Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
allem Jack nicht. Er ist ziemlich seltsam. Irgend etwas muß ihn ganz schön verbittert haben. Außerdem scheint er ein bißchen verrückt zu sein. Oder kannst du dir vorstellen, wie man sich in dieser Stadt freiwillig aufs Fahrrad wagen kann?«
»Das kann ich mir jedenfalls noch eher vorstellen als das, womit die beiden sich beschäftigen. Würdest du vielleicht gern den ganzen Tag an Leichen herumhantieren?«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Terese. »Kann auch nicht schlimmer sein, als sich den ganzen Tag mit unseren Kundenbetreuern herumzuschlagen.«
»Du hast mich übrigens ganz schön geschockt, als du zugestimmt hast, morgen abend mit den beiden essen zu gehen«, sage Colleen.
»Genau wegen unserer Deadline habe ich eingewilligt«, entgegnete Terese und lächelte konspirativ. »Ich möchte mich noch einmal mit Jack Stapleton unterhalten. Denn ob du’s glaubst oder nicht, Jack hat mich auf eine großartige Idee für eine neue National-Health-Kampagne gebracht! Ich wage mir gar nicht auszumalen, wie er reagieren würde, wenn er davon wüßte. So, wie er die Werbung haßt, würde er wahrscheinlich einen Anfall bekommen.«
»Raus mit der Sprache! Was für eine Idee hast du?« drängte Colleen.
»Diese Pestgeschichte hat mich darauf gebracht«, erklärte Terese. »Da AmeriCare der einzige wirkliche Konkurrent der National Health ist, müssen wir doch einfach nur herausstellen, daß im größten Krankenhaus von AmeriCare die Pest ausgebrochen ist. Diese Geschichte ist so unheimlich, daß die Leute scharenweise zur National Health überwechseln werden.« Colleen fiel die Kinnlade herunter. »Wir können doch nicht diesen Pestfall ausschlachten.«
»Bist du verrückt? Ich will doch nicht den Pestfall in den Vordergrund stellen«, erwiderte Terese. »Ich will lediglich herausstellen, daß das Krankenhaus der National Health neu und so sauber ist. Die Öffentlichkeit wird ganz von allein den Pestzwischenfall mit dem AmeriCare-Krankenhaus assoziieren und die entsprechende Schlußfolgerung ziehen. Ich weiß, wie es im Manhattan General aussieht. Ich habe schließlich mal dort gelegen. Sie mögen es ja renoviert haben, aber es sind nach wie vor alte Gemäuer. Ich sehe schon unsere Spots, in denen die Patienten im National-Health-Krankenhaus vom Fußboden essen, wodurch wir suggerieren: ›Seht her, wie sauber es hier ist‹. Ein neues und sauberes Krankenhaus - genau das wollen die Leute haben. Vor allem, wo jetzt so ein Zirkus darum gemacht wird, daß die Bakterien angeblich wieder auf dem Vormarsch sind und zusehends gegen Antibiotika resistent werden.«
»Eine tolle Idee«, rief Colleen. »Wenn es der National Health Care mit so einer Kampagne nicht gelingt, AmeriCare Marktanteile abzujagen, dann hilft wahrscheinlich gar nichts.«
»Mir ist sogar schon ein Slogan eingefallen«, sagte Terese stolz. ›Wir verdienen Ihr Vertrauen. Gesundheit steht bei uns im Mittelpunkt!‹ Wie klingt das?«
»Klasse!« rief Colleen. »Ich werde morgen früh sofort das ganze Team daransetzen.«
10. Kapitel
Donnerstag, 21. März 1996, 7.25 Uhr
Jack funktionierte wie ein Uhrwerk; jeden Morgen erreichte er das Gerichtsmedizinische Institut etwa um die gleiche Zeit. An diesem Morgen allerdings hatte er sich um zehn Minuten verspätet, denn er war mit einem leichten Katergefühl aufgewacht. Um seinen Brummschädel zu besänftigen, war er ein paar Minuten länger unter der Dusche geblieben, und auf seiner Slalomtour die Second Avenue hinunter hatte er auch nicht ganz so kräftig in die Pedale getreten wie sonst.
Als er die First Avenue überquerte, entdeckte er etwas, das er um diese Tageszeit noch nie gesehen hatte. Vor dem Gebäude des Gerichtsmedizinischen Instituts stand ein Fernseh-Übertragungswagen mit ausgefahrener Hauptantenne. Er änderte seine Fahrtrichtung und fuhr einmal um den Wagen herum. Drinnen befand sich niemand. Als er zum Haupteingang des Instituts hinüberschaute, sah er mehrere Reporter und Kameraleute die Tür belagern.
Neugierig geworden, radelte Jack zum Eingang, stellte sein Fahrrad an den gewohnten Platz und stürmte nach oben in den ID-Raum, indem die Angehörigen zur Identifizierung ihrer Toten geführt wurden.
Wie immer waren Laurie und Vinnie schon an ihrem Arbeitsplatz. Jack begrüßte sie kurz und ging weiter. In der Eingangshalle gab es einen regelrechten Menschenauflauf. »Was zum Teufel ist denn hier los?« fragte Jack, während er sich zu Laurie umdrehte.
»Das solltest du ja
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