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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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sie, was sie sehen würde.
    Heather Quinn raste durch die Bäume, den Mund weit aufgerissen, das offene Haar flatternd. Das Mondlicht schien durch sie hindurch und ließ sie beinahe wie aus Fleisch und Blut erscheinen, während sie durchs Geäst huschte und an steinernen Bänken vorbeiflog. Die Hände hatte sie zu den Fenstern erhoben, die auf den Innenhof hinausblickten, und sie flehte, dass jemand sie anhören möge.
    Wynter hatte Heather Quinn noch nie gesehen, doch jeder wusste, was da durch die Nacht gellte, wenn er die unheimlichen Rufe hörte. Heather war die Geliebte eines Königs gewesen – von Jonathons Großvater, um genau zu sein – und hatte sich vom Sandhurst-Turm in den Tod gestürzt. Sie war die Vorbotin der Burg und eine Künderin des Todes, und die Menschen nahmen es sehr ernst, wenn sie im Dunkel der Nacht ihre wahnsinnigen, gellenden Runden durch die Schlossanlage zog.
    Unten bei den Stallungen heulten die Jagdhunde in ihren Zwingern, ihr ätherisches Klagen eine Begleitmusik zu Heathers Schreien.
    Wynter lehnte sich weit aus dem Fenster, sie erwartete, dass Läden aufgeklappt, Fackeln angezündet, dass Menschen rufen und zusammenlaufen würden. Doch es gab nur einige
verstohlene Bewegungen an den Fenstern, sachte wurden ein paar Läden geschlossen – sonst geschah nichts.
    Heathers Verzweiflung wuchs, da niemand ihr Beachtung schenkte, und sie beschrieb fieberhaft einen Kreis um den Garten, das Gesicht zu den leeren Fenstern emporgewandt, inständig um Aufmerksamkeit bittend. Als sie Wynter entdeckte, dehnte sich ihr Mund noch weiter, wurde zu einem furchtbaren gähnenden Spalt in ihrem verzerrten Gesicht. In widernatürlich spitzem Winkel kehrte sie um und raste durch vier Orangenbäume hindurch, verzweifelt bemüht, zu Wynter zu gelangen. Die Augen waren nur noch klaffende Löcher, ihre Hände reckten sich gen Himmel, und die Finger schienen immer länger zu werden, während sie wie ein Blitz über das Gras hetzte.
    »Lass nicht zu, dass sie mit dir spricht, Kind! Sie werden dich an einem Baum aufknüpfen.«
    Wynter machte einen Satz rückwärts – teils aus Furcht vor Heather Quinn, aber vor allem vor Schreck, eine Katzenstimme so nah bei sich zu hören. Sobald Wynter außer Sicht war, riss sich Heather los, machte einen scharfen Linksschwenk und flog unter dem Fenster vorbei. Sie schoss aus dem Garten hinaus, unter dem Wasserbogen des Springbrunnens hindurch und auf den Fluss zu. Ihre Schreie verhallten in der Ferne.
    Eine kleine, orangefarbene Katze schmiegte sich auf das Sims, im Schatten hinter dem Fensterladen verborgen. Sie musterte Wynter mit leuchtenden Augen, und Wynter wich unsicher vor ihr zurück. Jetzt blinzelte die Katze. Sie schien zu warten.
    Wynter sah sich um, holte tief Luft und verneigte sich wie in alten Tagen. »Meine Ehrerbietung, Mäuse-Verderben«, sagte sie sehr leise. »Sei gegrüßt.«

    Die Katze seufzte und erhob sich. Dann ließ sie sich von der Fensterbank fallen wie ein sich abwickelnder Seidenschal und landete mit einem sanften Ta-tapp auf dem Holztisch. »Schließ die Läden, du Dummkopf. Man beobachtet dich.«
    Es war so lange her, dass Wynter die Stimme einer Katze vernommen hatte. Dieses eigenartige, jammernde Grummeln, endlos in die Länge gezogen und mit viel zu vielen Rrrrrrrrrs. Bei diesem vertrauten, ungnädigen Ton konnte sie sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    Mit aller Verachtung, die ihrer Art zu eigen war, beobachtete die Katze sie und schlug mit der Schwanzspitze auf den Tisch, tip-tap , tip-tap , während Wynter leise die Fensterläden schloss.
    Dann suchte sie eine Kerze und zündete sie an. Die Katze verdrehte die Augen, seufzte und trommelte mit den Krallen auf den Tisch, sie wartete ungeduldig darauf, Wynters volle Aufmerksamkeit zu erhalten.
    »Bist du jetzt endlich so weit?«, fragte sie. »Ganz sicher, kleines Fräulein? Willst du vielleicht noch baden? Oder einen Spaziergang machen?«
    »Verzeih mir, Meisterjägerin. Ich kann im Dunkeln nicht so gut sehen wie du.«
    Verächtlich wandte das Tier den Kopf ab, als wollte es sagen: Ach, bitte, spar dir die Mühe. Schmeicheleien bringen dich bei mir nicht weiter.
    Da sie die Vorliebe der Katzen für wohlklingende Titel kannte, verbeugte sich Wynter erneut und stellte sich förmlich vor: »Hohe Protektorin Wynter Moorehawke, zu deinen Diensten, Meisterjägerin.«
    Plötzlich wütend, richtete sich die Katze auf, und Wynter zog befremdet den Kopf ein.
    »Ich weiß , wer du bist,

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