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Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes

Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes

Titel: Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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hochrangige Geschäftsfrau war sie ihm mit seinem einfachen medizinischen Doktortitel in jedem Fall überlegen. Doch gleichzeitig steigerte das sein Interesse an ihr.
    »Überrascht Sie das?«, fragte Angela. Chet sah aus, als wäre unmittelbar neben ihm eine Kanone abgefeuert worden.
    »Ich bin fassungslos.«
    »Wieso?«
    »Das kann ich gar nicht so genau sagen«, stammelte Chet.
    »Ich bin ebenfalls überrascht«, gestand Angela. »Vielleicht war meine Motivation zum Medizinstudium gar nicht so altruistisch, wie ich immer gedacht habe.«
    »Ach?«, meinte Chet. Er beugte sich vor. »Wieso denn nicht?«
    »Dass ich Medizin studieren und anderen Menschen helfen wollte – denn das ist es ja, was man in der Regel nach dem Examen macht –, das war zum Teil auch so etwas wie ein Racheakt an meinem Vater.«
    »Tatsächlich?«
    »Tatsächlich!«, bestätigte Angela. In Wirklichkeit war sie genauso überrascht über ihre Bemerkung wie Chet. Sicherlich hatte es während der letzten Jahre einige seltene Momente gegeben, in denen sie ansatzweise solche Gedanken hatte, aber eher deshalb, weil sie sich nie wirklich mit dem Thema beschäftigt hatte.
    »Bitte verzeihen Sie, falls Ihnen diese Frage zu persönlich sein sollte«, sagte Chet und rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Aber warum wollen Sie sich an Ihrem Vater rächen? Ich bin eigentlich bisher, warum auch immer, davon ausgegangen, dass Sie eine idyllische Kindheit hatten.«
    »Von außen betrachtet war sie das auf jeden Fall«, erwiderte Angela. Wieder war sie von sich selbst überrascht. Sie gab hier Dinge preis, die sie nur während der Collegezeit mit einigen wenigen und sehr guten Freundinnen geteilt hatte. »Und für meinen Vater war dieser äußere Eindruck sehr wichtig. Aber unsere perfekte kleine Familie hatte auch ihre Geheimnisse.« Angela unterbrach sich. Sie war sich nicht sicher, ob sie wirklich weiterreden wollte. »Ich hoffe, ich langweile Sie nicht. Glauben Sie wirklich, dass Sie sich das anhören wollen?«
    »Aber ich bitte Sie!«, meinte Chet. »Das ist absolut faszinierend. Und falls es Sie irgendwie beruhigt: Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich nichts von dem, was Sie mir erzählen, weitertragen werde.«
    »Ich weiß das zu schätzen«, erwiderte Angela. Sie trank einen Schluck Wein, dachte einen Augenblick lang nach und sagte dann: »Bedauerlicherweise hat mein Vater mich missbraucht, nicht in sexueller Hinsicht, aber emotional. Natürlich hatte ich als Kind überhaupt keine Ahnung davon, erst später, nachdem ich eine gewisse Reife erreicht hatte. Als ich noch klein war, da war ich sein Ein und Alles. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, und ich habe ihn vergöttert. Aber da mein Vater seine Gefühle überhaupt nicht zeigen konnte und da für ihn nur die äußere Fassade von Bedeutung war, hatte ich – genau wie meine Mutter eigentlich auch – einen Preis in Form totaler, hündischer Treue zu bezahlen. So lange ich seine süße, kleine Roboter-Puppe war, war alles wunderhübsch in Ordnung, wie im Bilderbuch. Das Problem war nur, dass ich langsam älter wurde und dass er sich in dem Augenblick, als ich anfing, mich zu einer autonomen, eigenständigen Persönlichkeit zu entwickeln, von mir abgewandt hat. Er hat dann kleine Bemerkungen fallen lassen, dass ich ihn verlassen hätte, und ich hatte ein fürchterlich schlechtes Gewissen dabei. Eine Zeit lang habe ich verzweifelt versucht, ihm zu gefallen, aber die Enttäuschung war letztendlich unvermeidlich, da meine Interessen immer mehr von zu Hause weg und auf meine Freundinnen und die Schule gerichtet waren. Meine arme Mom hat die ganze Zeit über absolut loyal zu ihm gestanden und hat vermutlich am meisten gelitten. Irgendwann ist es ihm anscheinend langweilig mit ihr geworden, und er hat sich eine typische Midlife-Crisis einschließlich diverser Affären und Alkoholprobleme gegönnt. Natürlich hat er keinerlei Verantwortung für sich übernommen. Er hat meiner Mutter und mir die Schuld daran gegeben, dass er sich so aufgeführt hat, und hat immer behauptet, dass er uns beiden ja vollkommen gleichgültig sei. Aus irgendeinem Grund, den ich vermutlich nie begreifen werde, ist meine arme Mom so lange bei ihm geblieben, bis er sie wegen einer Jüngeren verlassen hat.«
    »Das tut mir sehr leid«, sagte Chet. »Aber das gibt es leider immer wieder, dass Menschen wie Ihr Vater sich selbst am meisten im Weg stehen. Er hätte sich doch von dem, was Sie erreicht haben, nicht bedroht fühlen,

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