Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
Augenoperationen.
»Wir tun, was wir können«, sagte Stewart.
»So, wie das Gesundheitssystem gegenwärtig organisiert ist, kann eine Spezialklinik eine wahre Goldmine sein, aber wenn die Operationssäle geschlossen sind, dann hat sie auch mit gravierenden Nachteilen zu kämpfen.«
»Aber die OPs sind doch mittlerweile alle wieder geöffnet«, warf Dr. Cynthia Sarpoulus in abweisendem Tonfall ein. Cynthia hatte während des Medizinstudiums dieselben Kurse wie Angela belegt und sich mittlerweile auf hoch ansteckende Krankheiten und Epidemiologie spezialisiert. Angela hatte sie vor dreieinhalb Monaten eingestellt, als die ersten Probleme mit diesen sogenannten »nosokomialen«, also »im Krankenhaus erworbenen«, Infektionen aufgetreten waren. Cynthia besaß einen dunklen Teint, rabenschwarze Haare und ein aufbrausendes Wesen. Doch aufgrund ihrer Ausbildung, ihrer großen Einsatzbereitschaft, ihrer Intelligenz und ihres Rufs war Angela bereit, sich mit ihrer dünnhäutigen und oftmals galligen Art abzufinden. Es war allgemein bekannt, dass sie etliche Einrichtungen, die mit Infektionsproblemen zu kämpfen gehabt hatten, vor dem Aus gerettet hatte.
»Das mag ja sein, aber sie werden nur von wenigen Ärzten in Anspruch genommen«, schaltete sich Dr. Hermann Straus ein. Angela hatte Hermann aus einem städtischen Krankenhaus in Boston abgeworben, wo er als stellvertretender Verwaltungschef hohes Ansehen genossen hatte. Der große, sportliche Mann mit dem extrovertierten Wesen besaß ein besonderes Gespür im Umgang mit Chirurgen in der Orthopädie. Diese Gabe in Kombination mit seinen im Cornell Hospital erworbenen administrativen Fähigkeiten machten ihn zu einem idealen Direktor des Angels Orthopedic Hospital, seine Bilanz war der beste Beweis dafür.
»Und woran liegt das?«, wollte Angela wissen. »Sie wissen doch sicherlich alle, dass wir das Problem von Anfang an mit aller Gründlichkeit angepackt haben. Cynthia, erläuter den anderen noch einmal, was wir alles gemacht haben.«
»Praktisch alles Menschenmögliche«, zischte Cynthia, als ob sie persönlich angegriffen worden wäre. »Jeder Operationssaal wurde mit Natriumhypochlorid gereinigt und mindestens einmal mit einer Substanz namens NAV-CO 2 desinfiziert. Das ist ein nicht brennbarer Alkohol, gelöst in flüssigem Kohlendioxid.«
»Und außerdem nicht ganz billig«, unterbrach Bob.
»Warum gerade dieses Mittel?«, erkundigte sich Carl.
»Weil der methicillinresistente Staphylococcus aureus, abgekürzt MRSA, äußerst sensibel auf dieses Präparat reagiert«, schoss Cynthia zurück, als wäre das eine Tatsache, die eigentlich jedem bekannt sein müsste.
»Wir sollten jetzt nicht anfangen, aufeinander loszugehen«, mahnte Angela. Sie wollte, dass die Stimmung friedlich und, so hoffte sie, produktiv blieb. »Wir sitzen doch alle im selben Boot. Niemand will hier irgendjemandem etwas vorwerfen. Was haben wir sonst noch unternommen?«
»Jedes Zimmer, in dem ein infizierter Patient gelegen hat, ist ebenfalls mit diesem Mittel desinfiziert worden«, sagte Cynthia. »Und was vielleicht noch wichtiger ist: Wie Sie alle wissen, werden alle Ärzte und sämtliche Klinikangestellten regelmäßig auf Staphylokokken untersucht. Jeder, der positiv getestet wird, wird mit Mupirocin behandelt, bis der Test negativ ausfällt.«
»Ebenfalls nicht gerade billig«, stellte Bob fest.
»Bitte, Bob«, sagte Angela. »Wir sind uns der finanziellen Seite dieser Katastrophe vollkommen bewusst. Mach weiter, Cynthia! Hältst du es für absolut notwendig, das Personal und den Ärztestab zu testen und gegebenenfalls medikamentös zu behandeln?«
»Absolut«, erwiderte Cynthia. »Wir sollten uns sogar überlegen, ob wir nicht auch jeden Patienten dieser Prozedur unterziehen, schon bei der Anmeldung. Ich erinnere mich, dass man in Holland und Finnland einmal mit einer besonders hartnäckigen MRSA-Serie zu kämpfen hatte. Dort hat man das Problem mit Hilfe von Tests an sämtlichen Mitarbeitern und Patienten in den Griff bekommen. Jeder mit einem positiven Testergebnis wurde medikamentös behandelt. So langsam fange ich an, mich zu fragen, ob wir das nicht auch machen sollten. Was mir am meisten Sorge bereitet, ist, dass die MRSA in allen drei Kliniken auftritt. Was hat das zu bedeuten? Es bedeutet, dass der eventuelle Überträger – falls es einen solchen gibt – regelmäßig alle drei Kliniken aufsucht. Deshalb habe ich angeordnet, dass ab heute alle Angestellten, auch hier
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