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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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hätte niemals …« Er unterbrach sich. »Es ist ein wahres Verbrechen. Armer Sólmundr.«
    Armer Sólmundr? Wynter stutzte. Christopher musste sehr müde sein, wenn er so leicht den Gesprächsfaden verlor. Inzwischen hatte sie die meisten Knoten aus seinem Haar gelöst und zog mit langen, beruhigenden Strichen den Kamm vom Scheitel bis zu den Spitzen, wo sie die schweren Wellen etwas vom Rücken anhob, um seine Wunden nicht zu berühren.
    »Wir müssen von hier weg, Wynter«, erklang Christophers Stimme aus den Tiefen seiner Armbeuge. »Wir können nicht bei diesen Leuten bleiben.«
    Nun hielt Wynter inne. »Aber, Chris, wir brauchen sie. Außer … glaubst du etwa nicht mehr, dass sie auf dem Weg zu Alberon sind? Ashkr sagte ja, dass sie nicht mehr weiterziehen würden.«
    »Ich habe keinen Zweifel daran, dass sie unterwegs zu Alberon sind. Sobald sie hier fertig sind, werden Úlfnaor und Wari die meisten anderen zurücklassen und sich mit dem
Prinzen treffen. Sólmundr wäre auch mitgegangen, hätte seine Gesundheit ihn nicht im Stich gelassen.« Christopher öffnete die Augen und starrte auf den Boden zwischen seinen Füßen. »Aber wir können nicht bleiben. Razi. Razi … er …«
    Wynter lächelte, sie glaubte zu verstehen. Liebevoll legte sie ihm die Hand aufs Haar und beugte sich zu ihm hinunter, um ihn anzusehen. »Christopher, du solltest Razis Fähigkeit zur Toleranz nicht unterschätzen. Möglicherweise ist die Art von Liebe, die zwischen Ashkr und Sólmundr herrscht, für ihn von gar nicht so großer Bedeutung, wie du denkst. Im Schloss war es die Angst um dich, die ihn dazu veranlasste …«
    Er kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Zu ihrer Bestürzung schien er zutiefst bedrückt. »Was ist denn, Liebster?«, fragte sie. »Glaubst du, sie werden Waris wegen Rache üben?«
    Unvermittelt presste sich Christopher die Handballen in die Augen. »Wir können einfach nicht bleiben«, stieß er hervor. »Es ist unmöglich . Razi wird es niemals verstehen. Sie wären gezwungen…o bitte. Bitte, wir müssen fort.«
    Ebenso jäh verstummte er wieder, die blutverschmierten Hände immer noch auf dem Gesicht. Wynter streichelte ihm den Arm und die Schultern, sein Zittern, die körperliche Anspannung erschreckten sie. Da Christopher keine Anstalten machte weiterzusprechen, kniete sie sich wieder hinter ihn und fuhr fort, ihn zu kämmen. Sie kämmte und kämmte, und allmählich gewann Christophers Haar sein leuchtendes, schimmerndes Schwarz und Violett in der blitzenden Sonne zurück, floss durch Wynters Finger wie kühles, dunkles Wasser. Aber immer noch löste sich seine eiserne Starre nicht.
    »Christopher«, begann Wynter vorsichtig. »Du hast die Karten vom Indirie-Tal gesehen. Du weißt, wie breit es ist,
wie lang. Du weißt, wie dicht der Wald dort steht. Alberon könnte eine ganze Armee dort versteckt halten, und wir würden ihn niemals finden. Wir brauchen diese Leute. Wir brauchen ihre Kenntnisse. Ohne sie könnte Alberon weiterziehen, ehe wir zu ihm in Verbindung getreten sind, oder Jonathon könnte ihn vor uns finden, und dann wäre alles verloren.« Wynter ließ den Blick über den Fluss schweifen und ihre Gedanken einfach voranpreschen, versuchte vorauszusagen, was nicht vorausgesagt werden konnte. »Oder Alberons Männer finden uns.« Sie sprach nun mit sich selbst. »Sie könnten uns töten, bevor wir sie davon zu überzeugen vermögen, dass wir nichts Böses im Schilde führen, oder die Kavallerie könnte uns aufstöbern … oder die Wölfe …«
    Bei der Erwähnung der Wölfe stöhnte Christopher auf und legte die Arme über den Kopf. Wynter musste die Augen schließen, um der blinden Furcht Herr zu werden, die der Gedanke an diese Kreaturen in ihr auslöste. Sie wollte nicht an die kleinen Mädchen in der Wherry Tavern denken, wollte nicht an ihr Schicksal erinnert werden. Das Schicksal, das auch ihres gewesen wäre, hätte Christopher sie nicht gerettet.
    »Christopher.« Sie umarmte ihn und lehnte sich an ihn. Bei ihrer Berührung lief ein Ruck durch seinen Leib. Er roch nach Blut und Asche und nach beißendem, frischem Schweiß. »Wir sind doch hier sicher, oder? Deine Leute werden uns beschützen, nicht wahr? Sie werden nicht zulassen … sie werden die Wölfe fernhalten.« Wynter verabscheute die Schwäche in ihrer eigenen Stimme, verabscheute diese plötzliche Hilflosigkeit, die sich in ihrem Inneren ausbreitete und sie verstörte. Bis zu diesem Augenblick hatte sie nicht

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