Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
wissen, wie er sich all die Ausbrüche relativ seltener Krankheiten erklärt und ob er vielleicht eine Vermutung hat, wieso sie so kurz hintereinander und dann auch noch zu dieser Jahreszeit aufgetreten sind. Aber aus irgendwelchen, mir vollkommen unerklärlichen Gründen hat er sich mir gegenüber plötzlich ziemlich pampig und zurückweisend verhalten.«
»Sie haben recht«, sagte Beth. »Ich war auch überrascht, wie er Sie behandelt hat. Und Mr. Kelley und Dr. Zimmerman waren genauso unfreundlich. Dabei wollten Sie uns doch nur helfen.« Jack hätte diese lebhafte, junge Frau am liebsten umarmt. Sie schien der einzige Mensch zu sein, der seine Bemühungen zu schätzen wußte.
»Es tut mir wahnsinnig leid, was mit Ihrer Kollegin Nancy Wiggens passiert ist«, sagte Jack. »Ich kann mir vorstellen, daß Sie es hier alle in der letzten Zeit nicht gerade leicht gehabt haben.« Beths fröhliches Gesicht verfinsterte sich; sie kämpfte mit den Tränen.
»Vielleicht hätte ich das besser nicht sagen sollen«, sagte Jack unsicher.
»Ist schon gut«, brachte Beth hervor. »Es war für uns alle ein furchtbarer Schock. Natürlich leben wir ständig mit der Angst, daß so etwas passieren kann, aber man hofft doch immer, daß es nie eintritt. Nancy war so ein liebenswerter Mensch. Aber manchmal war sie eben leider ein bißchen leichtsinnig.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie ist manchmal Risiken eingegangen; sie hat zum Beispiel keine Schutzhaube übergezogen, wenn es erforderlich gewesen wäre, oder sie hat keine Schutzbrille aufgesetzt - auch wenn sie eine hätte tragen müssen.« Dieses Verhalten kam Jack nicht unbekannt vor. »Sie hat nicht einmal die Antibiotika genommen, die Dr. Zimmerman ihr nach dem Pestausbruch verschrieben hat«, fügte Beth hinzu.
»Wie dumm«, sagte Jack. »Die Medikamente hätten sie eventuell auch vor dem Rocky-Mountain-Fleckfieber schützen können.«
»Ich weiß. Ich wünschte, ich hätte noch mehr auf sie eingeredet. Ich selbst habe die Medikamente genommen, dabei glaube ich, daß ich den Bakterien nicht einmal ausgesetzt war.«
»Hat sie zufällig erwähnt, ob sie bei der Entnahme der Proben von Lagenthorpe irgend etwas anders gemacht hat als sonst?«
»Nein, hat sie nicht«, erwiderte Beth. »Deshalb glauben wir, daß sie sich hier im Labor angesteckt haben muß, als sie die Proben untersucht hat. Bekanntlich sind Rickettsien für das Laborpersonal extrem gefährlich.«
Jack wollte gerade etwas sagen, als er merkte, daß Beth nervös herumzappelte und versuchte, ihm über die Schulter zu schauen. Jack warf ebenfalls einen Blick in die Richtung, doch er konnte niemand sehen.
»Ich sollte mich jetzt wirklich wieder an die Arbeit machen«, sagte Beth. »Außerdem darf ich gar nicht mit Ihnen reden. Das hat uns Dr. Cheveau nämlich ausdrücklich verboten.«
»Finden Sie das nicht auch seltsam?« fragte Jack. »Immerhin arbeite ich in dieser Stadt als Gerichtsmediziner. Rein rechtlich bin ich durchaus befugt, die Todesursachen der Fälle zu erforschen, die zur weiteren Untersuchung an unser Institut überführt worden sind.«
»Das glaube ich Ihnen ja«, entgegnete Beth. »Aber was soll ich dazu sagen? Ich mache hier doch nur meine Arbeit.« Sie ging an Jack vorbei zurück an ihren Arbeitsplatz.
Jack folgte ihr. »Ich will Ihnen wirklich nicht auf die Nerven fallen. Aber meine Intuition sagt mir, daß hier irgend etwas Seltsames vor sich geht. Es gibt hier jede Menge Leute, die sich höchst merkwürdig verhalten, fast so, als hätten sie etwas zu verbergen. Und einer von ihnen ist Ihr Chef. Natürlich ist das nicht verwunderlich. Denn AmeriCare und dieses Krankenhaus sind profitorientierte Unternehmen, und diese Ausbrüche haben bestimmt einen enormen finanziellen Schaden angerichtet. Für viele Menschen ist das sicher Grund genug, sich seltsam zu verhalten. Aber ich habe das Gefühl, daß noch mehr dahintersteckt.«
»Und was wollen Sie nun von mir?« fragte Beth. Sie hatte sich inzwischen wieder hingesetzt und war dabei, die Rachenabstriche in die Petrischalen mit der Nährlösung zu geben. »Ich möchte Sie einfach nur bitten, sich ein wenig umzusehen«, erwiderte Jack. »Falls die Bakterien wirklich gezielt verbreitet werden, müssen sie irgendwoher kommen, und das Mikrobiologie-Labor scheint mir ein geeigneter Ort zu sein, um mit der Suche zu beginnen. Hier ist alles vorhanden, was man benötigt, um das Zeug aufzubewahren und damit zu arbeiten. Es ist ja nicht so, daß man
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