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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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Schließlich herrschte eine ähnliche Lautstärke wie vor dem Zwischenfall, nun durchsetzt von einem unterschwelligen, dunklen Brodeln.
    Christopher räusperte sich und winkte nach einem Schankknaben. Keiner der kleinen Diener nahm Notiz von ihm. Er seufzte. »Die Luft ist grausam dünn hier oben«, murmelte er. »Mich fröstelt.«
    »Du hättest nicht unvorbereitet kommen sollen«, gab Wynter kühl zurück. »Man schwimmt nicht in fremden Gewässern.« Mit diesen Worten schob sie ihm ihren Becher zu, ohne ihn anzusehen, und er nahm einen Schluck, ohne ihr zu danken.
    »Ein Freund hat mich dazu ermuntert. Er muss wohl gelogen haben, als er rief: ›Komm nur herein! Das Wasser ist herrlich!‹« Mit einem Finger stieß er den Becher wieder zurück und warf einen sehnsüchtigen Blick auf die dunkelhaarige Frau mit dem roten Mund. Betont wich sie seinem Blick aus, den Kopf geradezu lächerlich weit in die entgegengesetzte Richtung gedreht. Wieder stieß Christopher ein Seufzen aus. »Was für ein Jammer.«
    »Du hattest ganz gute Fortschritte bei ihr gemacht, nicht wahr?«, bemerkte Wynter mit Blick auf die Schöne. »Womit hast du sie eigentlich so zum Lachen gebracht?«
    Christopher betrachtete Wynter einen Moment lang nachdenklich, dann zuckte er die Achseln und wandte den Kopf ab. »Nichts, was du unterhaltsam fändest.«
    »Du scheinst Frauen sehr gern zu unterhalten .«
    Als Antwort darauf wurden ganz kurz seine Grübchen
sichtbar, während er den Blick durch den Raum schweifen ließ. Alle gaben sich größte Mühe, an ihm vorbeizusehen. »Tja, mir kommen die Frauen hier geradezu ausgehungert nach Zuwendung vor.«
    Wynter schnaubte und murmelte: »Was machst du hier, Christopher?« Eigentlich meinte sie: Was willst du hier? Was erhoffst du dir?
    »Mein Gott, ich wünschte, ich wüsste es …«
    Bestürzt wandte sie sich zu ihm um. Die Traurigkeit in seiner Stimme traf sie völlig unerwartet.
    »Das hier ist die Hölle. Ich begreife einfach nicht, warum Razi sich das antut.« Vertraulicher fuhr er fort: »Aber ich bin froh, dass ich mit ihm gekommen bin, und ich bin froh, dass du endlich aufgetaucht bist.« Er warf einen prüfenden Blick durch den Saal. »Gibt es hier auch nur einen Menschen, der nicht irgendetwas von ihm will? Es ist, wie unter Geiern zu leben.«
    Darauf fiel Wynter keine Entgegnung ein. Doch Christopher war bereits von geschäftigem Treiben am anderen Ende des Saals abgelenkt.
    »Ich weiß, ich bin nicht besonders bewandert in solchen Dingen«, sagte er und deutete mit dem Kinn in die Richtung. »Aber ist es nicht ungewöhnlich, das Essen zu servieren, bevor der König Platz genommen hat?«
    Die Flügeltüren standen weit offen, und einige sehr befremdete Diener trugen riesige Tabletts herein. Auf ihnen befand sich kleines Wildgeflügel – der traditionelle erste Gang eines jeden Banketts. Leises, unruhiges Gemurmel breitete sich unter den Gästen aus, man warf einander besorgte Blicke zu. An der Bürgertafel sagte jemand vernehmlich: »Schande! Eine Schande ist das!«, um von einigen Herren der Hohen Tafel ein zustimmendes »Wohl, wohl!« zu ernten.

    Ängstlich blickte Wynter zur Tür. Was konnte den König und sein Gefolge nur so lange aufhalten? Sie versuchte, sich ihre wachsende Beklemmung nicht anmerken zu lassen. Was sollten sie nun tun? Sollte man das Essen annehmen? Oder wäre das eine Beleidigung des Königs, der sich noch nicht an der Tafel niedergelassen hatte, noch nicht begrüßt worden war? Wer wäre so töricht, als Erster von dem Fleisch zu wählen, was doch der Tradition gemäß das alleinige Privileg der Regententafel war? Andererseits – wenn einem das Tablett angeboten wurde und man nichts nahm, könnte das dann als Schmähung des königlichen Großmuts aufgefasst werden? Wäre es schlimmer als anzunehmen? Was, wenn man sich ein kleines Stück Fleisch auf den Teller legte, es aber nicht aß? Wäre das möglicherweise hinnehmbar?
    In den Mienen um sich herum las sie dieselben Zweifel, außer bei Christopher, der verwundert seinen Teller hob und suchend über den Tisch blickte.
    »Wo ist denn mein Messer?«
    Wynter runzelte die Stirn; vorhin hatte dort ein Messer gelegen. Sie schielte zu Andrew Pritchard, der seinen Tischnachbarn zufrieden anlächelte. Als sie sich zurücklehnte, bemerkte sie ein verstohlenes Hantieren hinter den adligen Rücken. Etwas wurde von einem zum anderen gereicht, bis ganz am Ende der Bank Simon Pursuant einen Schankknaben zu sich rief und ihm ein

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