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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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hatte, im Wasserbecken zu säubern. Ich schrubbte das arme Gemüse so heftig mit einer Bürste ab, dass sich orangefarbene Späne von den einzelnen Karotten lösten. Danach schmiss ich sie auf die Arbeitsplatte und begann, die Schale mit einem Messerchen abzuschaben. Das Schweigen zwischen Nick und mir dehnte die Zeit zu qualvollen Minuten und färbte die Stimmung in der Küche ölig schwarz. Anscheinend spürte er das auch, denn nach ein paar Minuten eisiger Stille begann er zu reden.
    »Mann Feline, ich hab dich gesucht, weil ich mir wirklich Sorgen um dich gemacht habe …«, legte er los, aber ich hatte keinen Nerv auf ihn.
    »Spar dir deine Erklärungen, ich will sie nicht hören!«, fuhr ich ihn an. »Meinetwegen kannst du hierbleiben, bis du schwarz wirst, aber sprich! mich! nicht! an! kapiert?« Mit diesen Worten griff ich nach dem leeren Korb und rauschte aus der Küche. Lieber würde ich den halben Garten umgraben und noch ein paar Pfund Gemüse anschleppen als eine Minute länger mit dieser Nervensäge dieselbe Luft zu atmen.
    Ich buddelte wie ein wütender Maulwurf in der sonnenverbrannt-krümeligen Erde und riss grob eine unschuldige Lauchstange aus dem Beet, da hörte ich Schritte. Gereizt fuhr ich herum, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Hinter mir stand nicht Nick, wie ich vermutet hatte, sondern Zeno. Hastig fuhr ich mir durch die zerzausten Haare und hoffte, dass die Sonne meiner Nase nicht die Farbe einer der Karotten aus dem Garten verliehen hatte. Ehe ich ein Wort herausbrachte, streckte Zeno die Hand aus und strich mir liebevoll eine widerspenstige Strähne aus meinem verschwitzten Gesicht. Bei seiner Berührung durchzuckte mich erneut ein leichter Stromstoß.
    »Na, wer ist in der Küche der härtere Fall – die Rote Bete oder unser Neuzugang?«, fragte Zeno und trotz meines Zorns auf Nick musste ich grinsen.
    »Och, ich schneide einfach alle zwei in kleine Würfel und koche sie weich«, scherzte ich, und nun lachte Zeno laut und gab mir einen sanften, zärtlichen Stups unters Kinn. Die Art, immer wieder wie zufällig Körperkontakt zu suchen, machte mich einerseits verlegen, andererseits wollte ich nicht, dass er je wieder damit aufhörte. Er verhielt sich überhaupt nicht wie die Jungs, die ich bisher gekannt hatte. Weder baggerte er übertrieben an mir herum, noch versuchte er, durch besonders coole Sprüche meine Aufmerksamkeit zu erlangen. Zeno war einfach – anders. Nicht nur, weil er auf alle Fragen eine Antwort zu wissen schien, er ruhte auch völlig in sich, und das machte ihn so interessant. Er war ein seltener, exotischer Fisch, der einfach nicht zu fangen war und hinter dem alle Angler genau deswegen her waren. Ich musterte ihn verstohlen. Er war braun gebrannt und trug zu ausgebleichten Jeans ein weißes Hemd, dessen erste zwei Knöpfe offen standen und die weiche und zugleich straffe Haut bis unter die Kuhle seiner Schlüsselbeine zeigten. Ich verspürte ein Kribbeln im Magen. Es war die Aussicht auf eine schwindelerregende Achterbahnfahrt der Gefühle. Jetzt ließ er sich zurückfallen und zog mich einfach zu sich herunter, bis ich dicht neben ihm zum Sitzen kam.
    »Ist wohl nicht so einfach mit diesem Nick«, sagte er komplizenhaft. Das war das Stichwort, auf das ich gewartet hatte. Seufzend zuckte ich die Schultern.
    »Der ist prinzipiell immer erst mal gegen alles. Und er kapiert einfach nicht, wie wir hier leben«, sagte ich.
    »Wir versuchen eben, unseren Spirit nach außen zu tragen und das Bewusstsein der Menschen dort zu verändern«, nickte Zeno.
    »Genau. Aber Nick schnallt das nicht, oder er will es nicht verstehen«, ereiferte ich mich. Und schlug dann vorsichtig vor: »Wäre es nicht besser, er würde einfach wieder gehen? Vielleicht kannst du ihm ja sagen, er passt nicht hierher.«
    Insgeheim hoffte ich auf Zenos Zustimmung. Er blickte nachdenklich vor sich hin, ehe er den Kopf hob und mich ansah. »Du hast es uns ja am Anfang auch nicht leicht gemacht, Feline«, lächelte er und zog mich spaßhaft und sanft am Ohr. Sofort bekam ich ein schlechtes Gewissen. Da fuhr Zeno schon fort: »Und hast du mir nicht auch erzählt, dass Nick es auch nicht gerade leicht hatte? Offenbar ist er da draußen ein paarmal auf die Schnauze gefallen. Selbstverschuldet oder nicht«, fügte Zeno rasch hinzu, als wollte er meinen Einwand verhindern. Aber ich hatte gar nicht vor, zu widersprechen. Schließlich konnte ich ihm ja schlecht erklären, dass Nick in Wirklichkeit gar

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