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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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wanderte wie benommen durch das Museum. Sie sah berühmte Kunstwerke, viele davon ohne Rahmen, andere beschädigt, und erlebte, wie manche Bilder von deutschen Soldatenstiefeln zertrampelt wurden. Am Ende des Tages waren mehr als 400 Kisten abgeladen und ins Museum geschafft worden, von denen viele die Namen der bisherigen Eigentümer der Kunstwerke trugen: Rothschild, Wildenstein oder David-Weill.
    Am nächsten Tag stellte Valland zusammen mit einigen Helfern im Gang einen Tisch auf. Als die Kunstwerke vorübergetragen wurden, notierten sie sich so schnell es ging deren Namen, die Künstler und ihre Herkunft. Vermeer, Rembrandt, Tenier, Renoir, Boucher. Viele Gemälde waren so berühmt, dass man sie auf Anhieb erkannte, aber sie wurden so schnell vorübergetragen dass sie mit dem Aufzeichnen kaum Schritt halten konnten. Rose Valland war voll auf ihre Arbeit konzentriert, als sie plötzlich bemerkte, dass ein uniformierter Mann hinter ihr stand und über sie hinweg auf ihre Liste blickte. Es war Hermann Bunjes, der Kunstschutz-Beamte, der zusammen mit von Behr die Übernahme des Museums organisiert hatte. Er blickte ernst und unfreundlich drein, war noch ziemlich jung, wirkte aber bereits gebeugt vom Gewicht seines immerwährenden Abscheus. Bunjes, der, ähnlich wie Rose Valland, ein unbedeutender Kunstwissenschaftler gewesen war, hatte alles, an das er früher geglaubt hatte, der Illusion nationalsozialistischer Macht und Größe geopfert. Er sollte in den folgenden Jahren eng mit Lohse und den übrigen ERR-Vertretern zusammenarbeiten, die Raubzüge ersannen und mit Drohungen und Einschüchterungen operierten. Doch an diesem ersten Tag schaute er einfach nur neugierig darauf herab, was sie schrieb – die Inventarliste, um die er und von Behr sich kümmern würden, wie er zwei Tage vorher gegenüber Jaujard erklärt hatte –, und klappte ihr das Notizbuch zu.
    »Das ist genug«, sagte er. Drei Worte, und die Bestandsaufnahme für Jaujard war beendet.
    Aber Rose Valland wurde nicht entlassen. Mit der Großzügigkeit eines unantastbaren Kriegsherrn erlaubte ihr Oberst von Behr, weiterhin die ständige Sammlung des Museums zu betreuen die mit moderner Kunst wie Whistler’s Mother bei den Nationalsozialisten ohnehin auf Ablehnung stieß. Das Schicksal kommt nicht plötzlich über einen, dachte sie, als sie einige Jahre später an diesem kalten Abend in Paris darauf wartete, eine ruhige Straße überqueren zu können, sondern in tausend kleinen Momenten, die einen durch Einsicht und harte Arbeit dazu bringen sich in die richtige Richtung zu bewegen, ähnlich wie ein Magnet es mit Metallteilchen tut.
    Sie brauchte nicht lange zu warten, bis das Schicksal auf sie zukam – nur drei Tage nach ihrer Beauftragung durch Jaujard. Am ersten Tag war das Museum leer. Am zweiten war es in jeder Ecke mit Kunstwerken vollgestellt. Am dritten Tag beherbergte es eine Ausstellung, die eines Königs würdig gewesen wäre. Gemälde und Teppiche waren geschmackvoll an den Wänden angebracht und zwischen ihnen waren ergänzende Statuen aufgestellt. Auf jeder Galerie waren Sofas für die Betrachter aufgestellt, und auf dem Boden lagen kostbare Vorleger. In fast jeder Ecke stand, weitgehend unbemerkt, Champagner auf Eis. Die Wächter mit roten Armbinden und Hakenkreuzabzeichen an den braunen Uniformen behielten aufmerksam alles im Auge. Auch Oberst von Behr, Hermann Bunjes und die übrigen Leiter des Museums trugen Uniformen, einige hatten sogar Helme auf. Helme, als ob es sich hier um eine Armee handelte und sie in den Kampf ziehen mussten. Der Anblick all dieser Nationalsozialisten in ihren hohen, glänzenden Stiefeln und in Habachtstellung war eindrucksvoll aber auch furchterregend. Sie warteten, das wusste Rose Valland, auf ihren König.
    Der Mann, der schließlich erschien, war aber nicht Hitler. Und es war auch nicht Alfred Rosenberg. Die Aktion im Jeu de Paume erfolgte nur nominell im Rahmen der Tätigkeit des Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg (ERR). Rosenberg war ein führender Rassenideologe der NSDAP, der in erster Linie die Minderwertigkeit der Juden unter Beweis stellen wollte. Die Kunst interessierte ihn in Wirklichkeit nicht. Er begriff nicht die volle Bedeutung des Blankoschecks, den Hitler ihm ausgestellt hatte: das Recht, sämtliche Objekte nach Deutschland zu schaffen, die ihm bei seinen rassenideologischen Forschungen hilfreich sein konnten. Valland erinnerte sich an einen der seltenen Besuche Rosenbergs im Jeu de

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