Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
wieder zu melden, und wünschte ihr viel Glück. Er fühlte sich einsamer denn je. Doch im nächsten Augenblick überraschte er sich selbst aufs neue. Er kramte Lauries Nummer hervor und rief sie an.
22. Kapitel
Sonntag, 24. März 1996, 9.00 Uhr
Jack war in eine seiner gerichtsmedizinischen Fachzeitschriften vertieft, als das Telefon klingelte. Da er an diesem Morgen noch kein Wort gesprochen hatte, klang seine Stimme ziemlich rauh. »Ich hab’ dich hoffentlich nicht geweckt«, meldete sich Laurie. »Nein«, sagte Jack. »Ich bin schon seit Stunden auf.«
»Ich rufe nur an, weil du mich ausdrücklich darum gebeten hast«, entschuldigte sie sich. »Ansonsten würde ich mich hüten, jemanden am Sonntag so früh aus dem Bett zu klingeln.«
»Für mich ist es nicht früh«, beteuerte Jack. »Aber du bist doch erst spät nach Hause gekommen«, wandte Laurie ein.
»So spät war es doch gar nicht. Außerdem ist es völlig egal, wann ich schlafen gehe - ich wache immer früh auf.«
»Du wolltest ja wissen, ob in der vergangenen Nacht aus dem Manhattan General wieder irgendwelche Infektionstoten überführt worden sind«, sagte Laurie. »Es war nichts los. Wie Janice mir berichtet hat, gibt es im Moment keinen Patienten mehr mit Verdacht auf Rocky-Mountain-Fleckfieber. Das sind doch mal gute Nachrichten, oder?«
»Sehr gute sogar.«
»Meine Eltern waren schwer beeindruckt«, fügte Laurie hinzu. »Hoffentlich hat es dir gefallen.«
»Der Abend war großartig«, erwiderte Jack. »Es ist mir beinahe peinlich, daß ich so lange geblieben bin. Nochmals herzlichen Dank für die Einladung. Und richte auch deinen Eltern meinen Dank aus. Sie sind wirklich wahnsinnig gastfreundlich.«
»Irgendwann müssen wir das mal wiederholen«, schlug Laurie vor.
»Von mir aus gern.«
Nach dem Telefonat versuchte Jack sich wieder seiner Lektüre zu widmen. Doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab zum gestrigen Abend. Er hatte sich so wohl gefühlt, daß ihn das regelrecht verwirrte. Fünf Jahre lang war er immer für sich geblieben, und wie aus heiterem Himmel genoß er plötzlich die Gesellschaft zweier grundverschiedener Frauen. An Laurie mochte er vor allem die unkomplizierte, handfeste Art. Terese hingegen wirkte ziemlich herrisch - sogar dann, wenn ihre fürsorgliche Ader zum Vorschein kam. Doch auch ihre etwas einschüchternde Art reizte ihn in gewisser Weise; sie paßte im Grund sogar besser zu seinem eigenwilligen Lebensstil. Nachdem er Laurie nun in Gesellschaft ihrer Eltern erlebt hatte, wußte er ihre warme und offenherzige Ausstrahlung um so mehr zu schätzen. Er konnte sich vorstellen, daß sie es unter ihrem vor Selbstbewußtsein strotzenden Vater, der auch noch Herzchirurg war, nicht immer leicht gehabt hatte. Nachdem ihre Eltern sich zurückgezogen hatten, hatte Laurie versucht, ihn in ein persönliches Gespräch zu verwickeln, doch wie immer hatte er sich dagegen gesträubt. Allerdings war die Versuchung, etwas von sich preiszugeben, diesmal größer gewesen als sonst. Nach dem Gespräch mit Terese hatte er sich gewundert, wie gut es ihm bekommen war, mal mit jemandem zu reden, der sich für ihn interessierte. Bei Laurie hingegen war er wieder in seine übliche Strategie verfallen. Dabei hatte sie ihm ein paar überraschende Dinge offenbart.
Am meisten hatte er sich gewundert, daß Laurie keinen festen Partner hatte. Er war einfach davon ausgegangen, daß eine so begehrenswerte und gefühlvolle Frau wie Laurie mit jemandem Zusammensein mußte. Doch wie sie ihm erzählt hatte, ging sie nur äußerst selten mit Männern aus.
Schließlich widmete Jack sich wieder seiner Zeitschrift. Er las darin, bis ihn der Hunger zu einem benachbarten Imbiß trieb. Auf dem Rückweg sah er, daß sich auf dem Basketballplatz bereits die ersten Spieler eingefunden hatten. Da er immer noch nach körperlicher Verausgabung lechzte, eilte er nach Hause, zog sich um und ging auf den Platz. Er spielte etliche Stunden, leider nicht ganz so treffsicher wie am Tag zuvor. Um drei hatte Jacks Mannschaft ein weiteres Mal verloren, was bedeutete, daß er für mindestens drei Spiele aussetzen mußte. Das nahm er zum Anlaß, nach Hause zu gehen. Nachdem er geduscht hatte, versuchte er wieder zu lesen, doch seine Gedanken kreisten um Terese. Eigentlich hatte er beschlossen, sie nicht anzurufen. Schließlich wollte er sich nicht noch einen Korb holen. Doch gegen vier überlegte er es sich anders; immerhin hatte sie ihn ausdrücklich
Weitere Kostenlose Bücher