Monuments Men
vorgesehen waren. Generalmajor Howard Kippenberger, der Befehlshaber der neuseeländischen Einheiten bei Monte Cassino, erläuterte später, warum es erforderlich gewesen sei, die Abtei anzugreifen: »Wenn sie heute noch nicht [von den Deutschen] besetzt war, dann würde sie es morgen sein, denn es erschien nicht schwierig für den Feind, während eines Angriffs Reserven heranzuführen oder Truppen dorthin zurückzuziehen, wenn er aus seinen Positionen draußen vertrieben werden würde. Man konnte unmöglich Soldaten befehlen, einen Berg zu erstürmen, auf dem ein derart wuchtiges und intaktes Bauwerk stand.« 38
Am 15. Februar 1944 wurde die prachtvolle Abtei Monte Cassino schließlich unter dem Jubel der alliierten Soldaten und Kriegskorrespondenten durch massive Luftbombardements zerstört. General Ecker von der US-Luftwaffe feierte dies als einen großen Triumph, als ein Beispiel dafür, womit die Deutschen während der restlichen Dauer des Krieges zu rechnen haben würden.
Doch die übrige Welt applaudierte nicht. Vielmehr drehten die Deutschen und die Italiener den Spieß um und erklärten, angesichts eines solchen Verhaltens seien die Alliierten Barbaren und Verräter. Kardinal Magnolie, der Sprecher des Vatikans, bezeichnete die Zerstörung des Klosters als einen »kolossalen Fehler« und einen »Akt großer Dummheit«. 39
Zwei Tage später, nach weiteren kleineren Angriffen, versuchten die Alliierten den Berg zu erstürmen. Doch abermals wurden sie unter heftigem Beschuss zurückgeschlagen. Wie Brigadier Butler vermutet hatte, hatten sich die Deutschen nicht in der Abtei aufgehalten – sie hatten deren große kulturelle Bedeutung respektiert. Und durch die Bombardierung war ihre Position nicht geschwächt, sondern eher noch gestärkt worden, weil es ihnen nun möglich war, Fallschirmjäger über dem zerbombten Bauwerk abzusetzen und es in ihre Verteidigungsanlagen einzubinden. Es sollte noch drei Monate dauern, bis es den Alliierten schließlich unter hohen Verlusten gelang, Monte Cassino einzunehmen: Sie hatten ungefähr 54 000 Tote und Verwundete zu beklagen.
Am 27. Mai 1944, eine Woche nach der Einnahme und mehr als drei Monate nach der Zerstörung der Abtei, kam der erste Monuments Man, Major Ernest DeWald, in der Stadt Cassino an, um sich ein Bild von den Ruinen von Monte Cassino zu machen. Er stellte fest, dass die Fundamente und die unterirdischen Kammern des Komplexes noch unversehrt waren, aber fast alles, was sich über dem Boden befunden hatte, war zerstört. Die Kirche aus dem 17. Jahrhundert lag in Trümmern; die Bibliothek, die Kunstgalerien und das Kloster waren nur noch Schutt. Er machte die Trümmer ausfindig, die einst die Basilika gebildet hatten, fand aber keine Spur von den berühmten Bronzetüren oder den Mosaikfliesen aus dem 11. Jahrhundert. Er wusste nicht, ob die prunkvolle Bibliothek der Abtei und die viel gerühmte Kunstsammlung verschüttet oder vernichtet worden oder von den Deutschen vor dem Bombardement in Sicherheit gebracht worden waren. Das einzige Wertvolle, was DeWald an diesem Nachmittag entdeckte, als er sich durch die Trümmer wühlte, waren die Gesichter der Engel, die einst den Chorstuhl geziert hatten; die meisten waren zerbrochen, einige aber noch ganz, und ihre großen Augen blickten starr hinauf in den weiten blauen Himmel.
Begleitbrief (von Rosenberg an Hitler) zu einer Bildermappe mit Fotos von geraubten Kunstwerken für das »Führermuseum«
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16. April 1943
Mein Führer!
In dem Wunsche, Ihnen, mein Führer, zu Ihrem Geburtstage eine Freude zu bereiten, gestatte ich mir, Ihnen eine Mappe mit Fotos einiger der wertvollsten Bilder zu überreichen, die mein Einsatzstab im Vollzuge Ihres Befehls in den besetzten westlichen Gebieten aus herrenlosem, jüdischen Kunstbesitz sichergestellt hat. Diese Bildermappe stellt eine Ergänzung zu den aus dieser Aktion Ihrer Sammlung bereits seinerzeit zugeführten 53 wertvollsten Kunstwerken dar. Auch diese Mappe vermittelt nur einen schwachen Eindruck von dem ausserordentlichen Wert und Umfang der von meiner Dienststelle in Frankreich erfassten und im Reich sicher geborgenen Kunstwerte.
Ich bitte Sie, mein Führer, mir bei meinem nächsten Vortrag Gelegenheit zu geben, Ihnen über den gesamten Umfang und den Stand dieser Kunsterfassungsaktion mündlich Bericht erstatten zu dürfen. Ich bitte Sie, als Grundlage dieses späteren mündlichen Berichts einen kurzen schriftlichen Zwischenbericht über Verlauf und
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