Moony Witcher - Nina 01 und das Geheimnis der Lagunenstadt
Flüssigkeit in den Mund und schluckte sie hinunter, wobei sie sich Mühe geben musste, sich nicht zu übergeben. Bäh! Dieser Geschmack war unerträglich! Sie schloss die Augen und drückte sich die Hände auf den Mund, um nichts auszuspucken.
Auf dem Hocker sitzend, wartete sie dann geduldig. Und wartete und wartete. Es dauerte leider mindestens drei Stunden, bis man die ersten Veränderungen an sich feststellen konnte. Die Uhr zeigte inzwischen schon neunzehn Uhr, zweiunddreißig Minuten und fünf Sekunden an. Je mehr Zeit verging, desto mehr verfärbte sich Ninas Haut ins Violette, wurden ihre Augen kleiner, dunkler und blutunterlaufener. Was für ein Bild: Ihr fielen sogar fast alle ihre schönen kastanienbraunen Haare aus! Die Nase schrumpfte zu einer kleinen und runzligen Knolle zusammen, ihre Zähne waren schief und faul geworden. Nina fühlte sich, als hätte sie Fieber, ihr wurde schwindelig, und es kam ihr vor, als würden die Laborwände sich bewegen, als wäre sie in ein Aquarium getaucht. Sogar ihre Kleidung löste sich auf, als wäre sie in Säure gefallen, und an ihrer Stelle formte sich nun ein langer schwarzer Umhang mit lauter Löchern und Flicken. Die Verwandlung hatte stattgefunden. Jetzt war Nina ein monsterhaftes Wesen wie viele von Karkons Gehilfen. Das Erstaunlichste und Verrückteste war, dass sie in sich sogar einen bösen und gemeinen Geist heranwachsen fühlte. Aber zum Glück hatte ihr Großvater ihr auch beigebracht, wie sie die neuen Gefühle steuern konnte: Sie musste den in ihr keimenden Hass für Karkon aufheben.
Bevor sie das Labor verließ, vergewisserte sie sich zweimal, dass sie allein war: Ljuba durfte sie auf keinen Fall in diesem Zustand sehen!
»Sahnetorte«, rief Nina vom Dogensaal aus, »ich gehe jetzt ins Bett, ich bin müde! Sei so lieb und mach mir etwas zu essen, ja? Und stell mir das dann auf einem Tablett vor meine Zimmertür. Du darfst aber nicht reinkommen, das ist wichtig.«
»Ist gut, Kleines. Ich mache dir sofort ein leckeres Omelett mit Artischocken!«, rief die nichts ahnende Ljuba aus der Küche zurück.
Als Nina das Zischen des Olivenöls in der Pfanne hörte, schlich sie auf Zehenspitzen und in den Umhang gehüllt durch die Eingangshalle zur Haustür, öffnete sie leise und verschwand nach draußen in die Dämmerung.
Sie fühlte sich seltsam. Mit ihren runzligen Händen fuhr sie sich durch das Gesicht und betastete ihren Kopf. Es war ein beeindruckendes Gefühl: Sie erkannte sich selbst nicht wieder, sie war tatsächlich ein kleines Monster geworden.
Schnell wie der Blitz raste sie über die Eisenbrücke und flitzte dann weiter zum neonhell erleuchteten Landungssteg. Dort warteten nur drei Personen auf das kleine Fährboot nach San Marco. Sie erschraken beim Anblick des entstellten Mädchens, und Nina versuchte sofort, ihr Gesicht so weit wie möglich unter einem Zipfel ihres Umhangs verschwinden zu lassen.
Sie setzte sich in eine Ecke und senkte den Kopf, bis sie das Tuckern des Motors vernahm. Nach wenigen Minuten legte das Boot ab und schaukelte über die Wellen. Die warme Juniluft ließ Nina unter ihrem alten, heruntergekommenen Wollumhang schwitzen, aber sie konnte ihn natürlich nicht abnehmen. Sie würde in Kürze auf ihren Feind Nummer eins treffen, Karkon, und die Spannung, bald den Pandemon Mortalis berühren zu können, mischte sich mit Todesangst. Sie war mutig, aber in dieser Nacht würde ihr Siegeswille allein vielleicht nicht ausreichen.
Karkon Ca´d´Oro und der Pandemon Mortalis
Die rote Kirchturmuhr über dem Markusplatz zeigte genau halb elf. In den erleuchteten Cafés rund um den alten Platz spielten kleine Orchester zarte Harmonien für die Touristen, die gemütlich draußen saßen und kalte Getränke und gute Weine schlürften. Es war ein typisch lauer venezianischer Abend, den die Menschen damit verbrachten, durch die Gassen und über die Plätze zu schlendern und die schönen Denkmäler und Kunstwerke der Stadt zu bewundern.
Aber Nina hatte etwas ganz anderes im Kopf. Verwandelt in ein unansehnliches Wesen, eine Art faltiger Zwerg, versteckte sie sich hinter den gewaltigen Säulen der Prokuratien, des mittelalterlichen Bauamtes, und lief im Zickzack von einer zur nächsten, damit die Leute sie nicht bemerkten. Am Ende des Platzes, in der Nähe des Correr-Museums, sah sie ihre Freunde stehen. Sie waren alle vier hergekommen.
Roxy trug eine grelle Hose und hüpfte herum, als ob sie von der Tarantel gestochen wäre,
Weitere Kostenlose Bücher