Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
niemand groß darüber aufregte, schon gar nicht angesichts der Tatsache, dass bakterielle Krankheitserreger insgesamt auf dem Vormarsch waren.
Da wurde Laurie durch ein krachendes Geräusch aus ihren Überlegungen gerissen. Wäre sie nicht angeschnallt gewesen, sie hätte sich den Kopf am Dach des Taxis gestoßen.
»’Tschuldigung!«, sagte der Fahrer und sah im Rückspiegel nach, ob bei Laurie alles in Ordnung war. »Schlaglöcher, vom Winter.«
Laurie nickte. Sie freute sich über die unerwartete Entschuldigung, missbilligte jedoch den Fahrstil.
»Vielleicht könnten Sie ja ein bisschen langsamer fahren«, schlug sie vor.
»Zeit ist Geld«, erwiderte der Turban tragende Taxifahrer.
Da sie wusste, dass sie seine Einstellung sowieso nicht ändern konnte, hing Laurie wieder ihren Gedanken nach. Sie war unterwegs zum Angels Orthopedic Hospital in der Upper East Side, direkt an der Fifth Avenue und, wie sie überrascht feststellte, ungefähr auf gleicher Höhe wie ihre und Jacks gemeinsame Wohnung auf der anderen Seite des Central Park. Die vergangenen zwei Stunden waren wahnsinnig hektisch gewesen, und so schätzte sie, abgesehen von einer leichten Todesangst aufgrund des Fahrstils des Taxifahrers, die Ruhephase, die ihr durch diese Fahrt geboten wurde und die sie nutzen konnte, um ihre Gedanken zu sortieren. Sie hatte endlich auch Gelegenheit gehabt, mit Arnold Besserman und Kevin Southgate zu sprechen und sich die Namen ihrer sechs MRSA-Fälle sowie die Fallakten und die Patientenunterlagen von vier dieser sechs geben zu lassen. Arnold hatte ihr sogar den Aufsatz gegeben, den er zum Thema MRSA verfasst hatte, Laurie hatte ihn bereits überflogen.
Jetzt wusste sie mehr über das Bakterium als je zuvor, sogar mehr als unmittelbar vor ihren gerichtsmedizinischen Abschlussprüfungen, vor denen sie, wie in alten Zeiten am College, alle möglichen geheimnisvollen Fakten auswendig gelernt hatte. Darunter war auch das eine oder andere über MRSA und andere Staphylokokken gewesen. Wie Agnes gesagt hatte, der Staphylococcus aureus war ein außergewöhnlicher und sehr wandlungsfähiger Krankheitserreger.
Laurie hatte die Inventarnummern der von Arnold, Kevin und George Wentworth bearbeiteten Fälle an Agnes Finn weitergeleitet. Sie wollte, dass Agnes die tiefgefrorenen Gewebeproben heraussuchte und zur genauen Bestimmung des Subtyps Kulturen anlegte, genau wie bei Lauries Fall von heute Morgen und Rivas Fällen. Laurie erschien es wichtig, nachzuprüfen, wie groß die Übereinstimmung zwischen den verschiedenen Keimen war.
Anschließend hatte sie mit Hilfe der Telefonnummern, die Cheryl ihr besorgt hatte, einige wichtige Gespräche geführt, zuerst mit Loraine Newman im Angels Orthopedic Hospital. Sie war genauso entgegenkommend, wie Arnold und Cheryl sie beschrieben hatten, und hatte ihr bereitwillig für heute Nachmittag, 14.30 Uhr, einen Termin für ein persönliches Gespräch eingeräumt.
Als Nächstes hatte Laurie eine gewisse Dr. Silvia Salerno im Center for Desease Control, dem Institut für Infektionskrankheiten in Atlanta, abgekürzt CDC, angerufen. Sie war für die landesweite Erfassung und Katalogisierung von MRSA-Stämmen zuständig. Mit diesem Verzeichnis wollte man die genetische Zusammensetzung der verschiedenen Subtypen festhalten, um möglicherweise Vorsorge- und Schutzmaßnahmen treffen zu können. Außerdem gehörte Dr. Salerno dem National Healthcare Service Network des CDC an, sie war es auch, mit der Riva gesprochen und die die genaue Bestimmung der von Riva isolierten Keime veranlasst hatte.
»Wenn ich mich nicht irre, dann handelt es sich um einen nicht im Krankenhaus erworbenen sogenannten CA-MRSA-Stamm«, hatte Silvia auf Lauries Frage, ob sie sich an die Fälle erinnern konnte, geantwortet. »Ich will mal eben nachsehen. Aha, da ist es ja. CA-MRSA, USA400, MW2, SCCmeclV, PVL. Jetzt weiß ich es wieder. Das ist ein besonders ansteckender Organismus, vielleicht bisher einer der ansteckendsten überhaupt, vor allem durch dieses PVL-Toxin.«
»Hat Dr. Mehta vielleicht etwas davon erwähnt, dass ihre beiden Fälle aus zwei unterschiedlichen Kliniken stammten?«
»Das weiß ich nicht mehr. Ich bin aber davon ausgegangen, dass sie aus derselben Einrichtung kommen.«
»Es waren ganz eindeutig zwei verschiedene Kliniken. Überrascht Sie das?«
»Dann müsste man annehmen, dass die beiden Personen einander kannten oder einen gemeinsamen Bekannten hatten.«
»Sie glauben also nicht, dass das
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