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Monument 14: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Monument 14: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Monument 14: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy Laybourne
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schneiden. «
    » Aber dir ist schon klar, dass ich ein ganz mieser Friseur bin? «
    » Alles andere hätte mich sehr gewundert. «
    Sie lächelte. Schon wieder.
    Genau dieses Lächeln hatte ich seit meinem ersten Jahr an der Highschool in meinen Träumen gesehen.
    Die Haarwaschstationen waren noch in der Müllkippe aufgebaut. Sogar frische Handtücher lagen bereit.
    Astrid setzte sich auf einen Stuhl. » Einfach drauflos schnippeln. «
    » Gott steh mir bei « , flüsterte ich.
    Ich schnappte mir ein Handtuch und legte es Astrid um die Schultern.
    Dann schwang ich die Schere. Die Goldlocken, die mich immer so bezaubert hatten, waren zu einem trüben Mausgrau verblasst. Richtige Rastalocken. Ein großer Klumpen war derart verfilzt, dass ich nur planlos auf ihn einhacken konnte, bis das ganze Teil abfiel.
    Astrid bibberte.
    » Fühlt sich komisch an, was? « , sagte ich.
    » Ja « , meinte sie. » So leicht. Irgendwie frei. «
    Ich schnitt und schnippelte, bis fast nichts mehr übrig war. Es sah abgrundtief scheiße aus. An manchen Stellen schien die nackte Kopfhaut durch, an anderen hingen noch ein paar Büschel. Teils klebten die Haare zusammen, teils standen sie albern ab.
    » Jetzt sollten wir’s wohl waschen « , sagte ich. » Danach krieg ich’s vielleicht noch irgendwie … einheitlicher … oder … besser … keine Ahnung … «
    Astrid lachte.
    Im Lauf der großen Entlausungsaktion hatte Josie rausgefunden, wie man einer anderen Person am elegantesten über einer Wanne die Haare wusch: Man stellte zwei Stühle nebeneinander. Der Gewaschene setzte sich von der Wanne abgewandt auf den einen, der Waschende setzte sich rechtwinklig auf den anderen, der gleich neben der Wanne stand. Dann lehnte sich der Gewaschene zurück, bis er auf dem Rücken lag, mit dem Oberkörper auf den Knien des Waschenden, sodass sich der Kopf über der Wanne befand. Shampoo und Wasserflaschen standen in Reichweite.
    Nachdem ich Astrid das Vorgehen erklärt hatte, setzte sie sich auf den Stuhl, das Gesicht von mir abgewandt, und lehnte sich zurück.
    Und plötzlich lag sie auf meinem Schoß. Sie war so schön. Da ihre Augen geschlossen waren, sah ich sie einen Moment lang einfach nur an. Ihr schmutziges Gesicht. Ihre zusammengepressten, rosigen, aufgeplatzten Lippen. Ihre rot umrandeten Augen. Die Erhebung ihrer Wangenknochen. Die honiggoldenen Augenbrauen und Wimpern. Die vereinzelten braunen Sommersprossen an ihrem Kinn, die genauso gut getrocknetes Blut sein konnten.
    Astrid Heyman. Ich versuchte, mir ihre Schönheit einzuprägen.
    » Ich wär dann so weit « , sagte sie.
    » Sorry « , erwiderte ich. » Jetzt wird’s ein bisschen kalt. «
    Ich goss ihr das Wasser über den Kopf.
    » Das ist eiskalt! « , rief sie.
    Dann drückte ich mir einen Klecks Shampoo in die Hand – das Zeug stank nach Teer – und massierte es ein. In kleinen Kreisbewegungen wanderten meine Fingerspitzen über ihre verkrustete Kopfhaut.
    » Mmmhhhhh « , machte sie.
    Ich musste mich verdammt zusammenreißen, um mich nicht einfach vorzubeugen und sie zu küssen.
    Ein Rinnsal Wasser arbeitete sich über ihre Stirn zu ihren Augen vor. Ich tupfte es mit dem Handtuchzipfel auf.
    Dabei strich ich » versehentlich « über ihre Augenbraue. Wie perfekt sich die Härchen unter meinem Daumen anfühlten. Es war ein Wunder.
    Brayden war angeschossen, Mr. Appleton starb, und ich konnte nur an diese eine perfekte Augenbraue denken.
    Ich spülte das Shampoo aus.
    Astrid zitterte. Auf ihren Unterarmen bildete sich eine Gänsehaut.
    Als ich fertig war, fasste ich sie unter den Achseln und half ihr auf.
    Nachdem sie sich die restlichen Haare mit dem Handtuch abgerubbelt hatte, befühlte sie ihren Kopf. » Oh Gott. Ich hab eine Glatze. « Sie drehte sich zu mir und sah mich mit leuchtenden blauen Augen an.
    Ihr flauschiges Haar stand in alle Richtungen ab.
    » Du siehst aus wie ein frisch geschlüpftes Küken « , sagte ich.
    Ich durfte ihr Haar noch ein bisschen zurechtstutzen. Vor allem die langen, zerzausten Strähnen mussten weg.
    Am Ende erinnerte sie weniger an ein Küken als an einen Waisenjungen aus einem Charles-Dickens-Roman.
    Sie zitterte. » Kalt hier. «
    Da fiel mir ein, dass ich ja eine Mütze dabeihatte! Weil es frühmorgens in der Küche manchmal richtig eisig war, hatte ich mir angewöhnt, immer eine einzustecken.
    Es war eine orangefarbene Strick-Skimütze mit einem blauen Streifen am Rand.
    » Danke « , sagte sie und setzte sich die Mütze auf.
    » Wenn

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