Monuments Men
Occupied Territories (AMGOT) und war in erster Linie der Abteilung M-5 des britischen Kriegsministeriums berichtspflichtig. Diese bürokratische Verschachtelung war ein Hinweis auf die Bedeutung des Unternehmens, das in der militärischen Befehlskette so weit unten rangierte, dass man es fast kaum noch wahrnehmen konnte. Alle wussten Bescheid über den Misserfolg in Italien. Hammonds Büro war aufgelöst und durch eine neue Hierarchie ersetzt worden, aber die MFAA-Operation in Italien, die in eine eigene Kommandokette unter der Allied Control Commission (ACC) eingebunden war, kämpfte noch immer darum, nicht als bedeutungslos angesehen zu werden. So hatten sich beispielsweise nördlich von Neapel keine Monuments Men aufgehalten, als die Entscheidung zur Zerstörung von Monte Cassino getroffen worden war. Dieses Fiasko führte nicht nur dazu, dass die wenigen Kulturgüterschutzoffiziere in Italien nun schlagartig in Aktion traten, es zeigte auch, wie schwierig es war, während eines laufenden Feldzugs eine neue Organisation aufzubauen.
In Nordwesteuropa, so hoffte man, würde die Situation besser sein. Civil Affairs war fest entschlossen, schon vor der Landung in Frankreich eine Gruppe von ausgebildeten Offizieren an Ort und Stelle zu haben. Die Roberts-Kommission hatte Paul Sachs, George Stouts Vorgesetzten am Fogg Museum, damit beauftragt, die amerikanischen Mitglieder dieses Offiziersteams zu bestimmen, und George Stout gehörte zu den Ersten, die gefragt wurden, ob sie mitmachen wollten. Das war im September 1943. Danach hörte Stout monatelang nichts, was ihn auch nicht überraschte. Solche Projekte, das wusste Stout, waren gewöhnlich ein Strohfeuer, wie ein Kollege aus der Marine einmal beiläufig bemerkt hatte. 42 Und er setzte niemals Vertrauen in etwas, das unter der Leitung von Museumsdirektoren stand.
Aber dennoch hatte er Sachs seine Gedanken zu dieser Operation dargelegt. Jede Armee, schrieb er, benötige ein Team von Konservatoren. Jedes dieser Teams müsse sich auf einen Stab von Spezialisten stützen, mindestens 10 Leute, besser aber 16, darunter Verpacker, Transporthelfer, Tierpräparatoren (ja, Tierpräparatoren!), Sekretäre, Fahrer und, am wichtigsten, Fotografen. Dieser Mitarbeiterstab könne nicht erst im Kampfgebiet zusammengestellt werden, denn Stout wusste aus seinen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg, dass es im Feld keine überflüssigen Männer gab und dass auch kein Kommandant freiwillig Leute abstellen würde. Sie mussten der Konservatorentruppe zugewiesen werden, und sie mussten auch entsprechend ausgestattet sein: mit Jeeps, getarnten Lastwagen, Kisten, Kartons, Verpackungsmaterial, Kameras, Luftdichtemessern zur Prüfung der Luftqualität und allen sonstigen Geräten, die Konservatoren benötigten.
Im Dezember – von Sachs hatte er noch immer nichts gehört – erreichten Stout Gerüchte, wonach das Projekt gestorben sei. Er setzte seine Arbeit an den Flugzeugtarnungen fort und nahm an, dass die Museumsleute wahrscheinlich alles gründlich vermasselt hatten. Schade, dachte er, dass die Armee diese Sache den Sahibs anvertraut hatte.
Auch als ihm im Januar 1944 seine Versetzung mitgeteilt wurde, blieb Stout skeptisch. »Ich habe bei diesem Rettungsunternehmen das gleiche Gefühl wie du«, schrieb er an seine Frau Margie. »Wenn es sorgfältig aufgezogen wird, kann es sich entwickeln und durchaus hilfreich sein. Wenn nicht, wird es mit verzwickten Problemen zu kämpfen haben, mit Verzögerungen und Rückschlägen. Damit rechne ich ohnehin in gewissem Maße. Und ob es mir gefällt oder nicht, werde ich wahrscheinlich mitmachen, wenn sich die Armee entscheidet, das Programm durchzuführen ... Eines ist sicher: Es wird, wenn es tatsächlich zustande kommt, ein Unternehmen des Militärs sein. Es wird nicht von zivilen Museumsdirektoren geleitet werden, sondern von der Army und der Navy. Wenn es unter der Leitung der Museumsleute stehen sollte, dann mache ich nicht mit. Aber meine Mitarbeiter werden Leute aus dem Militär sein, soweit ich es verstanden habe. In der Army und der Navy legt man großen Wert auf Effizienz und einen ehrlichen Umgang mit den Menschen. Mit Bluff kommt man dort gewöhnlich nicht weit. Wir werden sehen.« 43
George Stout unterschätzte die Sahibs. Die zivile Museumsgemeinde in Gestalt der Roberts-Kommission (und zeitweilig ihrer britischen Entsprechung, der Macmillan-Kommission) hatte sich sowohl für den Aufbau eines Kulturgüterschutzkorps eingesetzt als auch
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