Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
Großmutter sie das letzte Mal in L.A. besucht hat, da war sie auch so. Damals habe ich sie auch zum Flughafen begleitet.«
»Die Menschen hier sind einfach fantastisch«, sagte Jack. »Ich sehe mich mal ein bisschen um. Okay?«
»Okay, aber gehen Sie nicht verloren. Wir bleiben hier stehen. Ich glaube nicht, dass Jennifer noch lange braucht.«
»Ich auch nicht. Kann ich mein Gepäck hierlassen?«
»Na, klar«, erwiderte Laurie. Sie nahm Jacks Tasche und stellte sie neben ihre. Gemeinsam mit Neil sah sie ihm nach, wie er sich unter die Menge mischte.
»Ich freue mich sehr, dass wir uns kennenlernen«, sagte Neil. »Abgesehen von ihrer verstorbenen Großmutter sind Sie die einzige Person aus ihrer Kindheit, von der Jennifer spricht. Sie müssen sie sehr gut kennen.«
»Vermutlich.«
»Wie gesagt«, fügte Neil hinzu. »Ich freue mich, Sie kennenzulernen.«
»Jennifer hat gar nicht erwähnt, dass Sie auch hier sind«, erwiderte Laurie. Sie wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte, dass ihre Freundin einen Begleiter hatte.
»Ich weiß«, meinte Neil. »Sie hat gar nicht gewusst, dass ich komme. Ich bin gestern Abend hier gelandet, und wir haben uns erst heute überhaupt getroffen.«
»Und ich habe auch nicht gewusst, dass sie eine feste Beziehung hat.«
»Na ja, ziehen Sie mal keine voreiligen Schlüsse. Ich weiß ja selber nicht, wie ernst es ist. Ich schätze mal, das ist einer der Gründe, wieso ich hergekommen bin – um unsere Beziehung nicht aufs Spiel zu setzen. Sie bedeutet mir wirklich etwas. Ich meine, ich bin nur wegen ihrer Großmutter die ganze Strecke hierher geflogen. Aber Sie kennen Jennifer ja gut und wissen auch, wie schwierig sie manchmal sein kann, angesichts der Beziehung zu ihrem Vater.«
»Ich weiß nicht genau, was Sie meinen.«
»Sie wissen schon: ihre Minderwertigkeitsgefühle.«
»Ich hätte nie gedacht, dass Jennifer Minderwertigkeitsgefühle hat. Sie ist doch so klug und attraktiv – einfach eine tolle junge Frau.«
»Aber sicher hat sie die, und das kann in einer Beziehung ganz schön schwierig werden. Und ihre Attraktivität nimmt sie definitiv ganz anders wahr als andere. Ich meine, sie verhält sich da wirklich genau wie ein Fall wie aus dem Lehrbuch, mit allem Drum und Dran. Aber trotzdem ist sie keineswegs ein hoffnungsloser Fall.«
»Was reden Sie da eigentlich?«, wollte Laurie wissen und baute sich vor diesem Fremden auf. Wie konnte er einen Menschen, der ihr sehr viel bedeutete, so offen kritisieren?
»Sie hat sich mir anvertraut, also müssen Sie mir nichts vormachen. Ich rede davon, dass ihr gewissenloser Vater sie nach dem Tod ihrer Mutter missbraucht hat. Ich meine, dafür hält sie sich wirklich erstaunlich gut. Das hat sie ihrer Intelligenz und ihrer Charakterstärke zu verdanken. Sie ist ausgesprochen zäh, und ihr Vater kann von Glück sagen, dass sie ihn nicht umgebracht hat, so starrsinnig wie sie ist.«
Laurie war sprachlos. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass Jennifer missbraucht worden war. Einen kurzen Augenblick lang überlegte sie, ob sie ehrlich sein oder lieber mitspielen sollte. Sie entschied sich für die Ehrlichkeit. »Das habe ich überhaupt nicht gewusst«, sagte sie.
»Oh, mein Gott!« Neil wurde blass. »Dann hätte ich ja überhaupt nichts sagen sollen. Aber Jennifer hat immer von Ihnen als ihrer einzigen und engsten Vertrauten gesprochen, da bin ich einfach davon ausgegangen, dass Sie darüber auch Bescheid wissen.«
»Jennifer hat nie etwas davon gesagt. Nicht einmal etwas in dieser Richtung angedeutet.«
»Mein Gott, ich hätte nicht einfach so selbstverständlich davon ausgehen sollen. Es tut mir leid.«
»Bei mir müssen Sie sich nicht entschuldigen, eher bei Jennifer.«
»Aber nur, falls Sie mich verraten. Darf ich Sie bitten, das nicht zu tun?«
Laurie überlegte, versuchte sich klar zu werden, was das Beste für Jennifer war. »Okay, aber ich behalte mir vor, es ihr dann zu sagen, wenn ich das Gefühl habe, dass es für sie das Beste ist.«
»Einverstanden«, meinte Neil. »Jedenfalls bin ich hier, weil sie mich gebeten hat, sie zu begleiten. Zuerst habe ich Nein gesagt. Ich hatte selber zu viel um die Ohren, was ich nicht einfach stehen und liegen lassen konnte. Aber dann ist sie, ohne ein Wort zu sagen, gegangen. Ich dachte schon, das war’s. Ich habe ein paar Stunden lang vor mich hingebrütet, und als ich sie nicht mehr erreichen konnte, habe ich mich schließlich doch entschlossen, herzukommen.«
»Hat sie
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