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Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor

Titel: Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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hat.«
    »Ja, es ist wirklich beunruhigend«, sagte Jack und ließ die Lungen vorsichtig in die Schale zurückgleiten. Er wollte jede überflüssige Bewegung vermeiden, damit keine ansteckenden Partikel in die Luft gerieten. Dann nahm er die Leber und machte vorsichtig einen Schnitt.
    »Hier haben wir das gleiche«, verkündete er und wies auf die Bereiche, in denen sich erste Abszesse gebildet hatten. »Nur noch nicht so deutlich ausgeprägt wie in der Lunge.« Jack legte die Leber zurück und hob als nächstes die Milz hoch. Auch dieses Organ wies ähnliche Deformationen auf.
    »Das war’s im groben«, sagte Jack, während er die Milz behutsam in die Schale zurücklegte. »Jetzt müssen wir sehen, was wir unter dem Mikroskop erkennen können. Aber die endgültige Antwort werden wir wohl erst aus dem Labor bekommen.«
    »Worauf tippen Sie denn im Moment?« fragte Calvin. Jack lachte kurz auf. »Es ist nur eine vage Vermutung«, erwiderte er. »Bis jetzt bin ich noch auf nichts Pathognomonisches gestoßen. Aber der schnelle Verlauf der Krankheit könnte uns durchaus Aufschluß geben.«
    »Wie lautet Ihre Differentialdiagnose?« bohrte Calvin weiter. »Nun verraten Sie’s uns schon, Sie Wunderknabe!«
    »Jetzt bringen Sie mich aber in Verlegenheit. Also gut, ich erzähl’ Ihnen, was mir durch den Kopf gegangen ist. Zunächst einmal glaube ich, daß die Vermutung des Krankenhauses falsch ist: Es waren keine Pseudomonasden. Der Erreger, mit dem wir es hier zu tun haben, ist viel aggressiver. Es könnte irgend etwas Atypisches hinter dem plötzlichen Tod dieses Mannes stecken, zum Beispiel Streptokken der Gruppe A oder vielleicht sogar Staphylokokken im Zusammenhang mit einem toxischen Schock - was ich allerdings, vor allem wegen der Gram-Färbung, bezweifele, die ja vermuten läßt, daß wir es mit Bakterien zu tun haben. Deshalb würde ich auf Tularämie tippen; oder es ist die Pest.«
    »Mein lieber Mann!« rief Calvin. »Sie kommen ja mit ganz schön obskuren Krankheiten daher; vor allem, wenn man bedenkt, daß der Patient sich die Infektion wahrscheinlich im Krankenhaus eingefangen hat. Kennen Sie nicht das Sprichwort, nach dem man beim Klang von Hufschlägen erst mal an Pferde und nicht gleich an Zebras denken sollte?«
    »Ich habe Ihnen nur mitgeteilt, was mir durch den Kopf gegangen ist. Es ist lediglich eine Differentialdiagnose. Ich versuche eben, für alles offen zu sein.«
    »Ist ja gut«, sagte Calvin beschwichtigend. »War’s das?«
    »Nein, das war’s noch nicht«, erwiderte Jack. »Ich würde auch noch in Erwägung ziehen, daß die Gram-Färbung falsch gewesen sein könnte, und dann kämen nicht nur Streptokokken und Staphylokokken in Frage, sondern auch Meningokokken. Ich könnte sogar noch einen draufsetzen: Rocky-Mountain-Fleckfieber, Hantavirus. Zum Teufel - vielleicht hatte er auch hämorrhagisches Fieber, und wir haben es wirklich mit dem Ebola-Virus zu tun.«
    »Jetzt drehen Sie ja wohl völlig durch«, sagte Calvin. »Kommen wir lieber zurück auf den Boden der Tatsachen. Wenn Sie nur die Informationen berücksichtigen, über die Sie im Augenblick verfügen - worauf würden Sie dann tippen?« Jack schnalzte mit der Zunge. Es ärgerte ihn, daß er sich plötzlich vorkam wie damals während seiner Ausbildung; und genau wie seine Professoren an der medizinischen Hochschule schien Calvin es zu genießen, ihn bloßzustellen. »Pest«, sagte er. Seine Zuhörer staunten nicht schlecht. »Pest?« hakte Calvin nach. In seiner Stimme schwang Überraschung, aber auch Verachtung. »Im März? In New York? Bei einem Krankenhauspatienten? Sie müssen vollkommen von Sinnen sein!«
    »Sie wollten auf Biegen und Brechen eine Diagnose hören«, rechtfertigte sich Jack. »Die habe ich Ihnen gegeben. Dabei habe ich nur die pathologischen Aspekte berücksichtigt und nicht, ob die Diagnose wahrscheinlich ist oder nicht.«
    »Aha. Und alle sonstigen epidemiologischen Aspekte scheinen Sie nicht im geringsten zu interessieren«, bemerkte Calvin von oben herab. Dann lachte er und fragte in den Raum hinein: »Was zum Teufel, haben sie euch in der Wildnis von Chicago eigentlich beigebracht?«
    »Es gibt in diesem Fall viel zu viele unbekannte Faktoren«, erwiderte Jack. »Auf nicht erhärtete Informationen kann ich nicht viel geben. Ich war weder in dem Krankenhaus, noch weiß ich irgend etwas darüber, ob der Verstorbene Reisen gemacht, ob er Haustiere besessen oder Kontakt zu irgendwelchen von weither gereisten

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