung aufrechterhalten.
Nach ungefähr zehn Minuten war sein Repertoire an unverfänglichen Fragen erschöpft. Das Gute war, dass er merkte, wie Amys Zunge immer träger und die Bewegungen, mit denen sie nach ihrem Glas griff, immer unsicherer wurden. Er hatte den Eindruck, als würden ihre Augenlider immer schwerer, sodass es sie größte Mühe kostete, sie offen zu halten.
»Was ist denn nun mit dem Acht-K?«, sagte Franco. Er hatte, obwohl er gestern Abend die Unterhaltung zwischen Vinnie und Paul mitverfolgt hatte, nicht die leiseste Ahnung, was ein Acht-K überhaupt war.
»Was ist denn damit?«, fragte Amy zurück, aber aus ihrem Mund klang es wie ein einziges Wort: Wasissnd’mit? Sie trank noch einen Schluck Wodka-Martini, dem sie, das musste man sagen, sehr herzhaft zusprach. Als sie das Glas wieder abgestellt hatte, bemerkte Franco, dass auch ihr Oberkörper anfing zu schwanken. Nach außen hin machte sie den Eindruck, als hätte sie schon zwei oder drei Drinks gehabt.
»Wo ist es?«, fragte Franco weiter.
»Genau hier, in meiner treuen, alten Handtasche«, sagte Amy und klopfte wiederholt auf die Tasche.
»Warum geben Sie es mir nicht einfach?«
»Na klar, warum nicht«, meinte Amy. Ihre Hand beschrieb einen hohen Bogen und landete schließlich auf der Tasche. Nach einigen Schwierigkeiten gelang es ihr, den Reißverschluss der Innentasche aufzuziehen und Franco den USB-Stick zu überreichen.
Franco drehte das Ding hin und her und nahm schließlich die Deckkappe ab. So etwas hatte er noch nie gesehen.
Aus dem Augenwinkel sah er Angelo zur Tür hereinkommen. Ein paar der Typen an der Theke drehten sich um und starrten ihn mit offenem Mund an. Angelo starrte
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