Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Moonshadow - Das Schwert des grauen Lichts

Titel: Moonshadow - Das Schwert des grauen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Higgins
Vom Netzwerk:
diesem Hieb umgebracht hätte?
    Er erinnerte sich an eine Anekdote, die Mantis ihm über ein Duell erzählt hatte. Er dachte oft an sie, wenn er in die feierlichen Augen seines Lehrers blickte. Nanashi, wie er da mals geheißen hatte, hatte - etwas gedankenlos - Bruder Eagles Enthüllung verraten, dass Mantis »in seiner wilden Jugend« ein professioneller Duellant gewesen war.
    Mantis war aber bei nahe böse geworden, als er die Heldenverehrung im Blick seines Schülers sah. Nach einem Moment des Nachdenkens hatte er davon gesprochen, wie er einmal in eine Stadt gegangen war, wo ein großes Schwertturnier ausgetragen wurde - eines, bei dem dem Gewinner ein großer Geldbetrag winkte.
    »Auf der staubigen Straße außerhalb der Trainingshalle, wo der Wettbewerb stattfand«, hatte Mantis
gesagt, »wurde ich von einem großen, dünnen Samurai aufgehalten, der zwei Schwerter und außerdem eine merkwürdige bunte Binde um sei nen Kopf trug, sodass nur sei ne Augen sichtbar waren. Er sagte mir, meine Einzelschwert-Ausbildung sei minderwertig, nicht mehr als Kakerlakenspucke, waren seine genauen Worte, wenn ich mich recht erinnere. Zuerst schimpfte ich einfach zurück. ›Hau deinen Kopfe doch gegen ein nasses Stück Tofu und stirb daran!‹, rief ich.«
    Der ungeduldige junge Nanashi hatte kaum seine Begeisterung verbergen können. »Aber du hast gegen ihn gekämpft, direkt und auf der Stelle, wegen dieser Beleidigung, stimmt’s?«
    »Ich habe es in Erwägung gezogen, ja, denn damals war ich so hitzköpfig wie du jetzt«, hatte Mantis reumütig gesagt, »aber ich beschloss, auf die offiziellen Kämpfe später am Tag zu warten. Ich wollte dieses Preisgeld, weißt du.« Er stöhnte leise auf. »Mein Stolz und mei ne Ehre wa ren in je nen Tagen etwas wert. Egal, die Regeln besagten, dass die Wettkämpfer sich duellieren mussten, bis einer aufgab oder Blut floss. Aber dieser mickrige Hahn verlangte, genau als wir gegeneinander kämpfen sollten, einen Kampf auf Leben und Tod, der nur mit der Zustimmung beider Schwertkämpfer stattfinden konnte. Da er mich weiter beleidigte, stimmte ich zu. Natürlich liebte das die blut rünstige Meute, die zusah, und sie wurden auch noch gedrängt, hoch auf das Ergebnis zu wetten. Ich sagte meinem Gegner, er solle sein Kopftuch abnehmen und sich zeigen, aber er brüllte
noch einmal eine letzte Beleidigung, dass er seinen Kopf nur ›richtigen Männern‹ zeige.« Mantis seufzte. »Dann reichte es. Ich war außer mir. Wir haben gekämpft. Er war gut, überraschend gut. Aber ich war besser. Ich habe ihn getötet.«
    »Ach, er hat es so gewollt!« Nanashi hatte mit einem hochmütigen Schnauben die Arme verschränkt.
    Mantis hatte seine Augen geschlossen, bevor er weitersprach. »Als er fiel, sprang ich zurück, und dann hat der Wettbewerbsarzt die Kopfumhüllung abgenommen. Die ganze Besuchermeute hielt den Atem an. Er war nicht viel älter als du jetzt. Lang wie eine Gril le, aber nichts weiter als ein dum mer Junge.«
    »Aber er konnte mit einem Schwert umgehen, sogar mit zweien!«, hatte Nanashi protestiert. »War es dann nicht fair?«
    »Eine Sache kann fair sein«, hatte Mantis leise gesagt, »aber trotzdem falsch.«
    Er hatte Nanashi dann mit einem beunruhigenden, fremdartigen Blick angesehen. »Ich sehe sie manchmal, nachts, wenn ich träume … all die Männer, die ich getötet habe. Ich sehe auch dieses großmäulige Kind, das auch, der Junge ist dabei. Sie alle warten auf mich … in einer Taverne im Land der Toten.«
    »Hassen sie dich?«, hatte Nanashi schnell gefragt. »Wollen sie Vergeltung?«
    »Nein.« Mantis hatte ein merkwürdiges Lächeln aufgesetzt. »Sie halten ihre Sakebecher hoch und sagen:
›Komm her, trink mit uns, nichts für ungut. Wir waren damals alle nur jun ge Narren!‹. Das ist mein immer wiederkehrender Traum, aber in Wirklichkeit ist es, glaube ich, mein beständiger Herzenswunsch - Vergebung.«
    Mantis’ Gesicht und Worte verblassten und Moon blickte zur Tür. Nein! Er wollte hier nicht gefangen werden. Der Druck, hier eingeschlossen zu sein, würde mit Sicherheit dazu füh ren, dass je mand sterben musste, und er spürte, dass sich das Beispiel seines Lehrers tief in seine Seele gegraben hatte.
    Aber wie sollte er vermeiden, überrascht zu werden, ohne tatsächlich nach draußen zu gehen? Er brauchte Ruhe! Moon über legte kurz, sei nen Blick mit dem des Pferdes zu verbinden und so aus dem Ausguck sehen zu können, da es ja immer so genau das Geschehen auf

Weitere Kostenlose Bücher