Montgomery u Stapleton 01 - Blind
Angelo. "Setzen wir uns und schauen mal, wie Kendall der Trip gefällt."
Tony setzte sich auf die Couch, Angelo in den Sessel, in dem Kendall gesessen hatte.
"Schöne Wohnung", sagte Tony. "Was hältst du davon, wenn wir uns ein bißchen umgucken, ob es irgendwas gibt, das wir gerne mitnehmen würden?"
"Wie oft muß ich dir noch sagen, daß wir nichts anfassen, wenn wir diese Drogentrips machen?"
"So eine Verschwendung", murrte Tony, als sein Blick durch das Zimmer wanderte.
Einige Minuten später bewegte Kendall sich und leckte sich die Lippen. Stöhnend wälzte er sich auf den Rücken.
"He, Kendall, Baby", rief Tony. "Wie fühlst du dich? Sag was!"
Kendall richtete sich auf, bis er saß. Sein bleiches Gesicht war ausdruckslos.
"Wie ist es?" fragte Tony. "Mit soviel Schnee im Blut mußt du dir doch vorkommen wie im Himmel."
Ohne Vorwarnung erbrach sich Kendall auf den Teppich.
"O Gott!" rief Tony und brachte sich in Sicherheit. "Das ist ja ekelhaft."
Kendall würgte heftig, dann sah er Tony und Angelo an. Seine Augen waren glasig. Er sah verstört aus.
"Wie fühlst du dich?" fragte Angelo.
Kendalls Mund versuchte, Worte zu bilden, doch es gelang ihm nicht. Plötzlich verdrehten sich seine Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war, und er wurde von Krämpfen geschüttelt.
"Das ist unser Zeichen", sagte Angelo. "Verschwinden wir."
Tony nahm die Arzttasche und folgte Angelo zur Tür. Angelo spähte durch das Guckloch. Da niemand zu sehen war, öffnete er die Tür und streckte den Kopf nach draußen.
"Gang ist sauber. Komm."
Rasch verließen sie die Wohnung und liefen zum Treppenabsatz. Sie stiegen ein Stockwerk tiefer, verschnauften und warteten auf den Fahrstuhl.
"Hast du Hunger?" fragte Tony.
"Es geht", antwortete Angelo.
Um nicht vom Portier gesehen zu werden, stiegen sie im ersten Stock aus und gingen zur Treppe. Sie verließen das Gebäude durch den Lieferanteneingang.
Als sie zum Auto kamen, blieb Angelo stehen. Er war sprachlos.
"Sieh dir das an!" sagte er. "Ich glaubs einfach nicht. Wir haben ein Knöllchen gekriegt. Die haben Nerven."
"Was machen wir jetzt?" fragte Tony, als sie im Wagen saßen.
"Noch einen Job oder Essen?"
"Ich weiß nicht, was du lieber tust", sagte Angelo und schüttelte den Kopf, "killen oder essen."
Tony lächelte. "Hängt von meiner Stimmung ab."
"Ich meine, wir sollten erst den andern Job machen", sagte Angelo. "Wenn wir danach essen gehen, ist es gerade die richtige Zeit, hier anzurufen und den Portier auf Geräusche aus 25G aufmerksam zu machen."
"Also los", sagte Tony. Er lehnte sich zurück. Mit der Prise Kokain fühlte er sich großartig.
Als Angelo losfuhr, setzte auch Franco Ponti seinen Wagen in Bewegung. Er ließ ein paar andere Wagen vorbeifahren, bevor er sich in den Verkehr auf der Fifth Avenue einreihte. Er hatte beobachtet, wie Angelo und Tony den Jogger im Park angehalten und ihn in dessen Wohnung begleitet hatten. Zwar wußte er nicht, was sich in der Wohnung abgespielt hatte, aber er glaubte, es zu erraten. Nur: Die eigentliche Frage war nicht, was passiert war, sondern warum?
14
Montag, 6.45 Uhr
Manhattan
Der Wecker rasselte los, und Laurie versuchte wie üblich, ihn mit rasch tastenden Händen zum Schweigen zu bringen. Als sie die Uhr auf das Fensterbrett zurückstellte, wurde ihr bewußt, daß sie zum erstenmal seit vielen Nächten nicht ihren schrecklichen Alptraum gehabt hatte. Anscheinend war ihr Gewissen durch das Treffen mit Bob Talbot vorübergehend beruhigt worden.
Aber als Laurie in ihre Slipper schlüpfte und den Fernseher im Schlafzimmer anstellte, um die Lokalnachrichten zu hören, wurde sie zusehends nervöser bei dem Gedanken, wie Dr. Bingham auf ihre Initiative reagieren würde. Sie war gespannt darauf, Bob Talbots Artikel zu lesen und zu sehen, wie groß er aufgemacht war. Es lag auf der Hand, daß Bingham sie als Urheber verdächtigen würde. Was würde sie antworten, wenn er sie direkt fragte? Sie bezweifelte, daß sie es fertigbringen würde, ihren Chef anzulügen.
Auf dem Weg ins Bad erhaschte sie einen kurzen Blick auf das kleine Stück Himmel, das sie vom Küchenfenster aus sehen konnte. Die dunkel dräuenden Wolken ließen darauf schließen, daß sich das Wetter seit gestern nicht gebessert hatte.
Später, nach dem Duschen und bei einer zweiten Tasse Kaffee, die sie auf dem schmalen Rand des Waschbeckens balancierte, legte sie ihr Make-up auf und ging dabei verschiedene Versionen durch, was sie
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