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Moor

Moor

Titel: Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunther Geltinger
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auf sie herab, bis die Kundin sie mit dem Kleiderbügel zur Kasse dirigiert, wohin die Angestellte den Stapel jetzt balanciert, zwischen den Tischen hindurch, wobei sie einmal, als sie glaubt, unter dem Gewicht einzuknicken, den Metallhaken zwischen den Schulterblättern spürt, und ein anderer Kunde winkt sie herbei und ruft ihr: Krimi!, zu, und ein weiterer: Liebesroman!, und der nächste: Wanderführer!, doch da hat sie endlich die Theke erreicht und lässt die Bücher in eine Papiertüte rutschen, schwitzend und im Augenwinkel stets den Kleiderbügel in der Hand der wahnsinnigen Frau, die ihre Waffe nur einmal kurz loslässt, um aus ihrer Handtasche das Geld zu wühlen, zerknitterte Scheine, die sie mit der Holzspitze über das Klassenpult schiebt, in die Finger von Frau Mayrisch, wie das Ansteckschildchen sagt, eine mit Brille und Rollkragenpullover, die sie, Marga, für eine Betrügerin hält, denn im Buch verzieht Frau Mayrisch an dieser Stelle säuerlich den Mund und schiebt das Geld wieder zurück, es sei nämlich, sagt sie, leider zu wenig, absichtlich zu wenig, denkt die Buchhändlerin und fühlt sich wiebeim Banküberfall, als die Kundin den Kleiderbügel gegen sie richtet und: Wie viel?, nicht ruft, sondern bellt, liest Marga, und dass sie die Verkäuferin, an die sie sich in Wahrheit kaum mehr erinnert, zu erpressen versuchte, um doch noch in Besitz des letzten Bands zu gelangen, den Frau Mayrisch wegen der fehlenden zwanzig Mark schließlich zurücklegte, nach einem Wortgefecht, bei dem sie, Marga, die Mayrisch, heißt es im Buch, angeknurrt haben soll, dabei hat sie, erinnert sie sich jetzt doch wieder aufs Genaueste, nur höflich gefragt, ob sie das Geld nicht später vorbeibringen könnte, ausgerechnet dieser zurückgelegte, von der böswilligen Buchhändlerin zurückgehaltene Band mit dem Buchstaben L und den mehr als fünfzig Seiten über die Libellen sei ihr, falsch, sei ihrem Sohn, bettelte sie, dem sie diese große, kostspielige Ausgabe zu Weihnachten schenken wolle, besonders wichtig, doch in seinem Roman steht an dieser Stelle nichts von Höflichkeit und Anstand und der Demut, die eine solche Situation erfordert, nichts liest sie von ihrem Bitten und Flehen und den Tränen, die ihr vor Scham und Wut in die Augen geschossen waren, stattdessen hört sie sich zischen und zetern und kollern und noch andere Tier- und Naturlaute ausstoßen, als sie sich mit dem Bücherpacken in der einen und dem Kleiderbügel in der anderen Hand ihren Weg zum Ausgang nicht bahnte, nein, mit Gewalt erkämpft haben soll, also, wie es weiter im nächsten Absatz heißt, die herumstehenden Kunden mit dem Kleiderbügel weggestochert habe, und selbst noch den Platz im Bus soll sie sich so erzwungen und eine alte Frau, die den einzigen noch freien Sitz ansteuerte, erst mit dem Bügel angestochen, dann mit dem Lexikon beziehungsweise der Lexikontüte abgewatscht haben, auch alle anderen Mütterchen, die während der Fahrt um einen Platz buhlten, habe sie mit Flüchen weggebissen, ihr altenWeiber hockt doch den ganzen Tag auf eurem fetten Arsch, bellt sie im Buch und blockiert den Sitz neben ihr mit den Lexika, und selbst noch in Zeeve, wo sie umsteigen musste, habe sie erst den Busfahrer, dann, als der sie tatsächlich aus Angst oder Mitleid gegen das halbe Fahrgeld einsteigen ließ, die Lehne des Vordersitzes mit dem Kleiderbügel traktiert, der in ihrer Hand erst ausschwang, nachdem er sie die Dorfstraße hinunter und über den Heidedamm ins Haus gezerrt hatte, wo es dunkel war, auch ist die Haustür, erinnert sie sich, abgeschlossen gewesen, das Bett ihres Jungen leer, so dass sie einen Moment fürchtete, er könnte ausgerissen sein, endgültig weg vor Ärger über den abermals vergessenen Anruf, den sie am späten Nachmittag hätte tätigen müssen, zu einer Zeit, als sie an nichts anderes mehr habe denken können als an ihren Fick mit Daniel Röcker, schreibst du, aber nicht den Maler, nein, ihn, den eigenen Sohn, habe sie stattdessen zwischen den Fingern gehabt, nachdem sie ins Bad geplatzt war und sich neben ihrem scheißenden Kind auf den Wannenrand gesetzt hatte, mit einem Stück Klopapier in der Hand, um die Sache sauber und fleckenfrei hinter sich zu bringen, wie sie es gewohnt war, wenn sie einen ihrer Freier abwichste.
    Sie machte es beiläufig, fast ein wenig genervt, in der Art, wie sie in der Küche immer das Essen hinhudelte, während sie rauchte und an ihre Bilder dachte, oder an nichts. Sie schaute dich

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