Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
einen schweren septischen Schock erlitten, das können die dort natürlich sehr viel besser behandeln als wir.«
»Großer Gott«, sagte Angela noch einmal. Sie war am Boden zerstört. »Ich hoffe, Ihnen ist klar, dass die Verlegung keine gute Entscheidung war. Wenn wir innerhalb von zwei Tagen zwei Patienten in ein anderes Krankenhaus überstellen, dann riskieren wir, dass die Medien Wind von der Geschichte bekommen. Ich sehe die Schlagzeilen schon vor mir: Spezialklinik schiebt todkranken Patienten ab. Das wäre ein PR-Albtraum und würde genau das bewirken, was wir unter allen Umständen verhindern wollen: Es würde den bevorstehenden Börsengang gefährden.«
Hermann zuckte mit den Schultern. »Ich habe das nicht entschieden. Es war eine medizinische Entscheidung, und dafür bin ich nicht zuständig.«
»Wie haben Jeffries’ Angehörige reagiert?«, wollte Angela wissen.
»In etwa so, wie man es erwarten konnte«, erwiderte Hermann.
»Haben Sie persönlich mit ihnen gesprochen?«
»Ja.«
»Was haben Sie für ein Gefühl – werden sie Anzeige erstatten?«, erkundigte sich Angela. Zum jetzigen Zeitpunkt war Schadensbegrenzung das Allerwichtigste.
»Es ist zu früh, um diese Frage zu beantworten, aber ich habe getan, was von mir erwartet wird. Ich habe im Namen der Klinik die Verantwortung für den Tod des Patienten übernommen, habe mich überschwänglich dafür entschuldigt und alle Maßnahmen erwähnt, die wir vorgenommen haben und auch in Zukunft vornehmen werden, um solche Tragödien zu verhindern.«
»Okay, mehr kann man nicht tun«, sagte Angela mehr zu sich selbst als zu Hermann. Sie machte sich eine kurze Notiz. »Ich informiere unsere Rechtsabteilung. Je früher die sich darum kümmern können, desto besser.«
Da meldete sich Bob zu Wort: »Wenn wir schon eine neuerliche postoperative Infektion haben – so tragisch die ganze Sache für alle Beteiligten auch sein mag –, dann ist ein schnelles Ableben des Patienten von Vorteil. Der Kostendruck wird dadurch spürbar geringer, und das könnte unter den gegenwärtigen Umständen für uns entscheidend sein.«
Angela wandte sich an Cynthia. »Du überprüfst, ob er in einem der frisch desinfizierten OPs operiert worden ist. Unabhängig davon müssen natürlich alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet werden, aber mach nicht gleich den ganzen Operationstrakt dicht. Und dann solltest du überprüfen, wann die beteiligten Mitarbeiter das letzte Mal getestet worden sind und ob einer von ihnen als Überträger in Frage kommt.«
Cynthia nickte.
»Gibt es denn keine Möglichkeit, wie wir unsere Anteilseigner aus der Ärzteschaft dazu veranlassen können, die Zahl ihrer Operationen zu erhöhen?«, fragte Bob. »Das wäre wirklich eine große Hilfe. Wir brauchen Umsätze. Ich hätte auch gar nichts dagegen, der staatlichen Krankenversicherung im Voraus Rechnungen zu schicken, wenn es sich dabei nur um ein paar Wochen handelt.«
Die drei Klinikdirektoren schauten einander an. Schließlich ergriff Hermann das Wort: »Ich glaube nicht, dass wir die Zahl der Operationen steigern können, schon gar nicht angesichts dieses neuen MRSA-Falls. Ich weiß nicht, wie meine Kollegen das sehen, aber Orthopäden sind sehr vorsichtig in Bezug auf Infektionen, da Knochen- und Gelenkentzündungen tendenziell sehr langwierig sind und den Arzt viel Zeit kosten, selbst unter optimalen Bedingungen. Ich habe mit meinem Chefarzt darüber gesprochen. Er ist auch derjenige, der mich informiert hat.«
»Auch ich habe mit meinem Chefarzt gesprochen«, sagte Niesha, »ich habe im Großen und Ganzen die gleiche Antwort erhalten.«
»Ich auch«, fügte Stewart hinzu. »Wenn es um Infektionen geht, scheut jeder Chirurg das Risiko.«
»Wahrscheinlich ist es sowieso zu spät«, sagte Angela und versuchte, sich von diesem neuerlichen Schlag zu erholen. »Aber Bobs Frage bringt uns auf den eigentlichen Anlass für dieses Treffen. Zunächst einmal wollte ich, dass Sie über alle Maßnahmen unterrichtet werden, die Dr. Sarpoulus wegen unseres MRSA-Problems unternommen hat. Da konnte ich natürlich noch nicht ahnen, dass wir schon wieder einen neuen Fall haben. Ich hatte wirklich gehofft, dass wir damit durch sind. Aber sei es, wie es will, wir müssen die nächsten Wochen irgendwie über die Runden kommen.«
Dann wandte sich Angela an Cynthia. »Angels Healthcare möchte sich bei dir für deine beharrlichen Anstrengungen bedanken, unabhängig von den Ereignissen des heutigen Tages.
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