Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
Aufspüren der farblosen Objekte, und so wurde sie schnell fündig. »Ich weiß nicht, ob Sie es erkennen können, jetzt sitzt es direkt in der Mitte.«
»Ich glaube, ich hab’s«, erwiderte Dr. Malovar. Er hob den Kopf und wählte eine höhere Vergrößerungsstufe, um das Objekt anschließend wieder scharf zu stellen. »Oh, ja!«, sagte er, als ob ihm der Anblick körperliches Vergnügen bereitete. »Hochinteressant! Sehen sie alle ähnlich aus?«
»Ja, genau«, meinte Laurie. »Verblüffend ähnlich.«
»Diese Symmetrie, diese elegant geschwungenen Linien. Konnten Sie sie schon von der Längsseite her sehen?«
»Nein, leider nicht«, gestand Laurie. »Ich weiß also nicht, ob sie scheibenförmig oder rund sind.«
»Ich würde sagen, scheibenförmig. Ist Ihnen die leichte Knötchenform aufgefallen?«
»Ja, schon, aber ich war mir nicht sicher, ob das nicht eine optische Täuschung ist.«
»Das ist keine Täuschung, auf keinen Fall. Faszinierend, genau wie die Zerstörungen des Lungengewebes.«
Laurie konnte es kaum erwarten, dass er ihr endlich sagte, was es war. Warum spannte er sie bloß so auf die Folter?
»Es ist deutlich zu erkennen, dass sie sich in den Bronchiolen niedergelassen haben und nicht in den Alveolen.«
»Den Eindruck hatte ich auch«, meinte Laurie.
»Mir ist schon klar, wie Sie auf den Vergleich mit den Diatomeen kommen, auch wenn ich von selbst nicht drauf gekommen wäre.«
Laurie wurde langsam ungeduldig. Schließlich fragte sie ihn ganz direkt: »Was ist es denn nun?«
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Dr. Malovar.
Laurie reagierte verblüfft. Sie war sich besonders nach seiner genüsslichen Beschreibung des Objektes sicher gewesen, dass er es schon im ersten Augenblick genau erkannt hatte. Der Schock verwandelte sich in Enttäuschung, als ihr klar wurde, dass sie nun nicht mit neuen, alles entscheidenden Informationen zu Jack nach Hause laufen konnte. Sie überlegte, ob der eine oder andere ihrer Kollegen die Dinger vielleicht gesehen, sie jedoch als unbedeutend abgetan hatte.
»Könnten sie vielleicht irgendetwas mit den fulminanten MRSA-Infektionen dieser Patienten zu tun haben?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Haben Sie vielleicht eine Ahnung, wie wir sie identifizieren können?«
»In diesem Fall habe ich eine Ahnung. Ich würde sie mir gerne unter dem Rasterelektronenmikroskop anschauen, besonders, wenn wir eines dieser Teile aufgetrennt haben.«
»Dauert das lange? Geht das heute Abend noch?«
Dr. Malovar legte den Kopf in den Nacken und lachte. »Ihr Eifer ist bemerkenswert. Nein, heute Abend geht das nicht mehr. Dafür braucht man eine gewisse Übung. Wir haben jemanden, der das ziemlich gut beherrscht, aber der ist jetzt natürlich schon zu Hause. Ich kann aber versuchen, dass er zumindest morgen gleich damit anfängt.«
»Wie wäre es denn mit einem Mikrobiologen?«, schlug Laurie vor. »Soll ich die Proben vielleicht mal einem Mikrobiologen zeigen?«
»Das können Sie natürlich machen, aber besonders optimistisch wäre ich da nicht. Ich habe mich auch ein bisschen mit Mikrobiologie beschäftigt.« Er deutete auf eine Promotionsurkunde in Mikrobiologie.
Laurie war am Boden zerstört.
»Aber ich glaube, ich kenne jemanden, der das Objekt auf den ersten Blick erkennen wird.«
Lauries Augen fingen an zu glänzen. Die Fahrt auf der emotionalen Achterbahn ging wieder bergauf. »Wer denn?«, erkundigte sie sich begierig.
»Unser Dr. Collin Wiley. Ich habe den leisen Verdacht, dass es sich bei dem, was wir hier sehen, um einen Parasiten handelt, und Dr. Wiley ist unser Abteilungsleiter für Parasitologie.«
»Können wir ihm die Proben heute noch vorlegen? Meinen Sie, er ist noch im Haus?«
»Nein, ist er nicht. Um ehrlich zu sein, Dr. Wiley befindet sich gerade in Neuseeland bei einer Parasitologen-Konferenz.«
»Großer Gott«, murmelte Laurie. Die Achterbahn stürzte wieder talwärts. Sie sank deutlich sichtbar auf ihrem Stuhl zusammen.
»Jetzt machen Sie doch nicht so ein betrübtes Gesicht, meine Liebe«, sagte Dr. Malovar und beugte sich zur Seite, um Laurie mit seinen gletscherblauen Augen direkt anzusehen. »Wir leben im Informationszeitalter. Ich mache gleich einfach ein paar hoch auflösende Digitalfotos und schicke sie Dr. Wiley per E-Mail zu, zusammen mit einer Fallbeschreibung. Ich weiß ganz genau, dass er seinen Laptop dabeihat, weil sich darauf nämlich die PowerPoint-Präsentationen für seinen Vortrag befinden. Würden Sie mir vielleicht
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