Montgomery & Stapleton 10 - Testphase
Feuer und Wasser.«
Einige angespannte Minuten lang bewegte sich niemand im Raum. Es war wie in den aufgeladenen Momenten kurz vor einem Sommergewitter, wenn der Blitz jeden Moment aufzucken kann, aber niemand weiß genau, wann. Dann lockerte sich die Atmosphäre plötzlich, als Hideki laut ausatmete und sagte: »Sie haben recht!«
»Recht mit was?«, wollte Louie wissen. Er hatte sich selbst mit seinem Gedanken in Rage gebracht, dass Hideki ihn für dumm verkaufen wollte.
»Mit allem, was Sie gesagt haben. Ich war Ihnen gegenüber nicht aufrichtig. Ich hatte die Order, Satoshi zu töten und die Labormappen an mich zu bringen. Ich hatte gehofft, beide Ziele gleichzeitig erledigen zu können, aber leider hat das nicht geklappt. Mir sind die ganzen Einzelheiten über die Laboraufzeichnungen selbst nicht bekannt, denn das ist eine komplizierte Geschichte, die damit zu tun hat, wer die äußerst wichtigen Patente für die nächste Generation von Stammzellen besitzt, die induzierten pluripotenten Stammzellen.«
»Mal ganz langsam. Was war das?«
»Was wissen Sie über Stammzellen?«, fragte Hideki.
»Nichts«, gab Louie zu.
»Ich bin auch kein Experte, aber das Thema taucht ständig in den japanischen Infomedien auf«, sagte Hideki. »Wir werden ständig daran erinnert, dass es ein Japaner namens Shigeo Takayama war, der die erste pluripotente Stammzelle erzeugt hat. Die Universität von Kyoto hat das Verfahren in seinem Namen patentieren lassen. Dann hat mein Oyabun erfahren, dass ein anderer Wissenschaftler, Satoshi Machita, schneller als Takayama war, was anhand seiner Laboraufzeichnungen bewiesen werden kann. Tagsüber war er unter Takayamas Anleitung damit beschäftigt, an Mäusezellen zu arbeiten, nachts hat er heimlich an seinen eigenen reifen Fibroblasten gewerkelt und irgendwann menschliche iPS-Zellen hergestellt, bevor irgendjemand sonst es geschafft hat.«
»Also kann man den Typ, den Ihre Jungs gestern umgebracht haben, den ›Erzeuger‹ dieser speziellen Zellen nennen?«
»Das ist richtig.«
»Was die Labormappen sehr wertvoll macht.«
»Ja. In Japan sollen mit ihrer Hilfe die Patente der Kyotoer Universität angefochten werden. In Amerika sollen sie dafür benutzt werden, die Patente zu erhalten. Genauso wie beim europäischen Patentamt und der Welthandelsorganisation.«
Louie dachte einige Herzschläge lang über diese Enthüllungen nach und suchte in ihnen die Möglichkeit, Kapital daraus zu schlagen, dann schob er den Gedanken von sich. Auf gar keinen Fall würde er den geplanten Überfall auf iPS USA mitmachen. Dann sagte Hideki etwas, das ihn vollends schockierte.
»Mein Oyabun erhielt diese Informationen von der Regierung.«
»Der Regierung?«, fragte Louie überrascht. »Von welcher Regierung?«
»Der japanischen.«
»Also, das ist wirklich schwer zu glauben …«
»Aber es ist wahr. Ein Vize-Minister hat sich mit meinem Oyabun getroffen und ihm all dies erzählt, einschließlich der Information, dass Satoshi das Land illegal mit Hilfe der Yamaguchi-gumi verlassen hat. Die haben auch den Diebstahl der Laborberichte aus der Universität in Kyoto arrangiert. Die Uni hatte zwar keinen legalen Anspruch auf die Laborberichte, aber sie hielten sie in Verwahrung, weil Satoshi dort angestellt gewesen war. Die japanische Regierung möchte die Labormappen unbedingt zurückhaben!«
»Meine Güte!«, sagte Louie. »Ich kann nicht glauben, dass sich die Regierung an Ihren Anführer um Hilfe gewandt hat. Wie heißt er nochmal?«
»Hisayuki Ishii-san.«
»Unsere Regierung würde nie zu mir kommen, egal worum es sich handelt«, sagte Louie und lachte herzlich.
»Zwischen der Yakuza und unserer Regierung herrscht traditionell seit jeher ein Geben und Nehmen. Daher können wir in Japan so offen arbeiten. Die japanische Regierung hat gelegentlich Nutzen aus unserer Existenz gezogen, und wir Yakuza werden normalerweise von den Behörden in Ruhe gelassen. Auf die Art sieht uns die japanische Öffentlichkeit übrigens auch. Auch sie empfindet uns als Chance in einer ansonsten strengen Kultur, die auf gesellschaftlich starren Schichten beruht.«
»Wenn das so ist, warum haben sich dann die Yamaguchi-gumi gegen Ihre Regierung gestellt, indem sie Satoshi halfen, aus dem Land zu fliehen und iPS USA dabei halfen, die Laboraufzeichnungen an sich zu bringen – wahrscheinlich?«
»Wir sind uns in dieser Hinsicht nicht ganz sicher«, sagte Hideki, »aber mein Boss nimmt an, dass die Yamaguchi-gumi
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