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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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Wir waren die ersten Amerikaner, die diese Menschen zu Gesicht bekamen. Sie riefen »Amerikaner, Amerikaner! Sie kommen!« Mütter zogen ihre Kinder aus Angst an sich.
    Aber andere fürchteten sich nicht. Ein kleiner Junge nahm George an der Hand und ließ sie über einen langen Teil des Weges nicht mehr los. Einige versuchten uns auf Englisch anzusprechen. Die Alten und die Jungen, die Kranken, alle lagen in übereinander gestapelten Schlafkojen oder drängten sich aneinander. Wir gingen immer weiter – fast einen halben Kilometer in den Berg hinein.
    Walker
     

Brief von George Stout an seine Frau Margie, 4. April 1945 202
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    Liebe Margie,
    ich habe jetzt seit vier Tagen nicht mehr geschrieben – ich war im Feld unterwegs und jede Stunde war verplant – [aber] gestern war ein sehr ereignisreicher Tag, über den man eigentlich ausführlicher berichten müsste, als ich es hier tun kann. Ich darf Dir den Namen der Stadt nicht nennen – sie liegt ein Stück weit östlich des Rheins –, weil noch nicht bekannt gegeben werden darf, was sich dort befindet. Aus Informationen, die wir letzten November [in Aachen] erhalten haben, wussten wir, dass sich dort ein Depot befindet, und mittlerweile haben wir noch mehr darüber erfahren. Wir wussten, dass es in irgendeiner Eisenerzmine am Rande der Stadt war. Wir haben einen deutschen Priester aufgetrieben, einen wirklich furchtlosen Mann, der schon einmal dort gewesen war und uns anbot, uns hinzuführen.
    Zuerst wurde ein bewaffneter Trupp losgeschickt, dann folgten Teile eines Infanterieregiments. Den ganzen Tag über gab es Kämpfe, aber der größte Teil der deutschen Truppen war schon abgezogen. Wir kamen gegen 16.30 Uhr an. Walker Hancock, zwei Soldaten, der Priester und ich. Die Straßen waren wegen des Schutts und herabhängender Straßenbahnleitungen nicht besonders sicher für ein Auto. Es gab nur geringen Artilleriebeschuss, sporadisch und schwach. Die deutschen Soldaten waren eingekesselt und leisteten keinen nennenswerten Widerstand. Wir sahen drei Zivilisten, zwei deutsche Krankenschwestern und einen humpelnden jungen Mann. Er sagte, er wolle auf der anderen Seite der Stadt seine Schwester suchen, und wollte wissen, ob es gefährlich sei, dorthin zu gehen. All das war alltäglich und hatte sich schon viele Male vorher ereignet.
    Einen unserer Soldaten hatten wir beim Fahrzeug zurückgelassen. Wir anderen gingen ungefähr einen knappen Kilometer durch die verwüstete Stadt und gelangten schließlich zu der Mine. Unser unerschrockener Priester wusste nicht mehr genau, wo der Eingang war. Was dann folgte, war allerdings nichts Alltägliches mehr.
    Um ein Loch in dem steilen Hang standen ungefähr zwanzig Leute herum. Sie machten Platz, und wir gingen hinein. Der Tunnel – ein alter Bergwerkstollen – war ungefähr 1,80 Meter breit und 2,45 Meter hoch, gewölbt und uneben. Nachdem wir uns ein Stück vom Eingang entfernt hatten, füllten dichte Dunstschwaden den Gang, und unsere Taschenlampen konnten in der Dunkelheit nur noch schwach kleine Punkte erhellen. Im Gang befanden sich Menschen. Ich dachte, wir würden sie bald hinter uns lassen, und es seien ein paar Versprengte, die hier Schutz suchten. Aber die Menschenansammlung nahm kein Ende.
    Es war schwer, die Entfernung abzuschätzen. Wir gingen mindestens 400 Meter, wahrscheinlich aber nicht mehr als 800 Meter weit in den Stollen hinein. Andere Stollen zweigten davon ab. Stellenweise war er auf ungefähr sechs Meter verbreitert worden.
    Meistens war der Durchgang nicht mehr als 45 Zentimeter breit. Der Rest wurde von zusammengedrängten Menschen eingenommen. Sie standen und saßen auf Ästen und auf Steinen. Sie lagen auf Pritschen oder Liegen. Das waren die Einwohner der Stadt, all jene, die nicht hatten wegkommen können. Einmal blieb der Priester stehen und sprach mit einer kranken Frau. Viele dieser Leute waren vermutlich krank. Ein beißender Geruch lag in der feuchten Luft. Kleinkinder schrien erbärmlich.
    Wir waren die ersten Amerikaner, die diese Leute zu sehen bekamen. Man hatte ihnen zweifellos gesagt, dass wir Barbaren seien. Die bleichen, verhärmten Gesichter, die wir mit unseren Taschenlampen einfingen, waren voller Angst und Hass. Kinder wurden von ihren Müttern vor uns weggezogen. Und uns eilte die Furcht einflößende Nachricht voraus, gemurmelt oder geflüstert: »Amerikaner«. Das war der beklemmende Teil dieses Erlebnisses, wie der Hass und die Angst von Hunderten Menschen uns

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