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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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schaltete den Verstand auf Stand-by. Ich bestand nur noch aus meinen Sinnen. Es hatte etwas Hypnotisches. Und so wehrte ich mich auch nicht, als Kali und Aryana, die zu den Klängen der Bongos zu tanzen begonnen hatten, mich in ihren Kreis zogen. Zuerst noch zögerlich, dann aber immer sicherer und wilder, begann ich mich zu bewegen. Besser gesagt, mein Körper folgte den Trommelklängen von ganz allein. Meine Füße stampften auf den lehmig-trockenen Boden, und ich schleuderte mit geschlossenen Augen die Schuhe von den Füßen. Als ich die von der Sonne aufgeheizte Erde unter meinen Fußsohlen spürte, durchflutete mich unvermittelt ein Gefühl des Fliegens. Ich streckte meine Arme in die Luft und tanzte einfach immer weiter. Irgendwann fasste mich Zeno um die Taille und wirbelte mich herum, Lukas winkte mir zu und Aryana umarmte mich kurz bei einer Drehung. Ich war in Trance. Und glücklich. Endlich fühlte ich mich nicht mehr einsam. Todmüde ließ ich mich weit nach Mitternacht von Mia in eins der Gebäude führen und sank auf eine Matratze, deren frisch bezogene Bettwäsche nach der lauen Sommernacht roch, die in ein paar Stunden von der aufgehenden Sonne verdrängt werden würde. An meinen Vater oder an den Hausarrest dachte ich keine Sekunde.
    Nach gefühlt zwei Stunden Schlaf rüttelte mich jemand an der Schulter. »Guten Morgen, Siebenschläfer, aufwachen!« Es war zum Glück Mia. Zeno wäre ich nicht gerne mit schlafverquollenen Augen, Mundgeruch und zerwühlten Haaren vor die Linse gekommen. Aryana kam herein und reichte mir einen Kaffeepott. Dankbar trank ich von dem dampfenden Gebräu – und verschluckte mich.
    »Uäh, was ist das denn?«, würgte ich heraus. Ich hatte mit Kaffee gerechnet und etwas bekommen, das nach Medizin schmeckte.
    »Matetee«, antwortete Mia ungerührt. Aryana lächelte. »Ist ein bisschen ungewohnt am Anfang, aber weckt die Lebensgeister besser als ein doppelter Espresso.«
    »Ähm, ja vielen Dank«, lächelte ich verkrampft und stellte die Tasse unauffällig beiseite, während ich mich aus den Decken schälte. Erst jetzt sah ich, dass die Matratze, auf der ich genächtigt hatte, zu einem der sechs Stockbetten gehörte, die rechts und links an der Wand standen. Wie in einer Jugendherberge, dachte ich flüchtig. Schien wohl eine Art Gästeraum zu sein. Im Moment beschäftigte mich jedoch ein ganz anderes Problem. »Hör mal, kann mich vielleicht jemand nach Berlin oder wenigstens zum nächsten Bahnhof fahren, ich muss langsam mal los«, fragte ich.
    Mia sah mich nicht an, während sie mein Kissen aufschüttelte. »Willst du dich nicht erst mal frisch machen?«, meinte sie und wies mit dem Kopf auf eine Tür.
    Ich betrat einen Raum mit einer Dusche und drei Waschbecken. Sportumkleide-Atmosphäre, nüchtern und kahl. Saubere Handtücher an den Haken, ansonsten auf der Ablage nur Seife, Zahnpasta und ein paar Zahnbürsten. Das Bad wirkte erstaunlich unbenutzt. Ich gab etwas Zahnpasta auf meinen Finger und fuhr mir damit eine Minute lang im Mund herum. Anschließend spritzte ich mir kaltes Wasser ins Gesicht und glättete meine Haare mit den Händen – das musste reichen.
    Als ich auf den Hof trat, waren die meisten Bewohner der Oase draußen versammelt. Nur Zeno konnte ich nirgends entdecken. Kali, mit der ich gestern ums Feuer getanzt war, bot mir lächelnd einen Schluck Tee an. Aber ich hatte weder Durst noch Hunger. Der Gedanke, dass mein Vater nicht wusste, wo ich war, und ich schon zum zweiten Mal den Hausarrest ignoriert hatte, machte mich unruhig. Mein Handy hatte ich zu Hause gelassen, aber ich konnte mir denken, wie viele Anrufe von ihm inzwischen eingegangen waren.
    Daher schüttelte ich nur den Kopf und fragte in die Runde: »Also, fährt nun jemand Richtung Berlin?«
    Aryana lächelte mich an und nahm meine Hand: »Musst du denn wirklich schon gehen? Es war ein so schöner Abend gestern und alle fanden dich so nett …« Kali, Lukas und die anderen nickten. Nur Urs, der mit seinen eins achtzig und dem stämmigen Körper aus den Bewohnern herausragte, sah mich ernst und bedächtig an.
    »Ich könnte dir zeigen, wie man töpfert«, bot Lukas mir an.
    »Und heute ist unser Filmabend. Wir gucken hier draußen, auf einer großen Leinwand …«, lockte Aryana.
    Ich spürte ein Ziehen im Magen. Nur zu gerne wäre ich hiergeblieben, in der Oase, wo mich alle wie eine Freundin behandelten. Und wo Zeno war. Hier wurde zusammen gelebt, gefeiert und gelacht. Bei mir zu Hause war

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