Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
Würdest du uns jetzt bitte alleine lassen, damit wir unsere langweilige Finanzierungsdebatte führen können?«
Cynthia reagierte zunächst nicht. Mit ihren pechschwarzen Augen musterte sie erst Angela und dann die anderen. Wortlos schob sie ihren Stuhl zurück und verließ den Raum. Die Tür fiel mit einem deutlich vernehmbaren, dumpfen Schlag ins Schloss.
Einen Augenblick lang sagte niemand ein Wort.
»Ziemlich dickköpfig«, brach Bob schließlich das Schweigen.
»Dickköpfig, aber sehr engagiert«, meinte Carl. »Sie nimmt sich dieses ganze hartnäckige Problem wirklich sehr zu Herzen. Ich wette, sie denkt, dass wir schlecht über sie reden, vor allem jetzt, da es diesen neuen Fall gegeben hat.«
»Ich sage ihr morgen noch einmal, dass sie unsere volle Unterstützung hat«, sagte Angela. »Aber jetzt sollten wir uns dem Kern des Problems zuwenden. Wie Sie alle wissen, sind es noch zwei Wochen bis zum Börsengang. Die Frage ist nun, wie wir bis dahin überleben können, ohne dass ein potenzieller Investor oder ein Beamter der Börsenaufsicht von unserem andauernden Liquiditätsproblem Wind bekommt. Bis jetzt haben wir Glück gehabt, wenn uns auch ein paar Kunstfehlerprozesse ins Haus stehen. Und wir haben auch Glück gehabt, dass das Staphylokokken-Problem erst nach der externen Bilanzprüfung aufgetreten ist und daher in unserem Börsenprospekt gar nicht erwähnt wird. Ich weiß, Sie alle haben enorme persönliche Opfer gebracht. Kein Vorstandsmitglied hat in den letzten zwei Monaten einen Cent Gehalt bekommen, auch ich nicht. Wir alle haben unseren persönlichen Kreditrahmen bis aufs Äußerste ausgeschöpft. Dafür möchte ich Ihnen danken. Ich kann Ihnen versichern, dass wir unsere sämtlichen Investoren dringend gebeten haben, uns jede nur mögliche Summe leihweise zur Verfügung zu stellen. Dabei haben wir unter anderem von unserem größten Investorensyndikat eine Viertelmillion Dollar bekommen.
Die Ironie dieser verzweifelten Situation liegt darin, dass wir, falls der Börsengang wie geplant funktioniert, mit garantierten 500 Millionen Dollar dastehen. Wir alle wären mit einem Schlag reich, das Unternehmen würde im Geld schwimmen und, was genauso wichtig ist: Wir könnten dann, wie vorgesehen, mit dem Bau der jeweils drei neuen Kliniken in Miami und Los Angeles beginnen. Nachdem der US-Senat seinen Baustopp für Spezialkliniken aufgehoben hat, können wir als erstes Unternehmen der Branche an die Börse gehen, und das mit einem Angebot, das sämtliche lukrativen Eingriffe umfasst. Es könnte gar keinen günstigeren Zeitpunkt geben. Der Himmel ist unsere einzige Grenze. Wir müssen ihn nur erreichen.«
Angela unterbrach sich und blickte die im Raum Anwesenden der Reihe nach an, um sicherzugehen, dass es keinen Widerspruch gab. Keiner rührte sich, keiner sagte etwas. Angela warf einen kurzen Blick auf ihre Notizen.
»Niemand hat Schuld an dieser Situation«, versicherte Angela. »Mit einer Katastrophe, die die mehr oder weniger gleichzeitige Schließung all unserer Operationssäle erforderlich macht, konnte wirklich niemand rechnen. Angesichts nicht existierender Umsätze auf der einen und horrender Fixkosten auf der anderen Seite sind unsere Rücklagen in wirklich atemberaubendem Tempo zusammengeschmolzen. Aber das wissen Sie ja schon, und mit Ihrer aller Hilfe haben wir es bis hierhin geschafft. Wir haben uns irgendwie weitergeschleppt, haben die Zahlungen an unsere Zulieferer so lange wie nur möglich hinausgezögert. So werden wir auch weiterhin verfahren, aber trotzdem – es könnte sein, dass das nicht reicht. Bob, sagen Sie uns, wie viel Kapital wir benötigen, um den Börsengang noch zu schaffen.«
»Mit zweihunderttausend Dollar wären wir auf der sicheren Seite«, antwortete Bob. »Mit jedem Dollar weniger schwindet auch meine Zuversicht.«
»Zweihunderttausend«, wiederholte Angela seufzend. »Das ist eine Menge Geld, leider, leider, und ich habe absolut keine Idee mehr. Jetzt geht es darum, ob vielleicht ein kluger Kopf aus Ihren Reihen noch einen Vorschlag zu machen hat. Aus Sicht der Klinikdirektoren besteht das größte Problem natürlich darin, dass Sie Löhne und Gehälter auszahlen müssen und dass das, je länger wir negative Umsätze schreiben, immer schwieriger wird, wenn wir aus der Zentrale Ihnen nicht unter die Arme greifen. Die Schwierigkeit ist eben nur, dass unsere Konten allesamt leergefegt sind.«
»Wie wäre es denn, wenn wir vorerst die Steuerzahlungen
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