Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
wohl am besten wissen«, erwiderte Laurie. Sie war gerade dabei, die Einteilung der an diesem Tag durchzuführenden Autopsien vorzunehmen. »Alles wegen der Pest-Epidemie!«
»Wieso Epidemie? Hat es etwa noch mehr Fälle gegeben?«
»Hast du denn noch nicht davon gehört? Es kam doch in den Morgennachrichten im Fernsehen.«
»Ich besitze gar keinen Fernseher«, erklärte Jack. »Da, wo ich wohne, bringt man sich nur in Schwierigkeiten, wenn man einen hat.«
»In der vergangenen Nacht sind uns zwei weitere Fälle zugeführt worden«, sagte Laurie. »Bei einem handelt es sich mit Sicherheit um ein Pestopfer - oder man geht zumindest davon aus, weil das Krankenhaus diesmal selbst einen Immunofluoreszenstest gemacht hat, und der war positiv. Bei dem anderen Opfer wird aufgrund der klinischen Symptome ebenfalls Pest als Todesursache vermutet; der Immunofluoreszenstest war allerdings negativ. Außerdem habe ich gehört, daß es zahlreiche weitere Patienten geben soll, die Fieber haben und unter Quarantäne gestellt worden sind.«
»Und das alles im Manhattan General?«
»Offensichtlich ja.«
»Hatten die Opfer direkten Kontakt mit Donald Nodelman?« wollte Jack wissen.
»Ich hatte noch keine Zeit, mir die Akten näher anzusehen«, sagte Laurie. »Interessieren dich die Fälle? Wenn ja, kannst du sie übernehmen.«
»Ja, gern«, sagte Jack. »Welches ist das Opfer, bei dem wir ziemlich sicher von Pest ausgehen können?«
»Katherine Mueller«, erwiderte Laurie und schob Jack die Akte der Patientin zu.
Jack ließ sich auf der Kante von Lauries Schreibtisch nieder und nahm sich die Akte vor. Er zog den Ermittlungsbericht heraus und begann zu lesen. Die Frau war um vier Uhr nachmittags in die Notaufnahme des Manhattan General eingeliefert worden, wo man sofort die Diagnose gestellt hatte: ein akuter Fall von Pest im fortgeschrittenen Stadium. Obwohl man ihr hohe Dosen von Antibiotika verabreicht hatte, war sie neun Stunden später tot gewesen.
Jack sah nach, wo die Frau gearbeitet hatte, und es überraschte ihn kaum, daß sie im Manhattan General Hospital angestellt gewesen war. Er ging davon aus, daß sie direkten Kontakt zu Nodelman gehabt hatte. Leider gab der Bericht keinen Aufschluß darüber, in welcher Abteilung die Frau gearbeitet hatte. Während er den Bericht weiterstudierte, lobte er im stillen die Arbeit von Janice. Nach dem Telefongespräch, das er am Tag zuvor mit ihr geführt hatte, hatte sie diesmal zusätzliche Informationen aufgeführt. Katherine Mueller war weder gereist, noch hatte sie Haustiere besessen oder Besucher empfangen. »Und wo ist der Fall, bei dem bloß ein Verdacht auf Pest besteht?« wandte Jack sich erneut an Laurie. Sie schob ihm eine zweite Akte zu.
Jack öffnete sie und war ziemlich überrascht. Das Opfer hatte weder im Manhattan General gearbeitet, noch schien es auf den ersten Blick so, als hätte es Kontakt zu Donald Nodelman gehabt. Die Verstorbene hieß Susanne Hard, hatte allerdings auf einer anderen Station gelegen als Nodelman. Sie war in der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe behandelt worden und hatte gerade ein Baby zur Welt gebracht! Jack war fassungslos. Der Bericht besagte, daß Susanne vierundzwanzig Stunden nach ihrer Einlieferung ins Krankenhaus wie aus heiterem Himmel unter Fieber, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, allgemeiner Entkräftung und Husten mit Auswurf gelitten hatte. Diese Symptome waren ungefähr achtzehn Stunden nach einem Kaiserschnitt aufgetreten, mit dem ein gesundes Kind geholt worden war. Acht Stunden nach dem Auftreten der Symptome war die Patientin tot gewesen.
Aus purer Neugier suchte Jack nach Susannes Adresse, denn er erinnerte sich, daß Nodelman in der Bronx gelebt hatte. Doch Susanne Hard hatte am Sutton Place South in Manhattan gewohnt, eine Gegend, die man kaum als Ghetto bezeichnen konnte. Jack las weiter und erfuhr, daß Susanne seit dem Beginn ihrer Schwangerschaft nicht mehr gereist war. Was Haustiere anging, so hatte sie einen alten, aber gesunden Pudel besessen. Drei Wochen zuvor hatte sie einen Geschäftspartner ihres Ehemanns bewirtet, der aus Indien zu Besuch war und von dem es hieß, daß er sich bester Gesundheit erfreut habe. »Ist Janice Jaeger noch da?« fragte Jack.
»Vor einer Viertelstunde war sie noch in ihrem Büro«, sagte Laurie.
Genau wie am Morgen zuvor traf Jack Janice an ihrem Arbeitsplatz vor. »Sie sind ja vielleicht eine fleißige Staatsbedienstete«, rief er ihr von der Tür aus zu.
Janice
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