Moor
kleinen verschüchterten Magret, als die endlich den Blick von der perlweißen und rubinroten, schwere Düfte verströmenden Frau gelöst hatte, eine hübsche, jetzt, da die Mundwinkel langsam nach oben wanderten, sogar ausnehmend schöne Siebzehnjährige entgegenstarrte, die sich zum ersten Mal in ihrem Leben selbst begrüßte. Ab sofort sollst du anders heißen, sagte Siana, und sie: Mira. Die Herrenausstatterin tätschelte ihr die Schulter und nickte: Nicht schlecht.
Die eigentliche Aufnahme ins Modehaus war aber doch anders erfolgt. Auch diese Bilder drängten nun wieder herauf, während die Arbeitsvermittlerin sie ein wenig mitleidig musterte, oder war es sogar Verachtung, die Marga in ihrem Blick zu sehen glaubte, als würde nun auch die Frau vom Amt mit den kleinen, gierigen Augen in ihre Vergangenheit hinabtauchen, wo sich tief unter den Schichten verworrener Erinnerungen auch heute noch das vielleicht dunkelste Bild verbirgt, aus dem sie für ihre Malerei die drückenden Schwarz-, Grau- und Umbratöne schöpft, die auf vielen ihrer bisherigen Arbeiten die dominierenden Farben sind, wie überhaupt in den Hinterräumen des Modehauses ein Licht geherrscht hatte, das es kaum ermöglichte, einen Saum gerade abzustecken oder mit den Nähmaschinen, die dort herumstanden, eine saubere Naht zu ziehen, eine Aufgabe oder Prüfung, die sie nun glaubte unter den strengen Augen ihrer Vorgesetzten bestehen zu müssen, als ein Mann unbestimmbaren Alters in Glanzsakko, Seidenhemd und mit der ausgeprägten Halsmuskulatur eines Karatekämpfers, Miklos, der Geschäftsführer des Hauses, den Siana herbeitelefoniert hatte, sie durch die Kabine hindurch in das sogenannte Ankleidezimmer führte, das sich hinter dem Spiegel der Umkleide und einer sich im Kabinenspiegel durch Knopfdruck zu öffnenden Tür verbarg, die sie auf einen fensterlosen, nach Chlorreiniger riechenden Korridor schleuste, und durch eine weitere Tür in das Nähzimmer direkt vor das große Bett mit dem Eisengestell, das ihr in der Sekunde, als sie eintrat, in einer Schneiderwerkstatt noch fehl am Platz erschien.
Während des kurzen Wegs durch den Flur hatte Siana mit ihrem Kollegen diese harte, konsonantenreiche Sprache gesprochen, die sie noch immer für Russisch hielt, und auch das Genital, das der Mann nun aus dem Hosenschlitz wühlte und hochwichste, erschien ihr auf eine gewisse Artund Weise als sowjetisch, mit dieser in Arbeitsbereitschaft schwellenden, fast sichelförmigen Krümmung, die ihr ungeahnte und bis dahin unbekannte Schmerzen bereitete, obwohl ihr die Handgriffe, mit denen er, Miklos, der Boss, sie, Mira, die Neue, in die Routinen des Modehauses einwies, längst kein Geheimnis mehr waren. Doch wie der Kerl sie in die Hundestellung mehr trat als bog, dabei ihr Gesicht ins Kissen drückte, sie dann gegen den Eisenpfosten des Bettes keilte und mit seinem nicht minder stahlharten Gerät in sie hineinzusicheln begann, schneller und schärfer, bis ihr Kopf gegen das Bettgestell und das Bettgestell gegen die Wand schlugen, wobei zwischen den akkurat auf Garderobenstangen gereihten Herrenanzügen die Kleiderbügel zu schwingen begannen, nahm der Schmerz im Unterleib, den sie in abgeschwächter Form schon von den ersten Liebesabenteuern während ihrer nächtlichen Fluchten aus dem Mädchenheim kannte, plötzlich eine gänzlich neue Dimension und für alle Zukunft den Geruch des Ankleidezimmers an, leicht staubig wie die Anzugmodelle auf ihren Bügeln, stets ein wenig muffig von den Ausdünstungen der Körper und geschwängert vom Parfum der Herrenausstatterin, die nun die Hand auf ihren Rücken legte, genau auf die kleine Narbe zwischen den Schulterblättern, wo sie, Mira, nun kühl, fast mildernd das Metall eines Fingerrings spürte.
Der Schrei, der sich in ihrer Kehle angestaut hatte, rann ihr mit einem Spuckebläschen als dünnes Gewimmer über die Lippen. Siana streichelte ihren Rücken. Lächele, befahl die rauchige Stimme, dann plötzlich näher, sanfter: egal, was du dabei fühlst, Worte, die an ihrem Ohr vibrierten, doch vielleicht hatte sich auch nur ihr Körper aufgebäumt, als ihr ein weiterer, schon hellerer und weniger krampfartiger Laut entfuhr, den ihr Siana mit der anderen Hand von den Lippenpflückte, in einer beschwörenden Geste, als wollte die Chefin sie in Trance versetzen. Streng dich an, mahnte sie, drückte von außen gegen den Kieferknochen und zwängte ihr die Finger in den Mund. Der Russe stöhnte. Sie spürte seinen
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