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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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Augen auf die Straße geheftet. Zumindest waren sie jetzt vor dem Regen geschützt, denn Stout hatte seinen beschlagnahmten VW in Reparatur gegeben und zumindest vorübergehend ein besseres Fahrzeug erhalten. Aber Hancock war dankbar für diesen glücklichen Umstand, als der Regen so heftig niederprasselte, dass er die Straße kaum noch sehen konnte. Er konnte auch nicht sicher sagen, ob sie die Grenze zu Holland schon passiert hatten, bis sie schließlich an einem steilen, von Gebüsch bewachsenen Berg anhielten. An dessen Fuß stand eine Betonmauer, die sich an die Form des Berges schmiegte. Zunächst dachte Hancock, es sei ein Eisenbahntunnel, aber der Eingang war durch zwei massive verriegelte Metalltore versperrt.
    »Was ist das?«
    »Ein Kunstdepot«, antwortete Stout, während er die Tore öffnete und mit dem Jeep hindurchfuhr.
    Die Höhle, die im 17. Jahrhundert angelegt worden war, um holländische Kunstschätze vor den französischen Invasoren zu schützen, verfügte über alle modernen Annehmlichkeiten. Die Lagerräume waren gut beleuchtet, die Temperatur und die Feuchtigkeit wurden kontrolliert. Aber dennoch empfand Hancock, als sie tiefer in die Stille des Berges hineinfuhren, diesen Ort als unwirklich. Die beiden Zivilisten, die für das Lager zuständig waren, führten sie an den behauenen Felswänden vorbei, die durch lange Reihen flackernder Lichter beleuchtet wurden. Im hinteren Teil befanden sich mehrere Gestelle, die an einem Drehgelenk angebracht waren, wie Postkartenständer in Touristenläden. Aber anstatt Postkarten für ein paar Cents enthielten diese Gestelle Gemälde aus dem bedeutendsten niederländischen Museum, dem Rijksmuseum in Amsterdam. Ein Kurator betätigte die Kurbel, worauf die Werke der holländischen Meister – Stillleben mit Speisen auf Tischen, Landschaften mit tief hängenden Himmeln, voll mit treibenden grauen Wolken, Porträts von lächelnden, schwarz gekleideten Bürgern – langsam vorüberzogen, wobei das Quietschen des Drehgelenks in dem leeren Gewölbe widerhallte.
    »Beeindruckend«, murmelte Hancock. Er wünschte, er könnte Saima davon berichten, aber die Zensoren würden derart spezifische Informationen aus Angst vor allgegenwärtigen Spionen niemals passieren lassen.
    Als er sich abwandte, entdeckte er ein großes Bild, das auf einer Spindel wie ein Teppich zusammengerollt war. An einem Ende befand sich eine metallene Kurbel, und man hatte es mit einer Holzkiste umbaut. Das Verpackungsmaterial, das zusammen mit dem Gemälde eingerollt war, ragte heraus wie die zerfransten, eingerissenen Ecken von Packpapier.
    »Die Nachtwache«, erklärte einer der Kuratoren und klopfte auf das hölzerne Gehäuse. Hancock klappte der Unterkiefer herunter. Er sah hier das aufgerollte Ende von einem der berühmtesten Bilder Rembrandts vor sich, des wandgroßen Meisterwerks von 1642, das den Hauptmann Frans Banning Cocq inmitten von dessen Schützengilde zeigt.
    Stout schlug das eingerissene Verpackungsmaterial zurück, untersuchte den Rand des Gemäldes und runzelte die Stirn. Es war niemals gut, Ölarbeiten in dauerhafter Dunkelheit zu lagern. Dann entwickelten sich parasitäre Mikroorganismen auf den Oberflächen des Öls. Und die Harze, die zum Firnissen der Gemälde verwendet worden waren, vergilbten in der Dunkelheit, veränderten die Farben und überdeckten die Kontraste. Schon im März 1941 hatte Stout von holländischen Experten erfahren, dass Die Nachtwache anscheinend einen gelblichen Ton annehme. Stout sah nun, wie er befürchtet hatte, dass die Auslagerung in den vergangenen dreieinhalb Jahren dem Bild nicht zuträglich gewesen war. Wenn es noch länger hierblieb, würde das Bild abgebeizt und neu gefirnisst werden müssen, eine für ein jahrhundertealtes Werk möglicherweise gefährliche Behandlung. Aber am meisten sorgte er sich darüber, dass das Gemälde von seinem Spannrahmen genommen worden und über einen langen Zeitraum zusammengerollt gewesen war, wodurch es für Risse anfällig wurde. Sogar Abblätterungen konnten aufgetreten sein – strukturelle Schäden, die sich nicht mehr beheben lassen würden. Große Meisterwerke waren nicht dafür geschaffen worden, zusammengerollt und in Berghöhlen versteckt zu werden. Aber im Augenblick konnte man nichts tun. Dafür, dass sich die Welt im Krieg befand, ging man mit der Nachtwache auf die bestmögliche Weise um. Stout überlegte, ob vielleicht auch andere Meisterwerke – wie etwa Jan Vermeers Astronom, das von den

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