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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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würdigen, riss Razi eine Hand hoch. »Lasst mich kurz allein«, befahl er. Als ihm dennoch einige folgten, schnellte er herum und durchbohrte sie mit einem eiskalten Blick. »Gottverflucht«, zischte er. »Wenn ihr nicht vorhabt, mir den Arsch abzuwischen, empfehle ich euch, mich einen Moment allein zu lassen.«
    Daraufhin blieben die Soldaten zögernd stehen, und Razi marschierte davon, ohne ihre Antwort abzuwarten. Sie drehten sich um und ließen ihn um die Reithalle außer Sichtweite gehen.
    Wynter wartete noch einen Augenblick, argwöhnisch von den Wachen beäugt, dann machte sie sich langsam auf den Rückweg durch die Gasse. Der Stall, in dem sie Christopher zuletzt gehört hatte, lag jetzt still da, und Wynter trat in das schwach beleuchtete Innere. Sie rechnete fest damit, dass er fort wäre.
    Doch er lag auf dem Rücken im Heu, die Knöchel gekreuzt, einen Arm über die Augen gelegt, den anderen seitlich neben sich. Er war vollkommen nackt, und seine Brust hob und senkte sich friedlich.
    Wynter schnappte nach Luft. Männliche Nacktheit war ihr nicht fremd, doch Christopher strahlte eine solch unverhohlene Sinnlichkeit aus, dass sie sich dabei ertappte, ihn auf eine bisher völlig ungewohnte Art zu betrachten. Zum allerersten Mal überlegte sie, wie es wohl wäre, wenn ein Mann seinen Körper an ihren presste. Wie es wohl wäre, wenn ein Mann sie so küsste, wie Männer Frauen küssten, um mehr als bloße Zuneigung zum Ausdruck zu bringen.
    Diese Gedanken lösten in ihr eine so gewaltige, beklemmende Woge aus, dass sie die Augen zukniff und sich abwandte. Zurück blieb das Bild schlanker, wohlgeformter Gliedmaßen, erschreckend dunkler Haare auf der blassen Haut von
Bauch und Brust, und – zu ihrer Verblüffung – silberne, matt schimmernde Schlangenreife, die sich um beide Oberarme schmiegten.
    Er ist Merroner! , dachte sie. Er sieht gar nicht aus wie ein Merroner!
    Sie zögerte kurz, dann beschloss sie, noch einmal hinauszugehen und sich durch lautes Klopfen anzukündigen, damit Christopher Gelegenheit bekam, sich ungestört anzuziehen. Doch sie musste wohl ein Geräusch gemacht haben, denn noch bevor sie einen Schritt tun konnte, war er schon aufgesprungen. Vor Schreck taumelte Wynter rückwärts. In einer einzigen fließenden Bewegung war Christopher auf den Beinen, ging in Verteidigungsstellung, den Dolch mit dem schwarzen Griff in der einen Hand, die andere hoch erhoben.
    »Cé hé sin?«, fragte er heiser auf Merronisch. Da erst wurde Wynter bewusst, dass sie sich gegen das grelle Licht der Gasse als Silhouette abzeichnete und Christopher lediglich eine schwarze Gestalt im Türrahmen erkannte.
    »Ich bin es. Wynter.«
    »Ach so«, seufzte er, senkte das Messer und strich sich das Haar hinters Ohr. »Razi ist mit dem Hengst auf dem Reitplatz.« Er deutete lässig in die Richtung, dann wandte er sich ab, um seine Kleider aufzusammeln.
    Seine Nacktheit störte ihn nicht im Geringsten, ohne Hast und Befangenheit zog er sich an. Allerdings schien er überrascht, dass sie nicht ging, und als er sie beim Gaffen ertappte, während er das Unterhemd zuknöpfte, wurde er unruhig.
    Er räusperte sich mit Nachdruck, und Wynter drehte sich um, als er sich bückte, um seine Hose aufzuheben. Sie hielt ihm den Rücken zugewandt, solange er hinter ihr raschelte und sich ins Heu setzte, um Strümpfe und Hemd überzuziehen.

    »Fertig«, sagte er dann, und als sie sich umdrehte, ließ er gerade den Dolch im Stiefel verschwinden. Er beugte sich vor, die Hände zwischen den Knien baumelnd, der Blick fragend. »Soll ich dich zu ihm bringen?«, erbot er sich. Als er den Kopf neigte, betonte das Sonnenlicht die schräg verlaufenden Konturen seines schmalen Gesichts.
    »Du bist Merroner«, sagte sie, und als er sie erstaunt ansah, ergänzte sie: »Ich habe deine Armreife gesehen. Du gehörst zu den Schlangenmerronern.«
    »Du kennst die Merroner?«
    »Ein Clan der Panthermerroner überwinterte immer in Shirkens Wäldern. Ich kenne einige ihrer Gebräuche. Du trägst das Zeichen der Schlangenmerroner.«
    Christopher legte die rechte Hand auf den Reif an seinem linken Oberarm und sagte ernst: »Das sind nicht die echten. Diese musste ich nachschmieden lassen.« Es schien ihm wichtig, dass sie das verstand – als wäre es ein Verbrechen, diese als die ursprünglichen Schmuckstücke auszugeben. »Die echten wurden mir gestohlen.« Geistesabwesend strich er mit dem Daumen über die Lücke, in der eigentlich sein Mittelfinger sein

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