Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
seinem Sandwich ab. Beim Kauen überlegte er, worum es bei diesem Treffen zwischen Vinnie und seinem Doppelgänger wohl gegangen sein mochte, dass der Fremde so dermaßen nervös gewirkt hatte. Vermutlich um Geld, und nach der Kleidung des Kerls und der Tatsache, dass er einen luxuriösen Geländewagen fuhr, zu urteilen, wohl im Zusammenhang mit irgendwelchen Glücksspielen. Falls Lou mit seiner Vermutung recht hatte und der Typ Vinnie eine große Summe schuldete, dann steckte er bis zum Hals in Schwierigkeiten. Leute wie Vinnie duldeten nicht, dass ihnen jemand längere Zeit Geld schuldig blieb. Andernfalls wäre das ganze Kartenhaus eingestürzt. Das brachte Lou zu der Frage, ob sich so vielleicht auch die Wasserleiche erklären ließ. Vielleicht ging es gar nicht um ein aufmüpfiges, konkurrierendes Syndikat, sondern schlicht um die Beseitigung eines Versagers.
Schlagartig hörte Lou auf zu kauen. Ein neuer, schwarzer Cadillac mit getönten Scheiben schob sich nun von rechts ins Bild und kam hinter dem Oldtimer zum Stehen. Einen Augenblick später warf Lou sein Sandwich beiseite, sodass sich Fleischklößchen auf dem Beifahrersitz verteilten. Blitzartig stieg er aus und stand schon auf der anderen Straßenseite, als der Fahrer des Cadillac das Heck des Wagens umrundete. Endlich war das Glück einmal auf Lous Seite, denn bei dem Fahrer handelte es sich um Freddie Capuso, und er war allein.
»Freddie, mein Freund«, rief Lou.
Freddie blieb stehen und drehte sich um, während Lou auf ihn zukam. Kaum hatte er Lou erkannt, wurde er kreidebleich im Gesicht. Nervös schaute er sich um, vor allem in Richtung des nahe gelegenen Restauranteingangs.
»Du meine Güte!«, stieß Lou hervor. »Wie lange ist das bloß her, Freddie, altes Haus?« Als Lou Freddie das letzte Mal gesehen hatte, war er ein dürres Bürschchen gewesen, das beim Gehen bewusst die Arme abgespreizt hatte, um irgendwie muskulös zu wirken. Jetzt war er zum Mann geworden, zumindest annähernd.
»Heilige Scheiße, Lieutenant! Was, zum Teufel, machen Sie denn hier?«
»Hab mir bloß gegenüber ein Sandwich besorgt, im Gedenken an alte Zeiten. Das habe ich früher immer gemacht, als ich noch auf der Highschool war. Und mit einem Mal tauchst du hier auf. So ein Zufall.«
»Schön, Sie zu sehen«, sagte Freddie hastig, »aber ich muss los.«
»Immer mit der Ruhe«, erwiderte Lou. Mit einer Hand packte er Freddie am Oberarm, während er die andere Hand auf seine im Halfter steckende Pistole legte. Lou wusste, dass diese Typen hinterlistig und unberechenbar waren.
»Wenn ich mit Ihnen gesehen werde, dann bringen die mich um!«, platzte Freddie hervor.
»Wenn ich nur ein einziges Telefonat führe, dann bringen die dich um, mein Freund. Ich will bloß kurz mit dir reden. Mein Wagen steht da drüben auf dem Parkplatz von Johnny’s. Laufen wir schnell rüber, dann sieht uns keiner.«
Freddie blickte um Lou herum hinüber zu Johnny’s, als würde er Lou nicht trauen, und dann wieder zur Tür des Neapolitan.
»Je länger es dauert, desto größer wird dein Risiko«, sagte Lou. Er zog Freddie am Arm ein Stück in Richtung seines Caprice.
Freddie hatte schnell kapiert, dass er keine Wahl hatte. Er nickte und überquerte mit schnellen Schritten die Straße. Lou ging ihm nach, bis sie vor der Beifahrertür standen. Freddie riss sie auf und sagte nach einem einzigen Blick auf die auf dem Sitz verteilten Fleischbällchen, Tomatenscheiben und Zwiebelringe: »Ich setze mich nicht in so eine Schweinerei!«
Lou wollte wissen, was er damit meinte, und warf einen Blick über Freddies Schulter. »Ich kann deine Zurückhaltung verstehen«, meinte er. Er klappte die Beifahrertür wieder zu und machte die hintere auf. Mit einer Handbewegung lud er Freddie zum Einsteigen ein und kletterte hinterher.
»Machen Sie schnell«, befahl Freddie, als hätte er hier irgendetwas zu sagen.
»Ich werd’s versuchen«, erwiderte Lou, ohne auf Freddies Angeberei einzugehen. »Als Erstes: Wer ist zurzeit der lokale Capo der Vaccarros? Ich bin nicht mehr auf dem Laufenden.«
»Er heißt Louie Barbera, aber bloß vorübergehend. Paulie Cerino soll angeblich auf Bewährung freikommen.«
»Tatsächlich?«, erwiderte Lou. Das Gerücht kannte er noch nicht.
»Warum, zum Teufel, belästigen Sie mich mit solchen Fragen?«, murrte Freddie. »Das können Sie doch von allen möglichen Leuten erfahren.«
»Wie kommen Vinnie und Louie miteinander klar?«
Freddie lachte nur.
»So
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