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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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sich in den Schatten eines Baumes zurückgezogen, die Hemdsärmel bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt und die Jacke über den Arm gehängt; er nippte an seinem Wein, der hier ein wenig unkonventionell in Plastikbechern verkauft wurde.
    »Sieht so aus, als sei Ihnen heiß geworden, Inspector«, sagte Amy im Näherkommen.
    Er wandte sich ihr zu, für einen Moment überrascht. »Hallo, Miss Sebire. Und Sie scheinen an Ihrem Stand alle Hände voll zu tun zu haben.«
    »Erdbeeren mit Sahne sind der große Renner an einem Tag wie heute. Soll ich Ihnen eine Portion bringen.«
    »Sehr nett von Ihnen, aber nein, danke.«
    »Es wäre eine perfekte Tarnung.«
    Er lächelte über die gutmütige Stichelei. »Ich falle ziemlich auf, was?«
    »Wahrscheinlich nur, weil ich Sie kenne und weiß, was Sie hier machen. Aber Ihre Leute sind wenigstens diskret.«
    Er schüttelte gequält den Kopf. »Ja, ich weiß. Tut mir leid, aber so, wie die Dinge stehen, bin ich zu meinem Privatvergnügen hier. Es wäre ziemlich schwer gewesen, meine Vorgesetzten davon zu überzeugen, daß wir für diese kleine Übung hier ein getarntes Team benötigen -nicht, daß wir auf der Insel überhaupt keine rechtliche Handhabe hätten... Glücklicherweise ist Inspector Robillard ein alter Freund von mir, und dementsprechend bin ich auch nur für einen Wochenendbesuch und als sein
    Gast hier.«
    »Ich glaube, ich hab' ihn gesehen - mit seiner Frau.«
    »Er ist genausowenig offiziell im Dienst wie ich. Aber er hält die Augen offen.«
    »Hilft er bei der Suche nach unserem Monster?«
    »Ja, aber es ist schwierig, wenn man nicht weiß, wie der Betreffende aussieht.«
    »Wie es aussieht. Jon weigert sich, den Killer als menschliches Wesen zu akzeptieren.«
    »Das ist mir auch schon aufgefallen.« Unbehaglich kratzte sich Overoy mit einem nikotinflekigen Finger die Wange. Er war darauf bedacht, seinen Wein nicht zu verschütten. »Mr. Childes ist in mancher Hinsicht ein... nun, ein seltsamer Mann, Miss Sebire«, sagte er.
    Amy lächelte honigsüß. »Wären Sie das nicht auch, wenn Sie das alles durchgemacht hätten, was er durchgemacht hat, Inspector?«
    »Nein, ich wäre schlimmer dran: Ich hätte inzwischen den Verstand verloren.«
    Ein plötzliches Stirnrunzeln ersetzte ihr Lächeln. »Sie können davon ausgehen, daß er nicht verrückt ist.«
    Er hielt den Plastikbecher wie einen Schutzschild vor sich hoch. »Ich wollte damit nichts andeuten, Miss Sebire. Im Grund genommen halte ich ihn für einen bemerkenswert nüchternen Charakter. Ich meine, diese außersinnliche Wahrnehmung ist ein bißchen seltsam, das ist alles.«
    »Ich dachte. Sie hätten sich inzwischen daran gewöhnt.«
    »Er hat sich nicht daran gewöhnt, und ich mich auch nicht.«
    »Jon fängt an, seine Gabe zu akzeptieren.«
    »Ich hab' sie schon vor langer Zeit akzeptiert, aber das
    heißt trotzdem nicht, daß ich mich daran gewöhnt habe.«
    Eine vorbeikommende Elterngruppe winkte Amy zu, und sie erwiderte den Gruß. »Glauben Sie wirklich, daß diese Person auf die Insel gekommen ist?«
    Overoy nippte an seinem Wein, bevor er antwortete. »Er weiß, daß Childes hier ist, also ist es durchaus möglich. Ich fürchte, diese Angelegenheit könnte sich in eine persönliche Blutrache gegen Childes verwandelt haben.«
    »Und Sie glauben wirklich, er kann Jons Gedanken einfach lesen - einfach so?«
    »Und seinen Aufenthaltsort finden, meinen Sie? Oh, nein, aber das war auch gar nicht nötig. Gabrielle hat ein paar Tage, bevor ihre Freundin entführt wurde, einen ziemlich eigenartigen Anruf bekommen - sie wußte nicht mehr genau, wann, aber wir gehen davon aus, daß es der Entführer war.«
    »Das hat Jon mir gegenüber nicht erwähnt.«
    »Wir fanden es auch erst viel später heraus. Wir haben die Kleine noch einmal befragt, und ganz besonders danach, ob sie oder Annabel in den Tagen vor dem Verbrechen möglicherweise mit irgendwelchen Fremden gesprochen haben. Da erinnerte sie sich an den Anruf.« Sein Blick huschte über die Menge, doch in Gedanken war er bei dieser unangenehmen Entdeckung. »Gabrielle konnte uns die Stimme nicht beschreiben, deshalb hat sie sie imitiert. Allein vom Zuhören wurde mir ganz anders.« Er trank den Wein aus und sah sich nach einem Abfallkorb um. Amy nahm ihm den Becher ab.
    »Bitte, erzählen Sie weiter«, sagte sie.
    »Die Stimme war unheimlich, ein tiefes Knurren. Rauh, aber ohne auffälligen Akzent, nichts, woraus wir hätten Rückschlüsse ziehen können.

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