Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
Termin haben sie gesetzt?«
»National Health erwartet, daß wir ihnen nächste Woche eine neue Kampagne präsentieren.«
»Nein!« rief Colleen entsetzt. »Was haben wir denn schon?«
»Nicht viel.«
»Du mußt doch irgendwelche Vorlagen oder Entwürfe haben«, drängte Terese. »Ich habe mich in der letzten Zeit nicht intensiver um dich kümmern können, weil mir bei drei anderen Kunden Termine im Nacken saßen. Aber du arbeitest doch schon seit fast einem Monat an der neuen Kampagne.«
»Wir haben eine Strategiesitzung nach der anderen gehabt«, erklärte Colleen. »Jede Menge Brainstormings, aber keine richtig gute Idee. Ich weiß ja in etwa, wonach du suchst.«
»Okay, dann zeig mir, was du hast«, sagte Terese. »Es ist mir egal, wie bruchstückhaft oder unfertig eure Arbeit ist. Ich will sehen, was das Team bisher zustande gebracht hat - und zwar noch heute.«
»Wie du willst«, erwiderte Colleen ohne jede Begeisterung. »Ich sag’ meinen Leuten Bescheid.«
3. Kapitel
Mittwoch, 20. März 1996,11.15 Uhr
Susanne Hard haßte Krankenhäuser. Als Kind war sie oft wegen einer seitlichen Verbiegung ihrer Wirbelsäule stationär behandelt worden. Seitdem machten alle Krankenhäuser sie nervös. Sie haßte das Gefühl, die Kontrolle über ihr Leben anderen zu überlassen, und genausowenig konnte sie es leiden, von Kranken und Sterbenden umgeben zu sein. Susanne glaubte fest an das Sprichwort ›Wenn etwas schiefgehen kann, dann geht es auch schief‹. Vor allem im Hinblick auf Krankenhäuser. So war sie bei ihrer letzten Einlieferung wie aus heiterem Himmel in die Urologie gekarrt worden, wo man im Begriff gewesen war, sie einer fürchterlichen Prozedur zu unterziehen, und es hatte sie einige Anstrengung gekostet, einen zögerlichen Krankenhausmitarbeiter zu überreden, er möge doch bitte einmal den Namen an ihrem Handgelenk überprüfen. Er hatte natürlich die falsche Patientin erwischt. Diesmal war Susanne nicht wegen einer Krankheit eingeliefert worden. In der vergangenen Nacht hatten ihre Wehen eingesetzt; sie war zum zweitenmal schwanger. Und da auch ihr Becken deformiert war, konnte sie nicht auf normalem Wege gebären. Das Kind hatte genau wie das erste mit Hilfe eines Kaiserschnitts auf die Welt geholt werden müssen. Da sie operiert worden war, hatte ihr Arzt darauf bestanden, sie wenigstens für ein paar Tage im Krankenhaus zu behalten, obwohl sie sich gehörig gesträubt hatte.
Sie versuchte sich ein wenig zu entspannen, indem sie sich ausmalte, wie das Baby sich wohl entwickeln würde. Würde es seinem Bruder Allen ähneln? Der war als Baby einfach hinreißend gewesen und hatte fast vom ersten Tag an nachts durchgeschlafen. Inzwischen war er drei und wurde zusehends selbständiger.
Deshalb freute Susanne sich riesig auf das Baby. Sie ging voll und ganz in ihrer Mutterrolle auf.
Plötzlich schreckte sie hoch. Überrascht stellte sie fest, daß sie wohl eingenickt war. Eine Schwester hatte an den Infusionsflaschen herumhantiert, die am Kopfende ihres Bettes an einem Ständer hingen; davon war sie aufgewacht. »Was machen Sie da?« fragte Susanne. Sie konnte es nicht ertragen, wenn jemand etwas tat, worüber sie nicht informiert war. »Tut mir leid, daß ich Sie geweckt habe, Mrs. Hard. Ich habe nur eine neue Infusionsflasche angebracht. Die alte war fast leer.« Susanne musterte den Schlauch, der sich bis zur Rückseite ihrer Hand hinunterschlängelte. Als erfahrene Krankenhauspatientin fragte sie, ob es nicht eigentlich an der Zeit sei, den Schlauch zu entfernen.
»Ich kann mich ja mal erkundigen«, bot die Schwester an und verließ das Zimmer.
Susanne streckte ihren Kopf nach hinten, um die Aufschrift auf der Infusionsflasche zu lesen, doch die Flasche hing nach unten, und die Schrift stand auf dem Kopf. Den Versuch, sich auf die Seite zu drehen, brach sie schnell wieder ab, als ein stechender Schmerz sie an ihre frische Wunde erinnerte. Vorsichtig atmete sie ein. Das bereitete ihr keine Schmerzen, nur ganz zum Schluß verspürte sie einen leichten Schmerz. Sie schloß die Augen und bemühte sich, ruhiger zu werden. Sie wußte, daß ihr Körper noch unter dem Einfluß der Medikamente stand, die sie während der Anästhesie bekommen hatte; deshalb hätte sie eigentlich ohne Probleme schlafen können müssen. Doch angesichts der vielen Menschen, die in ihrem Zimmer ein- und ausgingen, war sie sich gar nicht so sicher, ob sie überhaupt schlafen wollte. Plötzlich wurde sie von
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