Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
informiert haben.«
Laurie lachte kurz auf. »Das darf nicht wahr sein! Kein Wunder, daß man dich im Manhattan General zur Persona non grata erklärt hat.«
»Aber du mußt doch zugeben, daß im General ziemlich viele, äußerst fragwürdige Nosokominalinfektionen aufgetreten sind«, verteidigte sich Jack.
»Nicht einmal da bin ich mir so sicher«, widersprach Laurie. »Sowohl bei der Tularämie-Patientin als auch bei dem Patienten mit Rocky-Mountain-Fleckfieber sind die Krankheiten innerhalb von achtundvierzig Stunden nach der Einlieferung aufgetreten. Laut Definition handelt es sich also keineswegs um Nosokomial-Infektionen.«
»Formal ist das richtig«, mußte Jack zugeben. Aber…«
»Außerdem sind all diese Krankheiten in New York nicht zum erstenmal aufgetreten«, unterbrach in Laurie. »Ich habe in den vergangenen Tagen einiges darüber nachgelesen. Zum Beispiel hat es neunzehnhundertsiebenundachtzig einen schlimmen Ausbruch von Rocky-Mountain-Fleckfieber gegeben.«
»Danke, Laurie«, sagte Chet. »Das gleiche habe ich ihm auch schon klarzumachen versucht. Sogar Calvin hat ihn darauf hingewiesen.«
»Und wie erklärst du dir, daß sich jedesmal Mitarbeiter aus dem Zentralmagazin angesteckt haben?« insistierte Jack. »Und was sagst du zu dem rasanten Tempo, in dem die Patienten am Rocky-Mountain-Fleckfieber zugrunde gegangen sind? Am Samstag hast du dir diese Frage selbst noch gestellt.«
»Natürlich zerbreche ich mir darüber den Kopf«, gab Laurie zu. »Aber es sind genau die Fragen, die man sich bei jeder epidemiologischen Untersuchung stellen muß.«
Jack seufzte. »Tut mir leid«, entgegnete er. »Ich bin der festen Überzeugung, daß hier etwas höchst Ungewöhnliches vor sich geht. Ich habe schon die ganze Zeit befürchtet, daß eine Epidemie ausbricht. Mit dem Auftreten der Meningokokken könnte es nun soweit sein. Ich bin wirklich gespannt, ob auch diese Infektion wieder im Sande verläuft. Natürlich wäre ich froh darüber, andererseits werde ich dann aber noch mißtrauischer. Immerhin ist es absolut ungewöhnlich, daß jedesmal ein paar krasse Fälle auftreten - und dann nichts weiter passiert.«
»Hast du mal daran gedacht, daß jetzt die Jahreszeit für Meningokokken ist?« fragte Laurie. »So ungewöhnlich finde ich es nicht, wenn ein paar Leute daran erkranken.«
»Laurie hat recht«, mischte Chet sich ein. »Aber wie dem auch sei - ich mache mir vor allem Sorgen, daß du dich noch weiter in den Schlamassel hineinreitest. Du bist wie ein Hund, der nicht von seinem Knochen lassen kann. Sieh die Sache doch einfach etwas lockerer! Ich will nicht, daß du gefeuert wirst! Versprich mir wenigstens, daß du dich nicht mehr im Manhattan General blicken läßt.«
»Das kann ich nicht versprechen«, erwiderte Jack. »Schließlich haben wir einen neuen Ausbruch. Meningokokken brauchen keine Arthropoden, die ohnehin nur äußerst selten auftreten. Hier haben wir es mit einer Krankheit zu tun, die durch die Luft übertragen wird, und ich denke, das ist Grund genug, noch mal eine Ausnahme von der Regel zu machen.«
»Jetzt mach mal halblang«, rief Laurie. »Hast du die Warnung von diesen Schlägertypen schon vergessen?«
»Was ist los?« fragte Chet. »Was für Schläger?«
»Ein paar Typen aus einer Straßengang haben Jack am Wochenende einen reizenden Besuch abgestattet«, erwiderte Laurie.
»Zumindest eine der New Yorker Banden scheint ihr Geld mit Erpressungen zu verdienen.«
»Das müßt ihr mir jetzt aber mal erklären«, forderte Chet.
Laurie erzählte ihm alles, was sie über Jacks Begegnung mit den Black Kings wußte.
»Und nach dieser Abreibung willst du dich im Ernst noch einmal dort blicken lassen?« Chet war fassungslos.
»Ich werde vorsichtig sein«, versprach Jack. »Außerdem bin ich noch gar nicht sicher, ob ich wirklich rüberfahre oder nicht.«
Chet verdrehte die Augen. »Ich glaube, du wärst doch besser ein Vorstadt-Augenarzt geblieben.«
»Was soll das denn nun wieder bedeuten?« fragte Laurie.
»Schluß jetzt«, sagte Jack und stand auf. »Genug ist genug. Auf uns wartet jede Menge Arbeit.«
Als Jack, Laurie und Chet den Sektionssaal verließen, war es bereits nach ein Uhr mittags. George hatte zunächst bezweifelt, daß es wirklich notwendig war, sämtliche Meningokokken-Fälle zu obduzieren, doch die drei hatten darauf bestanden, und schließlich hatte George nachgegeben. Einige der Toten untersuchten sie gemeinsam, andere nahmen sie sich einzeln vor.
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