Montgomery u Stapleton 01 - Blind
Fahrstuhltür auf. Am liebsten hätte sie kehrtgemacht und mit dem Schirm gegen Debras Tür geschlagen. Doch sie beherrschte sich und stieg ein.
Auf der Fahrt nach unten zerbröckelte ihre Ruhe und wich vagen Befürchtungen vor dem Zusammentreffen mit Bingham. Sie hatte Angst vor Auseinandersetzungen. Sie waren noch nie ihre Stärke gewesen.
Paul Cerino saß bei seinem täglichen Lieblingsessen, dem Frühstück. Er ließ sich ein herzhaftes Mahl aus Eiern mit Schweinswürstchen und Brötchen schmecken. Er trug noch die Augenklappe aus Metall, fühlte sich jedoch erbärmlich.
Gregory und Steven waren vorübergehend still, da sie mit ihren gezuckerten Frühstücksflocken beschäftigt waren, die sie aus einer verwirrenden Vielfalt einzelner Packungen ausgewählt hatten. Jeder hatte seine leere Packung vor sich stehen und betrachtete sie eingehend. Gloria hatte sich gerade gesetzt, nachdem sie die Zeitung von der Veranda vor dem Haus geholt hatte.
"Lies mir vor, wie die Giants und Steelers gestern gespielt haben", mummelte Paul mit vollem Mund.
"O Gott!" sagte Gloria mit entsetztem Blick auf die Titelseite.
"Was ist los?" fragte Paul.
"Eine Geschichte über einen Haufen Drogentote, alles wohlhabende und gebildete junge Leute", berichtete Gloria. "Hier steht, sie glauben, es waren Morde."
Paul verschluckte sich heftig und spuckte fast alles, was er im Mund hatte, über den Tisch.
"Däääd!" plärrte Gregory. Halbgekaute Eier und Würstchen waren auf seinen Cornflakes gelandet.
"Paul, ist was mit dir?" fragte Gloria beunruhigt.
Paul winkte ab. Aber sein Gesicht war so rot geworden wie die verheilenden Hautflecken auf seinen Wangen. Er nahm sein Glas Orangensaft und trank einen Schluck.
"Das kann ich nicht mehr essen", sagte Gregory, angewidert auf seinen Teller blickend. "Da muß ich kotzen."
"Ich auch", erklärte Steven, der dazu neigte, Gregory alles nachzumachen.
"Holt euch saubere Teller", sagte Gloria. "Und nehmt eine andere Packung."
"Du liest mir den Artikel über die Drogentoten am besten vor", sagte Paul mit kratziger Stimme.
Gloria las den gesamten Artikel vor. Als sie fertig war, eilte Paul in sein Arbeitszimmer.
"Willst du dein Frühstück nicht zu Ende essen?" rief Gloria ihm nach.
"Eine Minute", sagte Paul. Er schloß die Tür des Arbeitszimmers hinter sich und drückte auf den Knopf der automatischen Telefonwahl, die ihn mit Angelo verband.
"Wer zum Teufel ist das schon wieder?" maulte Angelo schlaftrunken.
"Hast du die Morgenzeitung gelesen?"
"Wie soll ich die Morgenzeitung gelesen haben? Ich hab geschlafen. Ich war bis in die Puppen unterwegs, Sie wissen, warum."
"Ich will dich, Tony und diesen verrückten Pillendreher Travino heute vormittag hier sehen", sagte Paul. "Und lies unterwegs die Zeitung. Wir haben ein Problem."
"Franco!" sagte Marie Dominick überrascht. "Ist das nicht etwas früh für einen Besuch?"
"Ich muß mit Vinnie sprechen", sagte Franco.
"Vinnie schläft noch", sagte Marie.
"Das habe ich mir gedacht, aber wenn du ihn bitte wecken würdest "
"Bist du sicher?"
"Das bin ich", erwiderte Franco.
"Na, dann komm rein", sagte Marie und machte die Tür weit auf.
Franco trat ein. "Geh in die Küche", sagte Marie. "Kaffee ist schon fertig."
Marie verschwand über eine kleine Treppe nach oben, während Franco in die Küche ging. Vinnies kleiner Sohn, Vinnie junior, saß am Tisch. Der Sechsjährige war damit beschäftigt, mit der Rückseite eines Löffels auf einen Stapel Pfannkuchen einzudreschen. Seine elfjährige Schwester Rosalyn stand am Herd und drehte gerade den nächsten Pfannkuchen um.
Franco goß sich eine Tasse Kaffee ein. Dann schlenderte er ins Wohnzimmer, setzte sich auf ein weißes Ledersofa und starrte auf den neuen pfefferminzfarbenen Plüschteppich. Er war erstaunt. Er hatte nicht gedacht, daß man noch Plüschteppiche kaufen konnte.
"Du hast hoffentlich einen guten Grund!" polterte Vinnie, als er in das Zimmer kam. Er hatte einen seidenen, abstrakt gemusterten Morgenmantel an. Die Haare, die normalerweise makellos nach hinten gekämmt waren, standen ihm buchstäblich zu Berge.
Statt einer Erklärung reichte Franco Vinnie die Zeitung. Vinnie nahm sie und setzte sich. "Und was soll ich jetzt lesen?" knurrte er.
"Lies den Artikel über Drogentote", sagte Franco.
Vinnie runzelte die Stirn, während er las. Es war ungefähr fünf Minuten still. Franco trank in kleinen Schlucken seinen Kaffee.
"Was soll der Quatsch?" sagte Vinnie und
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