Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
Trotz seines boshaften Kommentars mochte und respektierte Terese Brian. Als Finanzmanager war er sehr tüchtig. »Ich war gestern nacht bis ein Uhr im Büro«, erklärte sie. »Wenn irgend jemand die Freundlichkeit besessen hätte, mir Bescheid zu sagen, wäre ich mit Sicherheit pünktlich erschienen.«
»Wir haben die Sitzung ganz spontan einberufen«, erklärte Taylor. Entsprechend seinem Laissezfaire-Managementstil stand er in der Nähe des Fensters. Er zog es vor, wie ein olympischer Gott über seinen Mitarbeitern zu schweben, und die Halbgötter und die einfachen Sterblichen dabei zu beobachten, wie sie sich an den zu bewältigenden Problemen abarbeiteten. Taylor und Brian unterschieden sich in beinahe jeder Hinsicht voneinander. Brian war klein, Taylor war groß. Brian hatte eine Halbglatze, Taylors Haupt wurde von einem dichten, silbergrauen Haarschopf geziert. Während Brian wie ein gestreßter Zeitungs-Kolumnist auftrat und immer mit dem Rücken zur Wand zu stehen schien, verkörperte Taylor kultivierte Ruhe und Eleganz. Doch niemand zweifelte an Taylors umfassendem Verständnis für die Geschäftsangelegenheiten oder an seiner genialen Fähigkeit, allen Tag für Tag eintretenden taktischen Katastrophen und Kontroversen zum Trotz die strategischen Ziele der Firma stets im Auge zu behalten.
Terese nahm direkt gegenüber von ihrem Konkurrenten Robert Barker Platz. Er war ein großer Mann mit einem schmalen Gesicht und zusammengekniffenen Lippen. Was sein Outfit betraf, orientierte er sich an Taylor. Er trug stets elegante, dunkle Seidenanzüge und bunte Seidenkrawatten, wobei er die Krawatten zu seinem Markenzeichen gemacht hatte. Terese konnte sich nicht erinnern, daß er eine Krawatte zweimal getragen hatte. Neben Robert saß Helen Robinson. Als Terese sie sah, begann ihr Herz noch schneller zu jagen. Helen war leitende Angestellte in Roberts Abteilung und speziell für National Health zuständig. Sie war eine auffallend attraktive Frau von fünfundzwanzig Jahren mit langem, kastanienbraunem Haar. Sie hatte volle, sinnliche Gesichtszüge und einen sonnengebräunten Teint, obwohl es erst März war.
Ebenfalls am Tisch saßen Phil Atkins, der Experte für Finanzfragen, sowie Carlene Desalvo, die die Planungsabteilung leitete.
Phil war ein tadelloser und korrekter Mann; er trug wie immer einen dreiteiligen Anzug und eine Drahtgestellbrille. Carlene, eine kluge Frau mit einer etwas fülligen Figur, kleidete sich fast immer weiß. Terese war etwas überrascht, die beiden bei dem Meeting anzutreffen.
»Wir stehen vor einem großen Problem mit der National Health«, erklärte Brian.
Terese erstarrte. Sie sah ein leises Lächeln über Roberts Gesicht huschen, das sie wütend machte. Sie wünschte sich inständig, vom Beginn der Sitzung an dabeigewesen zu sein. Sie wußte, daß Probleme mit der National Health ins Haus standen. Das Unternehmen hatte vor einem Monat eine interne Überarbeitung verlangt, was im Klartext bedeutete, daß Willow und Heath eine vollkommen neue Werbekampagne präsentieren mußten, wenn sie den Etat nicht verlieren wollten. Und jeder wußte, daß sie den Etat behalten mußten. Er war rasch auf etwa vierzig Millionen im Jahr angewachsen, und die Tendenz war noch immer steigend. Werbeaufträge für das Gesundheitswesen waren äußerst lukrativ; man hoffte, mit ihnen das Loch stopfen zu können, das die Zigarettenindustrie hinterlassen hatte.
»Vielleicht können Sie Terese kurz über den neuesten Stand der Entwicklungen informieren?« wandte sich Brian an Robert. »Ich überlasse meiner tüchtigen Assistentin Helen das Wort«, erwiderte Robert und grinste Terese herablassend an. Helen rutschte auf ihrem Stuhl nach vorn. »Wie Sie ja wissen, hat unsere letzte Kampagne der National Health nicht besonders gefallen. Gestern haben sie die neuesten Zahlen über ihre Mitgliederentwicklung erhalten - und die Ergebnisse waren alles andere als gut. Im New Yorker Stadtgebiet hat die National Health gegenüber AmeriCare weitere Marktanteile verloren. Nach dem Bau ihres neuen Krankenhauses ist das für die National Health natürlich ein schwerer Schlag.«
»Und daran soll unsere Werbekampagne schuld sein?« platzte Terese heraus. »Das ist doch völlig absurd. Sie haben unseren Sechzig-Sekunden-Spot ja nur fünfundzwanzigmal ausgestrahlt. Das hat eben nicht ausgereicht. Auf gar keinen Fall.«
»Das mag Ihre Meinung sein«, erwiderte Helen gelassen. »Bei National Health sieht man die Sache
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