Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
Faulenzer aussehen lassen.«
Angela merkte, wie sich ihr Magen zusammenballte. Sie hatte gehofft und geglaubt, dass Chet sie beruhigen würde, doch stattdessen heizte er ihre Ängste noch zusätzlich an. »Ich habe übrigens vorhin mit ihr gesprochen, leider unter etwas unglücklichen Umständen. Wir haben seit ungefähr einem Monat mit einer ganzen Reihe von postoperativen Infektionen, hervorgerufen durch methicillinresistente Staphylokokken, zu kämpfen. Dadurch waren wir gezwungen, eine Menge zusätzlicher Hygienemaßnahmen zu ergreifen. Wir haben sogar extra eine Spezialistin für Epidemiologie und Krankenhaushygiene eingestellt.«
»Laurie hat davon gesprochen«, sagte Chet. »Und sie hat mich daran erinnert, dass ich einen dieser Fälle obduziert habe.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Sie hat die Akte selbst bei mir abgeholt. Der Fall ist schon einige Wochen her, und ich habe immer noch auf ein paar Laborergebnisse gewartet. Sie hatte heute Morgen einen ähnlichen Fall auf dem Tisch liegen. Ich glaube, die waren beide aus einer Ihrer Kliniken.«
»Hat sie vielleicht erwähnt, ob sie in dieser Sache etwas unternehmen will, und wenn ja, was? Ich meine, wir haben ja bereits alles unternommen, was in unserer Macht steht. Ich persönlich habe unserer Hygienespezialistin absolut freie Hand zugesagt.«
»Also, da kann ich Sie vollkommen beruhigen. Laurie hat wortwörtlich gesagt, dass sie diesem Problem auf den Grund gehen wird, und wenn es das Letzte ist, was sie tut.«
Angelas Kehle wurde trocken. Sie nippte an ihrem Weinglas. »Das hat sie so gesagt?«
»Hundertprozentig.«
Schlagartig verspürte Angela den Wunsch, diesen Abend zu beenden. Bevor das Gespräch auf Laurie Montgomery gekommen war, hatte sie sich zwar sehr viel besser amüsiert als erwartet, aber jetzt war ein Problem aufgetaucht, das keinerlei Aufschub duldete. So konnte sie auch keine Rücksicht darauf nehmen, dass ihr Aufbruch sehr überhastet wirkte. Sie setzte ihr Glas ab, faltete die Serviette zusammen und legte sie auf den Tisch. Anschließend blickte sie mit großer Geste auf ihre Armbanduhr.
»Warum habe ich plötzlich das Gefühl, dass unser höchst erfreulicher Abend sich dem Ende entgegenneigt?«, fragte Chet mit einem Anflug von Melancholie in der Stimme. »Ich hatte gehofft, Sie würden mich noch auf einen Drink in die elegante Saint Regis King Cole Bar begleiten, nur eine Querstraße weiter nördlich.«
»Heute nicht. Die Pflicht ruft«, erwiderte Angela. »Wir sollten jetzt die Rechnung verlangen. Wollen wir halbehalbe machen?«
»Aber nein!«, meinte Chet. »Ich lade Sie ein. Das habe ich doch gleich am Anfang gesagt.«
»Also gut, wenn Sie darauf bestehen. Aber jetzt müssen Sie mich entschuldigen, ich muss ins Büro zurück. Dort wartet ein wichtiges Telefonat auf mich.« Angela schob ihren Stuhl zurück und stand auf. Chet tat es ihr gleich. Das unerwartet jähe Ende dieses so unterhaltsamen Abends verwirrte ihn.
»Bis bald«, sagte Angela und streckte ihm die Hand entgegen. Chet erwiderte ihren Händedruck.
»Das hoffe ich«, sagte er.
Mit einem letzten Lächeln schlängelte Angela sich durch das Lokal, ließ sich an der Garderobe ihren Mantel geben und eilte, nachdem sie Chet noch einen Blick zugeworfen und ihm kurz zugewinkt hatte, aus dem Restaurant.
Chet ließ sich langsam auf seinen Stuhl zurücksinken. Er begegnete dem Blick des Kellners, der mitleidig mit den Schultern zuckte.
Kapitel 13
3. April 2007, 21.05 Uhr
Zähneknirschend klappte Michael sein Handy zu. Er befand sich auf der Toilette im Zwischengeschoss des Downtown Cipriani in SoHo. Bevor er, um der stampfenden Diskomusik zu entkommen, aus dem intimen Privatclub im ersten Stock hierher geflüchtet war, hatte er zusammen mit zwei seiner Kumpels drei Schnecken aus New Jersey angebaggert. Sein Handy hatte geklingelt, und da er Angelas Nummer auf dem Display erkannt hatte, hatte er den Anruf angenommen. Dann war er aufs Klo geflüchtet, weil sie überhaupt nicht zu verstehen gewesen war. Jetzt wünschte er, er hätte es nicht getan.
Nur unter größter Anstrengung konnte Michael dem Drang widerstehen, mit den Fäusten gegen die mit Graffiti verschmierte Seitenwand zu hämmern, und das war schlau, denn die Wand bestand nicht einmal aus Gipskarton, sondern aus nichts weiter als Gips und Holzlatten.
»Scheiße!«, schrie Michael, so laut er konnte. Der Fluch wurde von den Wänden des kleinen Raumes wie eine akustische Explosion zurückgeworfen und
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