Montgomery u Stapleton 01 - Blind
von Dr. Scheffield angerufen, und die Sekretärin war sehr hilfsbereit. Henriette Kaufman und Dwight Sorenson waren beide Patienten. Hilft Ihnen das weiter?"
"Ich weiß noch nicht", antwortete Laurie. "Aber es ist sehr interessant. Vielen Dank."
Sie ging zu Lou zurück und berichtete ihm, was sie erfahren hatte.
"Mann!" sagte er. "Damit ist jeder Zufall ausgeschlossen. Wenigstens nehme ich das an."
"Nicht unbedingt", meinte Laurie. "Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, daß es ein Zufall ist, äußerst gering."
"Aber was bedeutet es?" fragte Lou. "Und hat es etwas mit Cerino zu tun? Irgendwie ergibt es keinen Sinn. Trotzdem, ich muß mich sofort dahinterklemmen. Ich melde mich wieder." Er war fort, bevor Laurie noch auf Wiedersehen sagen konnte.
Laurie wagte einen letzten schnellen Blick auf Calvin. Er sprach immer noch mit George und schien ihre Anwesenheit nicht zur Kenntnis zu nehmen.
Wieder in ihrem Zimmer, rief sie Jordan an. Wie üblich war er bei einer Operation. Sie hinterließ eine Nachricht mit der Bitte um Rückruf.
Der Versuch, sich wieder an die Arbeit zu machen, hatte kaum mehr Erfolg als vorher. In ihrem Kopf drehte sich alles: ihre prekäre berufliche Lage, die Serie der Überdosisfälle und das seltsame Zusammentreffen, daß Jordan fünf Personen behandelte, die das Opfer von Gangstern geworden waren.
Ihre Gedanken wanderten zurück zu Mary OConnor. Und plötzlich fiel ihr ein, woran sie sich vorhin nicht hatte erinnern können. Die Abschürfungen an der Lippe, die roten Petechien und die tiefpurpurne Verfärbung des Gesichts deuteten auf gewaltsames Ersticken durch Zusammenpressen der Brust bei gleichzeitigem Zupressen des Mundes.
Laurie rief im Sektionssaal an und fragte nach Paul.
"Mir ist da ein Gedanke gekommen", sagte sie, als sie verbunden war.
"Schießen Sie los."
"Was halten Sie von gewaltsamem Ersticken als möglicher Todesursache im Fall OConnor?"
Schweigen.
"Nun?" hakte Laurie nach.
"Das Opfer befand sich im Manhattan General", erwiderte Paul. "Sie lag in einem Privatzimmer im Goldblatt-Trakt."
"Versuchen Sie zu vergessen, wo sie lag", sagte Laurie. "Betrachten Sie ausschließlich die Tatsachen."
"Aber als Gerichtspathologen müssen wir auch die Umgebung berücksichtigen. Wenn wir das nicht täten, würden wir haufenweise Fehldiagnosen produzieren."
"Ich weiß", sagte Laurie. "Aber manchmal kann die Umgebung in die Irre führen. Was ist mit Morden, die so ausgeführt werden, daß sie wie Selbstmord aussehen?"
"Das ist was anderes", sagte Paul.
"Wirklich?" fragte Laurie zweifelnd. "Egal, ich wollte nur, daß Sie auch an diese Möglichkeit denken. Nehmen Sie die Lippenabschürfung, die Petechien und die starke Kongestion von Gesicht und Kopf."
Laurie hatte den Hörer kaum aufgelegt, da klingelte das Telefon. Es war Jordan. "Gut, daß Sie angerufen haben", sagte er. "Ich wollte Sie auch anrufen. Ich bin mitten in einer Operation und habe nur ganz wenig Zeit. Ich habe mehrere Fälle, unter anderem Mr. Paul Cerino, wie Sie sicher gern hören."
"O ja, aber
", sagte Laurie.
"Und ich möchte Sie um einen Gefallen bitten", fiel Jordan ihr ins Wort. "Um Cerino vorziehen zu können, mußte ich etwas jonglieren. Ich sitze also bis spät hier fest. Können wir unsere Verabredung verschieben? Vielleicht auf morgen abend?"
"Natürlich", sagte Laurie. "Aber ich habe einiges, was ich Ihnen jetzt sagen muß."
"Machen Sies kurz", bat Jordan.
"Zunächst wegen Mary OConnor", sagte Laurie. "Sie hatte ein Herzleiden."
"Das beruhigt mich", erklärte Jordan.
"Wissen Sie etwas über ihr Privatleben?"
"Nicht viel."
"Was würden Sie zu der Möglichkeit sagen, daß sie ermordet wurde?"
"Ermordet?" fragte Jordan erschrocken. "Meinen Sie das im Ernst?"
"Es ist nur eine vage Idee", gab Laurie zu. "Aber wenn Sie mir sagen würden, daß sie zwanzig Millionen hatte und im Begriff war, ihren liederlichen Enkel aus ihrem Testament zu streichen, könnte mir die Möglichkeit eines Mordes schon in den Sinn kommen."
"Sie war gut situiert, aber nicht wohlhabend", sagte Jordan. "Und darf ich Sie daran erinnern, daß Sie mich hinsichtlich ihres Todes beruhigen, nicht in Unruhe versetzen sollten?"
"Der Arzt, der sie obduziert hat, ist überzeugt, daß sie an einem Herzversagen gestorben ist", sagte Laurie.
"Das klingt schon besser", meinte Jordan. "Wo ist diese Mordversion entstanden?"
"In meiner fruchtbaren Phantasie", sagte Laurie. "Und durch ein paar weitere ziemlich aufregende
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