Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
Cirone, die seit Jahren Vinnies feste Freundin war. Mit ihrer blond gefärbten Turmfrisur, dem hautengen weißen Pullover und der Perlenkette wirkte sie wie eine Karikatur aus West Side Story, aber niemand machte irgendwelche Witze über sie, zumindest nicht, wenn Vinnie in der Nähe war.
»Mikey!«, rief Vinnie. »Komm her! Hast du schon gegessen?«
Michael ging an dem Tisch mit den Handlangern vorbei. »Hallo, Jungs«, sagte er, um ihnen seinen Respekt zu zeigen. Sie nickten alle, aber keiner sagte ein Wort.
Vinnie zog die Serviette aus seinem Hemdkragen, schob sich aus der Sitznische und begrüßte Michael mit einer Umarmung. Michael erwiderte die Umarmung, fühlte sich aber unwohl dabei. Er wusste, dass das, was er zu sagen hatte, Vinnie nicht gefallen würde.
Eine Hand auf Michaels Schulter gelegt, deutete Vinnie auf seine Tischnachbarin. »Du und Carol, ihr kennt euch natürlich.«
»Natürlich«, erwiderte Michael. Er ergriff ihre sittsam ausgestreckte Hand und tauschte einen ebenso sittsamen Händedruck mit ihr.
»Setz dich doch, setz dich doch«, sagte Vinnie mehrfach, während er wieder Platz nahm. Im Gegensatz zu seiner Wortwahl war der Klang seiner Stimme sehr viel kultivierter, als man es bei einem Mann aus seiner Branche erwarten konnte, und zwar auch dann, wenn er wütend war, was durchaus häufiger vorkommen konnte – eine Eigenschaft, die Michael sehr irritierend fand.
Michael schlüpfte in die gegenüber stehende Bank, sodass Carol zwischen ihm und Vinnie eingeklemmt war.
»Wie wär’s mit einem Teller Spaghetti Bolognese?«, schlug Vinnie vor. »Und ein Glas Barolo? Ein Siebenundneunziger, einfach göttlich.«
Michael war mit allem einverstanden, um ja nicht schon am Anfang einen Fehler zu machen. Vinnie hatte sich seit der Highschool, als ihn die Mädchen alle angehimmelt hatten, kaum verändert. Sein Spitzname lautete »Prinz«. Er besaß ein volles, ebenmäßiges Gesicht. Wie Michael trug er am liebsten maßgeschneiderte Kleidung, deshalb sah man ihn täglich in Anzug und Krawatte. Außerdem war er, ebenfalls wie Michael, stolz darauf, dass sein Gewicht seit der Highschool konstant geblieben war. Damit das auch so blieb, ging er regelmäßig ins Fitnessstudio.
»Und, wie machen sich unsere Geldanlagen?«, erkundigte sich Vinnie. In geschäftlichen Dingen vergeudete er keine Zeit. Seit über einem Jahrzehnt hatte Michael geschäftlich mit Vinnie zu tun. Alles hatte klein angefangen, als Michael bei Morgan Stanley war. Eines Tages hatte er Vinnie vorgeschlagen, die Einnahmen der Lucia-Bande aus Drogenhandel, Wucherkrediten, Spielhöllen, Hehlereien, Erpressung, illegalen Autorennen und Entführungen, überwiegend am Kennedy Airport, zu waschen. Es war Michaels Idee gewesen, das Geld, verdeckt durch eine ganze Reihe von Tarnfirmen, als Investitionskapital bei verschiedenen Börsengängen einzusetzen. Daraus war ein für beide Seiten außerordentlich profitables Geschäft geworden. Michael wusch das Geld nicht nur, sondern verdoppelte es oft genug sogar, während Vinnie früher für solche Dienste extra bezahlen musste. Je mehr Vertrauen Vinnie gefasst hatte, desto mehr Kapital hatte er Michael anvertraut, sodass dieser in der Lage gewesen war, Morgan Stanley im gegenseitigen Einvernehmen zu verlassen und seine eigene kleine, aber feine Kapitalvermittlungsagentur zu eröffnen.
»Um ehrlich zu sein«, erwiderte Michael auf Vinnies direkte Frage, »es gibt da ein Problem, über das ich mit dir reden muss.«
»Ach, tatsächlich?« Vinnies Stimme hatte diesen bewusst ruhigen, weichen Klang, der Michaels Nackenhaare zu Berge stehen ließ.
»Ich fürchte, ja«, sagte Michael. Hoffendich bekam niemand mit, wie sehr seine Stimme zitterte.
»Carol, Schätzchen«, sagte Vinnie. »Würdest du uns bitte entschuldigen? Mikey und ich müssen uns unterhalten.«
»Ich bin aber mit meinen Spaghetti noch nicht fertig«, quengelte sie.
»Carol!« Vinnies Stimme klang jetzt ein klein wenig tiefer, er blickte sie von der Seite her an.
»Na gut, von mir aus«, erwiderte Carol und warf ihre Serviette auf den Teller. »Was soll ich jetzt machen?«
»Was du willst, Puppe. Freddie oder Richie können dich fahren.«
Carol verzog sich, und Michael saß nun wieder Vinnie gegenüber, der ihn regungslos anstarrte. Michaels Eingeweide zogen sich zu einem Knoten zusammen.
»Ich hoffe, diese Schwierigkeiten haben nichts mit Angels Healthcare zu tun; wenn das doch so wäre, hätte ich ein ganz schlechtes
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