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Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes

Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes

Titel: Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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die zweite, innere Tür getreten war, streifte sie den Mantel ab und reichte ihn der Garderobiere. Als sie sich dem Empfangspult näherte, erwartete sie eigentlich einen der beiden Eigentümer des Restaurants zu sehen. Sie wusste es zwar nicht genau, vermutete aber, dass es sich um zwei Brüder handelte. Der eine, der normalerweise als Empfangschef fungierte, war der Prototyp des eleganten Italieners: perfekt sitzender Anzug, blendend weißes Hemd, eine leuchtende italienische Seidenkrawatte mit passendem Einstecktuch und üppige, relativ lange, wallende Haare. Der andere war der Prototyp des untersetzten Italieners, der sich nichts gefallen ließ, der nach allen Seiten Testosteron verströmte und dem man ohne Weiteres die Rolle eines Mafia-Gangsters abgenommen hätte. Er war deutlich legerer gekleidet als der andere, wurde jedoch mit gehörigem Respekt, gespickt mit einer winzigen Prise Furcht, behandelt. Normalerweise stand er hinter der kleinen Theke, und als Angela ein paar Schritte weiterging, entdeckte sie ihn auch an seinem üblichen Platz. Er erblickte sie, winkte ihr zu und begrüßte sie mit Namen. Vor der MRSA-Katastrophe war Angela beinahe im wöchentlichen Rhythmus hier zu Gast gewesen, aber immer um die Mittagszeit, nicht abends. Sie nahm an, dass die Brüder sich die Abende teilten, da der Mittagstisch die eigentliche Stärke des Lokals war.
    Einer der Kellner – ein jugendlich aussehender Italiener mit breitem Lächeln – erkannte sie ebenfalls und begrüßte sie mit Namen. Mit großer Geste deutete er auf den vorderen Ecktisch und sagte: »Ihr Gast ist bereits eingetroffen.«
    Chet stand hinter dem Tisch und winkte ihr zur Begrüßung lächelnd zu.
    Im Nähertreten musterte Angela ihn von oben bis unten. Sie hatte sein gewinnendes, nonchalantes Lächeln ebenso vergessen wie sein jungenhaftes Aussehen. Niemals hätte sie gedacht, dass er Arzt war, erst recht kein Gerichtsmediziner. Pathologie war während ihres Medizinstudiums nicht gerade ihr Lieblingsfach gewesen. Sie fragte sich unwillkürlich, wie sich jemand für eine solche Laufbahn entscheiden konnte.
    Als sie am Tisch angekommen war, überraschte Chet sie damit, dass er um den Tisch herum auf sie zukam und die Arme um sie legte. Halbherzig erwiderte sie seine Umarmung. Schließlich war das Ganze eine geschäftliche Angelegenheit, auch, wenn er das nicht wusste.
    »Danke, dass Sie gekommen sind. Ich weiß ja, wie viel Sie zu tun haben.«
    »Danke für die Einladung. Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt etwas zu essen bekommen hätte, wenn Sie nicht so beharrlich gewesen wären.«
    »Wie gesagt, Sie müssen etwas essen.«
    Sie setzten sich.
    »Zunächst einmal das Wichtigste«, sagte Chet. »Ich übernehme die Rechnung.«
    »Sieht ganz so aus, als hätte ich das bessere Ende für mich«, erwiderte Angela. Sie wusste dass das San Pietro, entsprechend der gebotenen Qualität, nicht ganz billig war.
    Eine Zeitlang ergingen sie sich in seichtem Geplauder, bis Angela dem Kellner ein Zeichen gab. Sie war wild entschlossen, das Ganze nicht unnötig in die Länge zu ziehen.
    Der jugendlich wirkende, lächelnde Kellner trat zu ihnen an den Tisch und ratterte eine beeindruckende Aufzählung von jeweils mehr als einem Dutzend zusätzlicher Vor- sowie Hauptspeisen herunter. Anschließend überreichte er ihnen die Speisekarten.
    »Das war ja unglaublich«, flüsterte Chet Angela zu. »Wie kann er sich das alles bloß merken?«
    Nachdem sie gewählt hatten – unter anderem eine Flasche 1995er Brunello –, nahmen sie den Gesprächsfaden wieder auf. Wie schon am gestrigen Abend empfand Angela Chet als äußerst angenehmen Konversationspartner und fand unwillkürlich Gefallen an seinem Humor und seiner erfrischenden Offenherzigkeit. Er war, wie er freimütig eingestand, ein unverbesserlicher Schürzenjäger. Doch indem er das so offen zugab, schien all das Anstößige und Oberflächliche, was normalerweise mit diesem Begriff verbunden war, einfach abzufallen. So kam es, wie schon am gestrigen Abend und trotz des gewaltigen Drucks, unter dem sie stand, dass sie anfing, sich zu amüsieren. Natürlich war der Wein daran keineswegs schuldlos, denn er war so köstlich, dass sie beinahe ein schlechtes Gewissen bekam: Sie konnte sich vorstellen, dass die Flasche nicht gerade ein Schnäppchen war.
    Im weiteren Verlauf des Gesprächs – Angela wollte nicht unhöflich sein und direkt auf den eigentlichen Grund für ihre Bereitschaft, diese Einladung anzunehmen, zu

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